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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Siebenter Abschnitt.

so kann ich das Vergnügen haben, damit zu beweisen, daß
der Hr. Professor sein im ersten Argument gefälltes Urtheil
durch das zweyte Argument zurück nimmt, und also mit mir
einerley Meinung heget, nemlich daß das Verhältniß 7:6 ein
dissonirendes Jntervall giebet.

§. 59.

Es fällt mir bey dieser Gelegenheit ein, daß der griechische
Tonkünstler Archytas einmal ein von den Griechen sogenann-
tes toniäisch-diatonisches Klanggeschlecht berechnet hat, in
welchem die Zahl 7 mittelst 7:6 und 8:7 ungemein figurirt.
Es ist selbiges folgendes:

aNete hyperbol.--
504
9:8
gParan. hyp.--
567
8:7
fTrite hyp.--
648
28:27
eNete diezeugm.--
672
9:8
dParan. diez.--
756
8:7
cTrite diez.--
864
28:27
hParamese--
896
9:8
AMese--
1008

Hierinnen ist A:c=1008:864=7:6, und d:f=756:
6+8=7:6, und man wird daraus ersehen, daß die Zahl 7
schon lange als musikalisch proponiret, aber immer als unmu-
sikalisch wiederum verworfen worden. Denn Archytas gehö-
ret doch nicht zu den neuen Harmonisten, von welchen in
der Theorie etc. Artikel Consonanz, Seite 225. Erwehnung
geschicht. Er hatte auch dieserwegen nicht Herz genug, zum
Vortheil der 7 einen besondern neuen Ton i zu schaffen. Es
wurde nemlich das Jntervall, welches er durch 8:7 vorstellte,
vom Pythagoras durch 9:8, und vom Didymus durch 10:9
vorgestellet, so wie das Jntervall, welches er durch 7:6 ausge-
drücket hat, vom Pythagoras durch 32:27 und vom Didy-
mus, welcher ein besser Ohr als Pythagoras hatte, durch 6:5
ausgedrücket worden ist, wie aus den Schriften über die Mu-
sik der Alten, und unter andern auch aus meiner Historie der
Musik ersehen werden kann. Mithin hatte es mit diesem Klang-
geschlecht, in Absicht auf andere Klang geschlechte betrachtet,
keine andere Bewandniß, als die es mit zwey oder drey verschie-
dnen Arten ungleich schwebender Temperaturen neuerer Zeiten
hat.

Anmer-
Siebenter Abſchnitt.

ſo kann ich das Vergnuͤgen haben, damit zu beweiſen, daß
der Hr. Profeſſor ſein im erſten Argument gefaͤlltes Urtheil
durch das zweyte Argument zuruͤck nimmt, und alſo mit mir
einerley Meinung heget, nemlich daß das Verhaͤltniß 7:6 ein
diſſonirendes Jntervall giebet.

§. 59.

Es faͤllt mir bey dieſer Gelegenheit ein, daß der griechiſche
Tonkuͤnſtler Archytas einmal ein von den Griechen ſogenann-
tes toniaͤiſch-diatoniſches Klanggeſchlecht berechnet hat, in
welchem die Zahl 7 mittelſt 7:6 und 8:7 ungemein figurirt.
Es iſt ſelbiges folgendes:

aNete hyperbol.
504
9:8
gParan. hyp.
567
8:7
fTrite hyp.
648
28:27
eNete diezeugm.
672
9:8
dParan. diez.
756
8:7
cTrite diez.
864
28:27
hParameſe
896
9:8
AMeſe
1008

