Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Achtes Buch. Viertes Hauptstück.
b) Meermann von dem Recht der Eroberung nach dem
Staats- und Völkerrecht
. Erfurt 1774. 8. Dieser Punct kam
insonderheit in Anfrage, als Frankreich dem Könige von England
das von den Spaniern eroberte Dünkirchen abkaufte. Memoires
du comte d'Estrades T. I. p.
346. Auch als im nordischen Kriege
Rußland 1713 dem Könige von Preußen Stettin abtrat, ehe es
von Schweden durch einen Friedensschluß aufgegeben worden war.
c) Vattel droit des gens L. III. §. 196. de Steck essais 1794. p. 73.
d) § 17. Inst. de rerum diuis I. 1. §. 8. D. ad l. Falcid. l. 105. D. de
solutionibus l 5. § 1. D. de capt. et postlim.
e) Consolato del mare cap. 287.
f) m. Essai concernant les armateurs Chap. III. sect. 2.
§. 278.
Postliminium.

Gesetzt daß eine Macht, eine von dem Feind gemachte
Eroberung oder Beute ihm wieder abnimmt, so scheint es
daß nach dem strengen äußeren Völkerrecht alle Güter, sie
seyn beweglich oder unbeweglich, dem vorigen Eigenthümer
und Oberherrn wieder zufallen müssen, ohne daß es hiebey
einmahl der Fiction eines iuris postliminii bedürfte.

Dieser Grundsatz wird auch in Ansehung der unbeweg-
lichen Güter so befolget, daß ohne Rücksicht auf die Zeit
der Wiedereroberung 1) der vormahlige Oberherr des Landes
wiederum in seine vorige Rechte tritt, aber auch die vorige
Verfassung und Landesfreyheiten wieder herzustellen verbun-
den ist, wenn nicht die Unterthanen diese auf eine strafbare
Weise verscherzt haben a); folglich 2) auch die Domainen
wiederum ihre vorige Eigenschaft annehmen; daß 3) auch
die unbeweglichen Güter der Privatpersonen, wenn der Feind
sie in Besitz genommen, außerhalb des Falles eines Verbre-
chens dem vorigen Eigenthümer wieder zugestellet werden.

In Ansehung der beweglichen Güter des Mitunter-
thanen b) wird in Landkriegen (allgemein?) die Zurückgabe
an den Eigenthümer nur dann verfüget, wenn die Wieder-
erbeutung binnen 24 Stunden geschah c); in Seekriegen wird,

wenn
Achtes Buch. Viertes Hauptſtuͤck.
b) Meermann von dem Recht der Eroberung nach dem
Staats- und Voͤlkerrecht
. Erfurt 1774. 8. Dieſer Punct kam
inſonderheit in Anfrage, als Frankreich dem Koͤnige von England
das von den Spaniern eroberte Duͤnkirchen abkaufte. Memoires
du comte d’Estrades T. I. p.
346. Auch als im nordiſchen Kriege
Rußland 1713 dem Koͤnige von Preußen Stettin abtrat, ehe es
von Schweden durch einen Friedensſchluß aufgegeben worden war.
c) Vattel droit des gens L. III. §. 196. de Steck eſſais 1794. p. 73.
d) § 17. Inſt. de rerum diuis I. 1. §. 8. D. ad l. Falcid. l. 105. D. de
ſolutionibus l 5. § 1. D. de capt. et poſtlim.
e) Conſolato del mare cap. 287.
f) m. Eſſai concernant les armateurs Chap. III. ſect. 2.
§. 278.
Poſtliminium.

Geſetzt daß eine Macht, eine von dem Feind gemachte
Eroberung oder Beute ihm wieder abnimmt, ſo ſcheint es
daß nach dem ſtrengen aͤußeren Voͤlkerrecht alle Guͤter, ſie
ſeyn beweglich oder unbeweglich, dem vorigen Eigenthuͤmer
und Oberherrn wieder zufallen muͤſſen, ohne daß es hiebey
einmahl der Fiction eines iuris poſtliminii beduͤrfte.

