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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
dienen müssen, entschieden, auch 3) das Urtheil nur über Ge-
genstände die seiner Gerichtbarkeit unterworfen waren ge-
fället, so darf kein fremder Richter sich es erlauben, über
eben den Gegenstand zwischen eben den Partheyen ein
zweytes Verfahren zu veranlassen, oder zu gestatten, da der
obsiegende Theil aus dem Erkenntnisse ein eben so vollkom-
menes Recht, als aus einem Vertrage erworben hat, und
kein dritter Staat ihm dieses entziehn kann h). Daher
kann auch nach Abtretung einer Provinz der neue Ober-
herr ihre alten Streitigkeiten nicht wieder in Untersuchung
ziehn, wenn diese von ihrem bisherigen Oberherrn schon
rechtskräftig entschieden waren i).

a) I. A. Ferd. Haas diss. de effectu exceptionis rei iudicatae in territo-
rio alieno
. Gött.
1791. 4.
b) I. H. Böhmer pr. iur. publ. vniv. P. spec. L. I. c. 4. §. 6.
c) Z. B. Traite d'alliance entre la France et l'eveque de Bale 1780.
art.
7. m. Recueil T. II. p. 93.
d) Die vereinigten Niederländer haben hierüber unter sich keine allge-
meine Abrede genommen Pestel commentarii §. 357. 358. Die
Schweizer Eidgenossen aber gestatten in vielen Fällen diese Exe-
cution. Simleri de Rep. Helv. L. II. §. XV. XVII.
e) Auch für die teutschen Staaten ist aus der allgemeinen Reichs-
verbindung kein Grund der Verpflichtung zu solchen Vollziehun-
gen herzunehmen, es beruhet daher alles auf besondere Verträge
und Herkommen.
f) Siehe über einen Fall der Art zwischen Schweden und Holland
den Brief des von Beuningen an de Witt vom 15. Oct. 1666 in
Lettres et memoiresde de Witt.
g) S. jedoch Haas a. a. O. §. 12. u. f.
h) Indeß fehlt es nicht an Beyspielen, wo man sich von diesen
Grundsätzen entfernt hat, z. B. in dem Proceß der Marquise
von Favras gegen den Fürsten von Anhalt-Schaumburg s.
Pütters Rechtsfälle B. III. Th. I. S. 43 u. f. Moser Zu-
sätze zu s. neuen Staatsrecht
Th. II S. 553. auch französischer
Seits in dem Proceß der Nachkommen des Fürsten Franz von Nas-
sau-Siegen wider das Haus Nassau s. Deductions-Bibliothek
Th. II. n. 4286. u. f. Reuß t. Staatscanzley Th. XIV. S. 50.

i) Daher

Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
dienen muͤſſen, entſchieden, auch 3) das Urtheil nur uͤber Ge-
genſtaͤnde die ſeiner Gerichtbarkeit unterworfen waren ge-
faͤllet, ſo darf kein fremder Richter ſich es erlauben, uͤber
eben den Gegenſtand zwiſchen eben den Partheyen ein
zweytes Verfahren zu veranlaſſen, oder zu geſtatten, da der
obſiegende Theil aus dem Erkenntniſſe ein eben ſo vollkom-
menes Recht, als aus einem Vertrage erworben hat, und
kein dritter Staat ihm dieſes entziehn kann h). Daher
kann auch nach Abtretung einer Provinz der neue Ober-
herr ihre alten Streitigkeiten nicht wieder in Unterſuchung
ziehn, wenn dieſe von ihrem bisherigen Oberherrn ſchon
rechtskraͤftig entſchieden waren i).