Hierinnen iſt A:c=1008:864=7:6, und d:f=756:
6+8=7:6, und man wird daraus erſehen, daß die Zahl 7
ſchon lange als muſikaliſch proponiret, aber immer als unmu-
ſikaliſch wiederum verworfen worden. Denn Archytas gehoͤ-
ret doch nicht zu den neuen Harmoniſten, von welchen in
der Theorie ꝛc. Artikel Conſonanz, Seite 225. Erwehnung
geſchicht. Er hatte auch dieſerwegen nicht Herz genug, zum
Vortheil der 7 einen beſondern neuen Ton i zu ſchaffen. Es
wurde nemlich das Jntervall, welches er durch 8:7 vorſtellte,
vom Pythagoras durch 9:8, und vom Didymus durch 10:9
vorgeſtellet, ſo wie das Jntervall, welches er durch 7:6 ausge-
druͤcket hat, vom Pythagoras durch 32:27 und vom Didy-
mus, welcher ein beſſer Ohr als Pythagoras hatte, durch 6:5
ausgedruͤcket worden iſt, wie aus den Schriften uͤber die Mu-
ſik der Alten, und unter andern auch aus meiner Hiſtorie der
Muſik erſehen werden kann. Mithin hatte es mit dieſem Klang-
geſchlecht, in Abſicht auf andere Klang geſchlechte betrachtet,
keine andere Bewandniß, als die es mit zwey oder drey verſchie-
dnen Arten ungleich ſchwebender Temperaturen neuerer Zeiten
hat.

Anmer-
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[54/0074] Siebenter Abſchnitt. ſo kann ich das Vergnuͤgen haben, damit zu beweiſen, daß der Hr. Profeſſor ſein im erſten Argument gefaͤlltes Urtheil durch das zweyte Argument zuruͤck nimmt, und alſo mit mir einerley Meinung heget, nemlich daß das Verhaͤltniß 7:6 ein diſſonirendes Jntervall giebet. §. 59. Es faͤllt mir bey dieſer Gelegenheit ein, daß der griechiſche Tonkuͤnſtler Archytas einmal ein von den Griechen ſogenann- tes toniaͤiſch-diatoniſches Klanggeſchlecht berechnet hat, in welchem die Zahl 7 mittelſt 7:6 und 8:7 ungemein figurirt. Es iſt ſelbiges folgendes: a Nete hyperbol. — 504 9:8 g Paran. hyp. — 567 8:7 f Trite hyp. — 648 28:27 e Nete diezeugm. — 672 9:8 d Paran. diez. — 756 8:7 c Trite diez. — 864 28:27 h Parameſe — 896 9:8 A Meſe — 1008 Hierinnen iſt A:c=1008:864=7:6, und d:f=756: 6+8=7:6, und man wird daraus erſehen, daß die Zahl 7 ſchon lange als muſikaliſch proponiret, aber immer als unmu- ſikaliſch wiederum verworfen worden. Denn Archytas gehoͤ- ret doch nicht zu den neuen Harmoniſten, von welchen in der Theorie ꝛc. Artikel Conſonanz, Seite 225. Erwehnung geſchicht. Er hatte auch dieſerwegen nicht Herz genug, zum Vortheil der 7 einen beſondern neuen Ton i zu ſchaffen. Es wurde nemlich das Jntervall, welches er durch 8:7 vorſtellte, vom Pythagoras durch 9:8, und vom Didymus durch 10:9 vorgeſtellet, ſo wie das Jntervall, welches er durch 7:6 ausge- druͤcket hat, vom Pythagoras durch 32:27 und vom Didy- mus, welcher ein beſſer Ohr als Pythagoras hatte, durch 6:5 ausgedruͤcket worden iſt, wie aus den Schriften uͤber die Mu- ſik der Alten, und unter andern auch aus meiner Hiſtorie der Muſik erſehen werden kann. Mithin hatte es mit dieſem Klang- geſchlecht, in Abſicht auf andere Klang geſchlechte betrachtet, keine andere Bewandniß, als die es mit zwey oder drey verſchie- dnen Arten ungleich ſchwebender Temperaturen neuerer Zeiten hat. Anmer-

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/74>, abgerufen am 23.11.2024.