Dieſer Grundſatz wird auch in Anſehung der unbeweg-
lichen Guͤter ſo befolget, daß ohne Ruͤckſicht auf die Zeit
der Wiedereroberung 1) der vormahlige Oberherr des Landes
wiederum in ſeine vorige Rechte tritt, aber auch die vorige
Verfaſſung und Landesfreyheiten wieder herzuſtellen verbun-
den iſt, wenn nicht die Unterthanen dieſe auf eine ſtrafbare
Weiſe verſcherzt haben a); folglich 2) auch die Domainen
wiederum ihre vorige Eigenſchaft annehmen; daß 3) auch
die unbeweglichen Guͤter der Privatperſonen, wenn der Feind
ſie in Beſitz genommen, außerhalb des Falles eines Verbre-
chens dem vorigen Eigenthuͤmer wieder zugeſtellet werden.

In Anſehung der beweglichen Guͤter des Mitunter-
thanen b) wird in Landkriegen (allgemein?) die Zuruͤckgabe
an den Eigenthuͤmer nur dann verfuͤget, wenn die Wieder-
erbeutung binnen 24 Stunden geſchah c); in Seekriegen wird,

wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0346" n="318"/>
            <fw place="top" type="header">Achtes Buch. Viertes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/>
            <note place="end" n="b)"><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Meermann</hi> von dem Recht der Eroberung nach dem<lb/>
Staats- und Vo&#x0364;lkerrecht</hi>. Erfurt 1774. 8. Die&#x017F;er Punct kam<lb/>
in&#x017F;onderheit in Anfrage, als Frankreich dem Ko&#x0364;nige von England<lb/>
das von den Spaniern eroberte Du&#x0364;nkirchen abkaufte. <hi rendition="#aq">Memoires<lb/>
du comte <hi rendition="#k">d&#x2019;Estrades</hi> T. I. p.</hi> 346. Auch als im nordi&#x017F;chen Kriege<lb/>
Rußland 1713 dem Ko&#x0364;nige von Preußen Stettin abtrat, ehe es<lb/>
von Schweden durch einen Friedens&#x017F;chluß aufgegeben worden war.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Vattel</hi><hi rendition="#i">droit des gens</hi> L. III. §. 196. <hi rendition="#k">de Steck</hi> <hi rendition="#i">e&#x017F;&#x017F;ais</hi> 1794. p.</hi> 73.</note><lb/>
            <note place="end" n="d)">§ 17. <hi rendition="#aq">In&#x017F;t. de rerum diuis I. 1. §. 8. D. ad l. Falcid. l. 105. D. de<lb/>
&#x017F;olutionibus l 5. § 1. D. de capt. et po&#x017F;tlim.</hi></note><lb/>
            <note place="end" n="e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Con&#x017F;olato del mare</hi> cap.</hi> 287.</note><lb/>
            <note place="end" n="f)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">m. E&#x017F;&#x017F;ai concernant les armateurs</hi> Chap. III. &#x017F;ect.</hi> 2.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 278.<lb/><hi rendition="#fr">Po&#x017F;tliminium</hi>.</head><lb/>
            <p>Ge&#x017F;etzt daß eine Macht, eine von dem Feind gemachte<lb/>
Eroberung oder Beute ihm wieder abnimmt, &#x017F;o &#x017F;cheint es<lb/>
daß nach dem &#x017F;trengen a&#x0364;ußeren Vo&#x0364;lkerrecht alle Gu&#x0364;ter, &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;eyn beweglich oder unbeweglich, dem vorigen Eigenthu&#x0364;mer<lb/>
und Oberherrn wieder zufallen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ohne daß es hiebey<lb/>
einmahl der Fiction eines <hi rendition="#aq">iuris po&#x017F;tliminii</hi> bedu&#x0364;rfte.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Grund&#x017F;atz wird auch in An&#x017F;ehung der unbeweg-<lb/>
lichen Gu&#x0364;ter &#x017F;o befolget, daß ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die Zeit<lb/>
