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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Erfindung der harmonischen Tonleiter.
Addition zweyer verschiednen Verhältnisse entstehen, und diese
leztern werden der Einheit näher seyn, als die aus der Sub-
traction entstehen, und so weiter.

§. 26.

Bevor wir diese Operationen zur Ausführung bringen,
wollen wir die Theilung einer klingenden Seyte annoch
auf eine andere Art,
zu welcher wir nicht mehr als eine ein-
zige Seyte gebrauchen, vornehmen. Sie bestehet darinnen,
daß man eine Seyte in soviel gleiche Theile zerfället, als die
Summe der beyden Zahlen eines gegebnen Verhältnisses Ein-
heiten enthält. Z. E. es wird die Octave 2:1 gegeben.
Wenn nun 2 + 1 = 3, so theilet man die Seyte in drey gleiche
Theile, und 2/3 gegen 1/3 werden eine Octave machen. Es wird
die Quinte 3:2 gegeben. Wenn nun 3 + 2 = 5, so thei-
let man die Seyte in fünf gleiche Theile, und 3/5 gegen 2/5 werden
eine Quinte geben, und so weiter. Wenn, in Fällen der
Curiosität, einer klingenden Seyte eine gewisse Anzahl von
Theilen zugeeignet wird, und ein gegebnes Verhältniß in die-
sen Theilen ausgedrücket werden soll: so wird 1) mit der Sum-
me der beyden Zahlen des verlangten Verhältnisses in die An-
zahl der Theile dividiret, und 2) zuerst mit der größern und
hernach mit der kleinern Zahl des Verhältnisses in den ge-
fundnen Quotienten multipliciret. Das erste Product giebet
den tiefern Ton des Verhältnisses und das zweyte den höhern.
Z. E. wenn das verlangte Verhältniß = 6:5, und die ge-
gebne größere Zahl = 726, so heißt es:

[Formel 1]

der tiefste Ton. der höchste Ton.

Man kann sich aber diesen Calcul, der wegen der kommenden
Brüche nicht allezeit bequem ist, ersparen, wenn man, (weil
6 + 5 = 11,) die Seyte in eilf gleiche Theile unterscheidet, da
alsden gegen eine kleine Terz 6:5 geben werden.

Dritter

Erfindung der harmoniſchen Tonleiter.
Addition zweyer verſchiednen Verhaͤltniſſe entſtehen, und dieſe
leztern werden der Einheit naͤher ſeyn, als die aus der Sub-
traction entſtehen, und ſo weiter.

§. 26.

Bevor wir dieſe Operationen zur Ausfuͤhrung bringen,
wollen wir die Theilung einer klingenden Seyte annoch
auf eine andere Art,
zu welcher wir nicht mehr als eine ein-
zige Seyte gebrauchen, vornehmen. Sie beſtehet darinnen,
daß man eine Seyte in ſoviel gleiche Theile zerfaͤllet, als die
Summe der beyden Zahlen eines gegebnen Verhaͤltniſſes Ein-
heiten enthaͤlt. Z. E. es wird die Octave 2:1 gegeben.
Wenn nun 2 + 1 = 3, ſo theilet man die Seyte in drey gleiche
Theile, und ⅔ gegen ⅓ werden eine Octave machen. Es wird
die Quinte 3:2 gegeben. Wenn nun 3 + 2 = 5, ſo thei-
let man die Seyte in fuͤnf gleiche Theile, und ⅗ gegen ⅖ werden
eine Quinte geben, und ſo weiter. Wenn, in Faͤllen der
Curioſitaͤt, einer klingenden Seyte eine gewiſſe Anzahl von
Theilen zugeeignet wird, und ein gegebnes Verhaͤltniß in die-
ſen Theilen ausgedruͤcket werden ſoll: ſo wird 1) mit der Sum-
me der beyden Zahlen des verlangten Verhaͤltniſſes in die An-
zahl der Theile dividiret, und 2) zuerſt mit der groͤßern und
hernach mit der kleinern Zahl des Verhaͤltniſſes in den ge-
fundnen Quotienten multipliciret. Das erſte Product giebet
den tiefern Ton des Verhaͤltniſſes und das zweyte den hoͤhern.
Z. E. wenn das verlangte Verhaͤltniß = 6:5, und die ge-
gebne groͤßere Zahl = 726, ſo heißt es:

[Formel 1]

der tiefſte Ton. der hoͤchſte Ton.

Man kann ſich aber dieſen Calcul, der wegen der kommenden
Bruͤche nicht allezeit bequem iſt, erſparen, wenn man, (weil
6 + 5 = 11,) die Seyte in eilf gleiche Theile unterſcheidet, da
alsden gegen eine kleine Terz 6:5 geben werden.

Dritter
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[27/0047] Erfindung der harmoniſchen Tonleiter. Addition zweyer verſchiednen Verhaͤltniſſe entſtehen, und dieſe leztern werden der Einheit naͤher ſeyn, als die aus der Sub- traction entſtehen, und ſo weiter. §. 26. Bevor wir dieſe Operationen zur Ausfuͤhrung bringen, wollen wir die Theilung einer klingenden Seyte annoch auf eine andere Art, zu welcher wir nicht mehr als eine ein- zige Seyte gebrauchen, vornehmen. Sie beſtehet darinnen, daß man eine Seyte in ſoviel gleiche Theile zerfaͤllet, als die Summe der beyden Zahlen eines gegebnen Verhaͤltniſſes Ein- heiten enthaͤlt. Z. E. es wird die Octave 2:1 gegeben. Wenn nun 2 + 1 = 3, ſo theilet man die Seyte in drey gleiche Theile, und ⅔ gegen ⅓ werden eine Octave machen. Es wird die Quinte 3:2 gegeben. Wenn nun 3 + 2 = 5, ſo thei- let man die Seyte in fuͤnf gleiche Theile, und ⅗ gegen ⅖ werden eine Quinte geben, und ſo weiter. Wenn, in Faͤllen der Curioſitaͤt, einer klingenden Seyte eine gewiſſe Anzahl von Theilen zugeeignet wird, und ein gegebnes Verhaͤltniß in die- ſen Theilen ausgedruͤcket werden ſoll: ſo wird 1) mit der Sum- me der beyden Zahlen des verlangten Verhaͤltniſſes in die An- zahl der Theile dividiret, und 2) zuerſt mit der groͤßern und hernach mit der kleinern Zahl des Verhaͤltniſſes in den ge- fundnen Quotienten multipliciret. Das erſte Product giebet den tiefern Ton des Verhaͤltniſſes und das zweyte den hoͤhern. Z. E. wenn das verlangte Verhaͤltniß = 6:5, und die ge- gebne groͤßere Zahl = 726, ſo heißt es: [FORMEL] der tiefſte Ton. der hoͤchſte Ton. Man kann ſich aber dieſen Calcul, der wegen der kommenden Bruͤche nicht allezeit bequem iſt, erſparen, wenn man, (weil 6 + 5 = 11,) die Seyte in eilf gleiche Theile unterſcheidet, da alsden [FORMEL] gegen [FORMEL] eine kleine Terz 6:5 geben werden. Dritter

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/47>, abgerufen am 21.11.2024.