a) I. A. Ferd. Haas diſſ. de effectu exceptionis rei iudicatae in territo-
rio alieno
. Goͤtt.
1791. 4.
b) I. H. Böhmer pr. iur. publ. vniv. P. ſpec. L. I. c. 4. §. 6.
c) Z. B. Traité d’alliance entre la France et l’evèque de Bâle 1780.
art.
7. m. Recueil T. II. p. 93.
d) Die vereinigten Niederlaͤnder haben hieruͤber unter ſich keine allge-
meine Abrede genommen Pestel commentarii §. 357. 358. Die
Schweizer Eidgenoſſen aber geſtatten in vielen Faͤllen dieſe Exe-
cution. Simleri de Rep. Helv. L. II. §. XV. XVII.
e) Auch fuͤr die teutſchen Staaten iſt aus der allgemeinen Reichs-
verbindung kein Grund der Verpflichtung zu ſolchen Vollziehun-
gen herzunehmen, es beruhet daher alles auf beſondere Vertraͤge
und Herkommen.
f) Siehe uͤber einen Fall der Art zwiſchen Schweden und Holland
den Brief des von Beuningen an de Witt vom 15. Oct. 1666 in
Lettres et memoiresde de Witt.
g) S. jedoch Haas a. a. O. §. 12. u. f.
h) Indeß fehlt es nicht an Beyſpielen, wo man ſich von dieſen
Grundſaͤtzen entfernt hat, z. B. in dem Proceß der Marquiſe
von Favras gegen den Fuͤrſten von Anhalt-Schaumburg ſ.
Puͤtters Rechtsfaͤlle B. III. Th. I. S. 43 u. f. Moſer Zu-
ſaͤtze zu ſ. neuen Staatsrecht
Th. II S. 553. auch franzoͤſiſcher
Seits in dem Proceß der Nachkommen des Fuͤrſten Franz von Naſ-
ſau-Siegen wider das Haus Naſſau ſ. Deductions-Bibliothek
Th. II. n. 4286. u. f. Reuß t. Staatscanzley Th. XIV. S. 50.

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[120/0148] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. dienen muͤſſen, entſchieden, auch 3) das Urtheil nur uͤber Ge- genſtaͤnde die ſeiner Gerichtbarkeit unterworfen waren ge- faͤllet, ſo darf kein fremder Richter ſich es erlauben, uͤber eben den Gegenſtand zwiſchen eben den Partheyen ein zweytes Verfahren zu veranlaſſen, oder zu geſtatten, da der obſiegende Theil aus dem Erkenntniſſe ein eben ſo vollkom- menes Recht, als aus einem Vertrage erworben hat, und kein dritter Staat ihm dieſes entziehn kann h). Daher kann auch nach Abtretung einer Provinz der neue Ober- herr ihre alten Streitigkeiten nicht wieder in Unterſuchung ziehn, wenn dieſe von ihrem bisherigen Oberherrn ſchon rechtskraͤftig entſchieden waren i). a⁾ I. A. Ferd. Haas diſſ. de effectu exceptionis rei iudicatae in territo- rio alieno. Goͤtt. 1791. 4. b⁾ I. H. Böhmer pr. iur. publ. vniv. P. ſpec. L. I. c. 4. §. 6. c⁾ Z. B. Traité d’alliance entre la France et l’evèque de Bâle 1780. art. 7. m. Recueil T. II. p. 93. d⁾ Die vereinigten Niederlaͤnder haben hieruͤber unter ſich keine allge- meine Abrede genommen Pestel commentarii §. 357. 358. Die Schweizer Eidgenoſſen aber geſtatten in vielen Faͤllen dieſe Exe- cution. Simleri de Rep. Helv. L. II. §. XV. XVII. e⁾ Auch fuͤr die teutſchen Staaten iſt aus der allgemeinen Reichs- verbindung kein Grund der Verpflichtung zu ſolchen Vollziehun- gen herzunehmen, es beruhet daher alles auf beſondere Vertraͤge und Herkommen. f⁾ Siehe uͤber einen Fall der Art zwiſchen Schweden und Holland den Brief des von Beuningen an de Witt vom 15. Oct. 1666 in Lettres et memoiresde de Witt. g⁾ S. jedoch Haas a. a. O. §. 12. u. f. h⁾ Indeß fehlt es nicht an Beyſpielen, wo man ſich von dieſen Grundſaͤtzen entfernt hat, z. B. in dem Proceß der Marquiſe von Favras gegen den Fuͤrſten von Anhalt-Schaumburg ſ. Puͤtters Rechtsfaͤlle B. III. Th. I. S. 43 u. f. Moſer Zu- ſaͤtze zu ſ. neuen Staatsrecht Th. II S. 553. auch franzoͤſiſcher Seits in dem Proceß der Nachkommen des Fuͤrſten Franz von Naſ- ſau-Siegen wider das Haus Naſſau ſ. Deductions-Bibliothek Th. II. n. 4286. u. f. Reuß t. Staatscanzley Th. XIV. S. 50. i) Daher

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/148>, abgerufen am 04.12.2024.