der Wiedereroberung 1) der vormahlige Oberherr des Landes<lb/>
wiederum in &#x017F;eine vorige Rechte tritt, aber auch die vorige<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ung und Landesfreyheiten wieder herzu&#x017F;tellen verbun-<lb/>
den i&#x017F;t, wenn nicht die Unterthanen die&#x017F;e auf eine &#x017F;trafbare<lb/>
Wei&#x017F;e ver&#x017F;cherzt haben <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>); folglich 2) auch die Domainen<lb/>
wiederum ihre vorige Eigen&#x017F;chaft annehmen; daß 3) auch<lb/>
die unbeweglichen Gu&#x0364;ter der Privatper&#x017F;onen, wenn der Feind<lb/>
&#x017F;ie in Be&#x017F;itz genommen, außerhalb des Falles eines Verbre-<lb/>
chens dem vorigen Eigenthu&#x0364;mer wieder zuge&#x017F;tellet werden.</p><lb/>
            <p>In An&#x017F;ehung der beweglichen Gu&#x0364;ter des Mitunter-<lb/>
thanen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>) wird in Landkriegen (allgemein?) die Zuru&#x0364;ckgabe<lb/>
an den Eigenthu&#x0364;mer nur dann verfu&#x0364;get, wenn die Wieder-<lb/>
erbeutung binnen 24 Stunden ge&#x017F;chah <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>); in Seekriegen wird,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0346] Achtes Buch. Viertes Hauptſtuͤck. b⁾ Meermann von dem Recht der Eroberung nach dem Staats- und Voͤlkerrecht. Erfurt 1774. 8. Dieſer Punct kam inſonderheit in Anfrage, als Frankreich dem Koͤnige von England das von den Spaniern eroberte Duͤnkirchen abkaufte. Memoires du comte d’Estrades T. I. p. 346. Auch als im nordiſchen Kriege Rußland 1713 dem Koͤnige von Preußen Stettin abtrat, ehe es von Schweden durch einen Friedensſchluß aufgegeben worden war. c⁾ Vattel droit des gens L. III. §. 196. de Steck eſſais 1794. p. 73. d⁾ § 17. Inſt. de rerum diuis I. 1. §. 8. D. ad l. Falcid. l. 105. D. de ſolutionibus l 5. § 1. D. de capt. et poſtlim. e⁾ Conſolato del mare cap. 287. f⁾ m. Eſſai concernant les armateurs Chap. III. ſect. 2. §. 278. Poſtliminium. Geſetzt daß eine Macht, eine von dem Feind gemachte Eroberung oder Beute ihm wieder abnimmt, ſo ſcheint es daß nach dem ſtrengen aͤußeren Voͤlkerrecht alle Guͤter, ſie ſeyn beweglich oder unbeweglich, dem vorigen Eigenthuͤmer und Oberherrn wieder zufallen muͤſſen, ohne daß es hiebey einmahl der Fiction eines iuris poſtliminii beduͤrfte. Dieſer Grundſatz wird auch in Anſehung der unbeweg- lichen Guͤter ſo befolget, daß ohne Ruͤckſicht auf die Zeit der Wiedereroberung 1) der vormahlige Oberherr des Landes wiederum in ſeine vorige Rechte tritt, aber auch die vorige Verfaſſung und Landesfreyheiten wieder herzuſtellen verbun- den iſt, wenn nicht die Unterthanen dieſe auf eine ſtrafbare Weiſe verſcherzt haben a); folglich 2) auch die Domainen wiederum ihre vorige Eigenſchaft annehmen; daß 3) auch die unbeweglichen Guͤter der Privatperſonen, wenn der Feind ſie in Beſitz genommen, außerhalb des Falles eines Verbre- chens dem vorigen Eigenthuͤmer wieder zugeſtellet werden. In Anſehung der beweglichen Guͤter des Mitunter- thanen b) wird in Landkriegen (allgemein?) die Zuruͤckgabe an den Eigenthuͤmer nur dann verfuͤget, wenn die Wieder- erbeutung binnen 24 Stunden geſchah c); in Seekriegen wird, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/346
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/346>, abgerufen am 05.12.2024.