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Marperger, Paul Jacob: Das Wohl-eingerichtete Seminarium Militare. Dresden, 1724.

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Ein ander Exercitium war dieses, daß die Fußgänger in Schlacht-Ordnung
angeführet, 5. Mann hoch gegen vorgesetzte mit Stroh-bewundene Pfäle, (als
wann solches eine feindliche Schlacht-Ordnung wäre,) fechten musten, da dann
das letzte Glied auf denen Knien hinter ihren Schilden verdeckt lag, das andere
Glied hatte Wurff-Pfeile, welche es auf die feindliche Stroh-Garben loß-
schoß, hinter diesen waren in dritten Glied die Schützen mit den Bogen, in vier-
ten diejenige, die Steine aus der Hand wurffen, und in fünfften die Schleu-
derer.

Endlich so war auch dieses der sämtlichen Tyronum beydes der Infanterie
als Cavallerie ihr Haupt-Exercitium, daß man sie in voller Schlacht-Ordnung
über zehen tausend Schritt weit Compagnien und Squadronen-weiß abge-
theilet, marchiren ließ, alle in voller Rüstung, da dann die Reuterey bald vor, bald
hinter, bald auch zur Seiten der Infanterie marchiren, zuweilen auch auf ebenen
Feld oder auch Berg auf, Berg ab, in vollen Currier einen Anfall thun, sich wieder
schwencken, und in Summa diejenige Exercitia thun muste, welche bey heutigs
Tags verbesserter Kriegs-Kunst, ebenfalls, wiewol weit in höhern Grad, von un-
sern Armeen vorgenommen werden.

CAPUT V.

Was vor Wissenschafften und Exercitia in unsern heutigen
Ritter-und Cadets-Academien, mit denen darinn befindlichen Aca-
demist
en und Seminaristen am meisten getrieben, und vor Professo-
res,
Lehr- und Exercitien-Meister darzu erfordert und gehalten
werden, auch wie die Einrichtung der Oeconomie dabey
bestellet sey.

DJese drey Puncta desto deutlicher abzuhandeln, so geben wir erstlich billich
Achtung auf den Unterschied solcher Ritter-Academien selbst und dann
auch auf der darinn studirenden Jugend ihre Condition, Scopum oder
Absicht, und Vermögen. Das erste nemlich den Unterschied solcher Academien
betreffend, so seynd bißanhero die in Europa am berühmtesten gewesene Ritter-
Academien, am meisten auf solche Studia und Exercitia gegangen, welche einen
jungen Cavalier oder vornehmen und reichen Manns Sohn (der zumal wohl er-
zogen, von guten Naturel, Cons[ti]tution und Capacität des Verstands gewesenl
auch zu Hauß oder auf andern Schulen schon in Humanioribus und andern nütz[li-]

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Ein ander Exercitium war dieſes, daß die Fußgaͤnger in Schlacht-Ordnung
angefuͤhret, 5. Mann hoch gegen vorgeſetzte mit Stroh-bewundene Pfaͤle, (als
wann ſolches eine feindliche Schlacht-Ordnung waͤre,) fechten muſten, da dann
das letzte Glied auf denen Knien hinter ihren Schilden verdeckt lag, das andere
Glied hatte Wurff-Pfeile, welche es auf die feindliche Stroh-Garben loß-
ſchoß, hinter dieſen waren in dritten Glied die Schuͤtzen mit den Bogen, in vier-
ten diejenige, die Steine aus der Hand wurffen, und in fuͤnfften die Schleu-
derer.

Endlich ſo war auch dieſes der ſaͤmtlichen Tyronum beydes der Infanterie
als Cavallerie ihr Haupt-Exercitium, daß man ſie in voller Schlacht-Ordnung
uͤber zehen tauſend Schritt weit Compagnien und Squadronen-weiß abge-
theilet, marchiren ließ, alle in voller Ruͤſtung, da dann die Reuterey bald vor, bald
hinter, bald auch zur Seiten der Infanterie marchiren, zuweilen auch auf ebenen
Feld oder auch Berg auf, Berg ab, in vollen Currier einen Anfall thun, ſich wieder
ſchwencken, und in Summa diejenige Exercitia thun muſte, welche bey heutigs
Tags verbeſſerter Kriegs-Kunſt, ebenfalls, wiewol weit in hoͤhern Grad, von un-
ſern Arméen vorgenommen werden.

