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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Zehnter Abschnitt. Berechnung
allhier umgekehrt erscheinet, indem die nur 50 mal vibrirende
Seyte den tiefern Ton der Octave, und die 100 mal vibri-
rende den höhern Ton derselben geben wird, anstatt daß nach
den Seytenlängen die längere Seyte den tiefern, und die kür-
zere den höhern Ton der Octave hervorbringet. Es verhalten
sich demnach die Jntervalle, nach der Anzahl der Schwin-
gungen betrachtet, umgekehrt wie die Seytenlängen, und es
folget daraus, daß man, bey der Berechnung der Jntervalle
nach ihren Schwingungen, die aufsteigenden Jntervalle mit
Verhältnissen kleinerer, und die absteigenden mit Verhältnis-
sen größrer Ungleichheit ausdrücken müsse. Auf diese Weise
werden z. E. die Verhältnisse 1:2, 2:3, 3:4 etc. die aufstei-
genden Jntervalle C:c, c:g, g:c, und die Verhältnisse 6:5,
5:4, 4:3 die absteigenden Jntervalle g:e, e:c, c:g aus-
drücken.

§. 68.

Obgleich nach dem vorhergehenden die Verhältnisse der
Jntervalle |einerley sind, man mag sie durch die Theilung oder
Erzitterung einer klingenden Seyte suchen: so geschicht es gleich-
wohl, daß nicht die bloßen einem gewissen Jntervall eigenen
Verhältnisse zum Grunde geleget werden können, sondern daß
die Quadrate dieser Verhältnisse dazu angewendet wer-
den müssen, wenn man aus zweyen in aller Absicht einander
gleichen Seyten durch die verschiedne Spannung derselben ein
gewisses Jntervall hervorbringen will. Z. E. wenn die eine
Seyte ein C hervorgebracht, und die andere gleiche Seyte die
Quinte G machen soll, so muß diese leztere nicht in dem Ver-
hältniß 2:3, sondern in dem Verhältniß 4:9=22:32 gedeh-
net werden, und man saget in diesem Verstande, daß die
durchs Gewicht zu findenden Rationen gegen die durch den
geometrischen Maaßstab, sich wie ein Quadrat gegen seine
Wurzel verhalten, und also in Exempeln

wie 1:4 gegen 1:2
4:9 gegen 2:3
9:16 gegen 3:4
16:25 gegen 4:5
25:36 gegen 5:6 und so weiter.
§. 69.

Zehnter Abſchnitt. Berechnung
allhier umgekehrt erſcheinet, indem die nur 50 mal vibrirende
Seyte den tiefern Ton der Octave, und die 100 mal vibri-
rende den hoͤhern Ton derſelben geben wird, anſtatt daß nach
den Seytenlaͤngen die laͤngere Seyte den tiefern, und die kuͤr-
zere den hoͤhern Ton der Octave hervorbringet. Es verhalten
ſich demnach die Jntervalle, nach der Anzahl der Schwin-
gungen betrachtet, umgekehrt wie die Seytenlaͤngen, und es
folget daraus, daß man, bey der Berechnung der Jntervalle
nach ihren Schwingungen, die aufſteigenden Jntervalle mit
Verhaͤltniſſen kleinerer, und die abſteigenden mit Verhaͤltniſ-
ſen groͤßrer Ungleichheit ausdruͤcken muͤſſe. Auf dieſe Weiſe
werden z. E. die Verhaͤltniſſe 1:2, 2:3, 3:4 ꝛc. die aufſtei-
genden Jntervalle C:c, c:g, g:c̅, und die Verhaͤltniſſe 6:5,
5:4, 4:3 die abſteigenden Jntervalle g̅:e̅, e̅:c̅, c̅:g aus-
druͤcken.

§. 68.

