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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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welche aus der harmon. Tonleiter vermittelst der etc.
§. 32.

Die musikalische Umkehrung beruhet auf nichts wei-
term, als daß eben derselbe Ton sowohl mit dem höhern als
tiefern Ende derjenigen Octave, binnen welcher er enthalten
ist, verglichen wird. Vermittelst dieses Umstandes geschicht
es, daß die Umkehrung zwar verwandte, aber keine glei-
che und ähnliche
Jntervalle hervorbringet, und daß es also
nicht damit bewandt ist, wie mit den geometrischen Conversio-
nen und Jnversionen, wo a:b = m:n = 3:2 = 6:4 glei-
che Verhältnisse, obwohl in andern gleichgültigen Ausdrü-
cken, enthalten.

§. 33.

Damit wir uns wegen der Gleichheit, Aehnlichkeit und
Verwandtschaft der Jntervalle einander hinlänglich verstehen
mögen, so wollen wir bemerken,

1) Daß alle Jntervalle, ihrer auf verschiedne Art mögli-
chen Höhe oder Tiefe an sich ungeachtet, welche uns hier
nicht angehet, einander gleich sind, die aus gleichen Ver-
hältnissen bestehen, es mögen diese Verhältnisse durch
eben dieselbe Zahlen oder in gleichgültigen Ausdrücken
dargeleget werden. Also ist nicht nur 3:2 = 3:2 = 3:2,
sondern auch 3:2 = 6:4 = 9:6 = 12:8 u. s. w. Hier
können die im §. 31. angeführten Umkehrungen, Ver-
kehrungen, Zusammensetzungen und Verwechselungen
der Proportionen der Reihe nach statt finden.
2) Daß die Aehnlichkeit der Jntervalle auf vielerley Art
durch Grade unterschieden werden kann. Aehnliche Jn-
tervalle vom ersten Grade sind keine andere als der
Einklang in Absicht auf die Octave, und die Octave in
Absicht auf den Einklang. Aehnliche Jntervalle vom
zweyten, dritten, vierten Grad, u. s. w. sind
die simpeln Jntervalle in Absicht auf die zwey- drey-
vier- und mehrmahl zusammengesetzten Jntervalle, und
diese leztern in Absicht auf die simpeln.
3) Verwandte Jntervalle sind die umgekehrten Jnter-
valle.
Also
welche aus der harmon. Tonleiter vermittelſt der ꝛc.
§. 32.

Die muſikaliſche Umkehrung beruhet auf nichts wei-
term, als daß eben derſelbe Ton ſowohl mit dem hoͤhern als
tiefern Ende derjenigen Octave, binnen welcher er enthalten
iſt, verglichen wird. Vermittelſt dieſes Umſtandes geſchicht
es, daß die Umkehrung zwar verwandte, aber keine glei-
che und aͤhnliche
Jntervalle hervorbringet, und daß es alſo
nicht damit bewandt iſt, wie mit den geometriſchen Converſio-
nen und Jnverſionen, wo a:b = m:n = 3:2 = 6:4 glei-
che Verhaͤltniſſe, obwohl in andern gleichguͤltigen Ausdruͤ-
cken, enthalten.

§. 33.

Damit wir uns wegen der Gleichheit, Aehnlichkeit und
Verwandtſchaft der Jntervalle einander hinlaͤnglich verſtehen
moͤgen, ſo wollen wir bemerken,

1) Daß alle Jntervalle, ihrer auf verſchiedne Art moͤgli-
chen Hoͤhe oder Tiefe an ſich ungeachtet, welche uns hier
nicht angehet, einander gleich ſind, die aus gleichen Ver-
haͤltniſſen beſtehen, es moͤgen dieſe Verhaͤltniſſe durch
eben dieſelbe Zahlen oder in gleichguͤltigen Ausdruͤcken
dargeleget werden. Alſo iſt nicht nur 3:2 = 3:2 = 3:2,
ſondern auch 3:2 = 6:4 = 9:6 = 12:8 u. ſ. w. Hier
koͤnnen die im §. 31. angefuͤhrten Umkehrungen, Ver-
kehrungen, Zuſammenſetzungen und Verwechſelungen
der Proportionen der Reihe nach ſtatt finden.
2) Daß die Aehnlichkeit der Jntervalle auf vielerley Art
durch Grade unterſchieden werden kann. Aehnliche Jn-
tervalle vom erſten Grade ſind keine andere als der
Einklang in Abſicht auf die Octave, und die Octave in
Abſicht auf den Einklang. Aehnliche Jntervalle vom
zweyten, dritten, vierten Grad, u. ſ. w. ſind
die ſimpeln Jntervalle in Abſicht auf die zwey- drey-
vier- und mehrmahl zuſammengeſetzten Jntervalle, und
dieſe leztern in Abſicht auf die ſimpeln.
3) Verwandte Jntervalle ſind die umgekehrten Jnter-
valle.
Alſo
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[31/0051] welche aus der harmon. Tonleiter vermittelſt der ꝛc. §. 32. Die muſikaliſche Umkehrung beruhet auf nichts wei- term, als daß eben derſelbe Ton ſowohl mit dem hoͤhern als tiefern Ende derjenigen Octave, binnen welcher er enthalten iſt, verglichen wird. Vermittelſt dieſes Umſtandes geſchicht es, daß die Umkehrung zwar verwandte, aber keine glei- che und aͤhnliche Jntervalle hervorbringet, und daß es alſo nicht damit bewandt iſt, wie mit den geometriſchen Converſio- nen und Jnverſionen, wo a:b = m:n = 3:2 = 6:4 glei- che Verhaͤltniſſe, obwohl in andern gleichguͤltigen Ausdruͤ- cken, enthalten. §. 33. Damit wir uns wegen der Gleichheit, Aehnlichkeit und Verwandtſchaft der Jntervalle einander hinlaͤnglich verſtehen moͤgen, ſo wollen wir bemerken, 1) Daß alle Jntervalle, ihrer auf verſchiedne Art moͤgli- chen Hoͤhe oder Tiefe an ſich ungeachtet, welche uns hier nicht angehet, einander gleich ſind, die aus gleichen Ver- haͤltniſſen beſtehen, es moͤgen dieſe Verhaͤltniſſe durch eben dieſelbe Zahlen oder in gleichguͤltigen Ausdruͤcken dargeleget werden. Alſo iſt nicht nur 3:2 = 3:2 = 3:2, ſondern auch 3:2 = 6:4 = 9:6 = 12:8 u. ſ. w. Hier koͤnnen die im §. 31. angefuͤhrten Umkehrungen, Ver- kehrungen, Zuſammenſetzungen und Verwechſelungen der Proportionen der Reihe nach ſtatt finden. 2) Daß die Aehnlichkeit der Jntervalle auf vielerley Art durch Grade unterſchieden werden kann. Aehnliche Jn- tervalle vom erſten Grade ſind keine andere als der Einklang in Abſicht auf die Octave, und die Octave in Abſicht auf den Einklang. Aehnliche Jntervalle vom zweyten, dritten, vierten Grad, u. ſ. w. ſind die ſimpeln Jntervalle in Abſicht auf die zwey- drey- vier- und mehrmahl zuſammengeſetzten Jntervalle, und dieſe leztern in Abſicht auf die ſimpeln. 3) Verwandte Jntervalle ſind die umgekehrten Jnter- valle. Alſo

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/51>, abgerufen am 23.11.2024.