CAPUT V.

Was vor Wiſſenſchafften und Exercitia in unſern heutigen
Ritter-und Cadets-Academien, mit denen darinn befindlichen Aca-
demiſt
en und Seminariſten am meiſten getrieben, und vor Profeſſo-
res,
Lehr- und Exercitien-Meiſter darzu erfordert und gehalten
werden, auch wie die Einrichtung der Oeconomie dabey
beſtellet ſey.

DJeſe drey Puncta deſto deutlicher abzuhandeln, ſo geben wir erſtlich billich
Achtung auf den Unterſchied ſolcher Ritter-Academien ſelbſt und dann
auch auf der darinn ſtudirenden Jugend ihre Condition, Scopum oder
Abſicht, und Vermoͤgen. Das erſte nemlich den Unterſchied ſolcher Academien
betreffend, ſo ſeynd bißanhero die in Europa am beruͤhmteſten geweſene Ritter-
Academien, am meiſten auf ſolche Studia und Exercitia gegangen, welche einen
jungen Cavalier oder vornehmen und reichen Manns Sohn (der zumal wohl er-
zogen, von guten Naturel, Conſ[ti]tution und Capacitaͤt des Verſtands geweſenl
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[45/0045] Ein ander Exercitium war dieſes, daß die Fußgaͤnger in Schlacht-Ordnung angefuͤhret, 5. Mann hoch gegen vorgeſetzte mit Stroh-bewundene Pfaͤle, (als wann ſolches eine feindliche Schlacht-Ordnung waͤre,) fechten muſten, da dann das letzte Glied auf denen Knien hinter ihren Schilden verdeckt lag, das andere Glied hatte Wurff-Pfeile, welche es auf die feindliche Stroh-Garben loß- ſchoß, hinter dieſen waren in dritten Glied die Schuͤtzen mit den Bogen, in vier- ten diejenige, die Steine aus der Hand wurffen, und in fuͤnfften die Schleu- derer. Endlich ſo war auch dieſes der ſaͤmtlichen Tyronum beydes der Infanterie als Cavallerie ihr Haupt-Exercitium, daß man ſie in voller Schlacht-Ordnung uͤber zehen tauſend Schritt weit Compagnien und Squadronen-weiß abge- theilet, marchiren ließ, alle in voller Ruͤſtung, da dann die Reuterey bald vor, bald hinter, bald auch zur Seiten der Infanterie marchiren, zuweilen auch auf ebenen Feld oder auch Berg auf, Berg ab, in vollen Currier einen Anfall thun, ſich wieder ſchwencken, und in Summa diejenige Exercitia thun muſte, welche bey heutigs Tags verbeſſerter Kriegs-Kunſt, ebenfalls, wiewol weit in hoͤhern Grad, von un- ſern Arméen vorgenommen werden. CAPUT V. Was vor Wiſſenſchafften und Exercitia in unſern heutigen Ritter-und Cadets-Academien, mit denen darinn befindlichen Aca- demiſten und Seminariſten am meiſten getrieben, und vor Profeſſo- res, Lehr- und Exercitien-Meiſter darzu erfordert und gehalten werden, auch wie die Einrichtung der Oeconomie dabey beſtellet ſey. DJeſe drey Puncta deſto deutlicher abzuhandeln, ſo geben wir erſtlich billich Achtung auf den Unterſchied ſolcher Ritter-Academien ſelbſt und dann auch auf der darinn ſtudirenden Jugend ihre Condition, Scopum oder Abſicht, und Vermoͤgen. Das erſte nemlich den Unterſchied ſolcher Academien betreffend, ſo ſeynd bißanhero die in Europa am beruͤhmteſten geweſene Ritter- Academien, am meiſten auf ſolche Studia und Exercitia gegangen, welche einen jungen Cavalier oder vornehmen und reichen Manns Sohn (der zumal wohl er- zogen, von guten Naturel, Conſtitution und Capacitaͤt des Verſtands geweſenl auch zu Hauß oder auf andern Schulen ſchon in Humanioribus und andern nuͤtzli- chen F 3

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Das Wohl-eingerichtete Seminarium Militare. Dresden, 1724, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_militare_1724/45>, abgerufen am 29.03.2024.