Obgleich nach dem vorhergehenden die Verhaͤltniſſe der
Jntervalle |einerley ſind, man mag ſie durch die Theilung oder
Erzitterung einer klingenden Seyte ſuchen: ſo geſchicht es gleich-
wohl, daß nicht die bloßen einem gewiſſen Jntervall eigenen
Verhaͤltniſſe zum Grunde geleget werden koͤnnen, ſondern daß
die Quadrate dieſer Verhaͤltniſſe dazu angewendet wer-
den muͤſſen, wenn man aus zweyen in aller Abſicht einander
gleichen Seyten durch die verſchiedne Spannung derſelben ein
gewiſſes Jntervall hervorbringen will. Z. E. wenn die eine
Seyte ein C hervorgebracht, und die andere gleiche Seyte die
Quinte G machen ſoll, ſo muß dieſe leztere nicht in dem Ver-
haͤltniß 2:3, ſondern in dem Verhaͤltniß 4:9=22:32 gedeh-
net werden, und man ſaget in dieſem Verſtande, daß die
durchs Gewicht zu findenden Rationen gegen die durch den
geometriſchen Maaßſtab, ſich wie ein Quadrat gegen ſeine
Wurzel verhalten, und alſo in Exempeln

wie 1:4 gegen 1:2
4:9 gegen 2:3
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25:36 gegen 5:6 und ſo weiter.
§. 69.
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[62/0082] Zehnter Abſchnitt. Berechnung allhier umgekehrt erſcheinet, indem die nur 50 mal vibrirende Seyte den tiefern Ton der Octave, und die 100 mal vibri- rende den hoͤhern Ton derſelben geben wird, anſtatt daß nach den Seytenlaͤngen die laͤngere Seyte den tiefern, und die kuͤr- zere den hoͤhern Ton der Octave hervorbringet. Es verhalten ſich demnach die Jntervalle, nach der Anzahl der Schwin- gungen betrachtet, umgekehrt wie die Seytenlaͤngen, und es folget daraus, daß man, bey der Berechnung der Jntervalle nach ihren Schwingungen, die aufſteigenden Jntervalle mit Verhaͤltniſſen kleinerer, und die abſteigenden mit Verhaͤltniſ- ſen groͤßrer Ungleichheit ausdruͤcken muͤſſe. Auf dieſe Weiſe werden z. E. die Verhaͤltniſſe 1:2, 2:3, 3:4 ꝛc. die aufſtei- genden Jntervalle C:c, c:g, g:c̅, und die Verhaͤltniſſe 6:5, 5:4, 4:3 die abſteigenden Jntervalle g̅:e̅, e̅:c̅, c̅:g aus- druͤcken. §. 68. Obgleich nach dem vorhergehenden die Verhaͤltniſſe der Jntervalle |einerley ſind, man mag ſie durch die Theilung oder Erzitterung einer klingenden Seyte ſuchen: ſo geſchicht es gleich- wohl, daß nicht die bloßen einem gewiſſen Jntervall eigenen Verhaͤltniſſe zum Grunde geleget werden koͤnnen, ſondern daß die Quadrate dieſer Verhaͤltniſſe dazu angewendet wer- den muͤſſen, wenn man aus zweyen in aller Abſicht einander gleichen Seyten durch die verſchiedne Spannung derſelben ein gewiſſes Jntervall hervorbringen will. Z. E. wenn die eine Seyte ein C hervorgebracht, und die andere gleiche Seyte die Quinte G machen ſoll, ſo muß dieſe leztere nicht in dem Ver- haͤltniß 2:3, ſondern in dem Verhaͤltniß 4:9=22:32 gedeh- net werden, und man ſaget in dieſem Verſtande, daß die durchs Gewicht zu findenden Rationen gegen die durch den geometriſchen Maaßſtab, ſich wie ein Quadrat gegen ſeine Wurzel verhalten, und alſo in Exempeln wie 1:4 gegen 1:2 4:9 gegen 2:3 9:16 gegen 3:4 16:25 gegen 4:5 25:36 gegen 5:6 und ſo weiter. §. 69.

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/82>, abgerufen am 23.11.2024.