Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.Allgemeine Verbindung der Europ. Staaten. betrachten ist. Eine Verbindung, der erst später Rußland, dieTürkey nie im Ganzen beygetreten ist. Wie übrigens in einem Volke gewisse Stämme und Gemeinheiten in noch näherer, andere in entfernterer Verbindung stehn können, so giebt es auch unter den Europäischen Staaten einige die in engerem Verhältniß gegen einander stehn; bald so daß sie eine Person zum Oberherrn haben, oder Kraft ewiger Bündnisse sich zu einem eigenen Staatensystem vereiniget haben, bald so, daß sie in ungleichem Verhältnisse gegen ei- nen andren, wie z. B. die catholische Staaten gegen den Pabst und die Kirche, oder die Mitglieder eines zusammen- gesetzten Staats gegen dessen Oberhaupt stehn, bald so, daß ihre geographische Lage sie zu einem gemeinsamen Interesse vereiniget; wohingegen es andern giebt, die weder Verträge noch Verkehr mit einander haben, und sich kaum zu kennen scheinen. Daß dieses große Europäische Staatenvolk sich je ent- a) Dio Cassius Lib. LXXVIII. Spanhemii orbis Romanus II. 5. b) Heinrichs IV. Project einer Universal-Monarchie, zerstörte Ravaillacs Mordmesser. Der gutmeinende Abt von St. Pierre rief in seinem Projet d'une paix perpetuelle dieses Project wieder hervor. J. J. Rousseau verschönerte den lieblichen Traum in seinem extrait du projet d'une paix perpetuelle de l'abbe de St. Pierre. Amst. 1761. 8. Friedrich der Große belachte die Grille Oeuvres posthumes T. VI. p. 197. (Embser) in Abgötterey unsers philosophischen Jahrhunderts. Manheim 1779. 8. erster Abgott: ewiger Friede, nahm die Mühe sie zu widerlegen. Siehe auch (v. Lilienfels) neues Staatsgebäude, in drey Büchern von L. Leipzig 1767. 4. Ueber die europäische Repu- blik. Frankf. 1787. 8. Nouvel essai du projet de paix perpetuelle. a Lausanne 1789. 8. Hist. pol. Mag. B. II. S. 935. Zweytes
Allgemeine Verbindung der Europ. Staaten. betrachten iſt. Eine Verbindung, der erſt ſpaͤter Rußland, dieTuͤrkey nie im Ganzen beygetreten iſt. Wie uͤbrigens in einem Volke gewiſſe Staͤmme und Gemeinheiten in noch naͤherer, andere in entfernterer Verbindung ſtehn koͤnnen, ſo giebt es auch unter den Europaͤiſchen Staaten einige die in engerem Verhaͤltniß gegen einander ſtehn; bald ſo daß ſie eine Perſon zum Oberherrn haben, oder Kraft ewiger Buͤndniſſe ſich zu einem eigenen Staatenſyſtem vereiniget haben, bald ſo, daß ſie in ungleichem Verhaͤltniſſe gegen ei- nen andren, wie z. B. die catholiſche Staaten gegen den Pabſt und die Kirche, oder die Mitglieder eines zuſammen- geſetzten Staats gegen deſſen Oberhaupt ſtehn, bald ſo, daß ihre geographiſche Lage ſie zu einem gemeinſamen Intereſſe vereiniget; wohingegen es andern giebt, die weder Vertraͤge noch Verkehr mit einander haben, und ſich kaum zu kennen ſcheinen. Daß dieſes große Europaͤiſche Staatenvolk ſich je ent- a) Dio Cassius Lib. LXXVIII. Spanhemii orbis Romanus II. 5. b) Heinrichs IV. Project einer Univerſal-Monarchie, zerſtoͤrte Ravaillacs Mordmeſſer. Der gutmeinende Abt von St. Pierre rief in ſeinem Projet d’une paix perpetuelle dieſes Project wieder hervor. J. J. Rousseau verſchoͤnerte den lieblichen Traum in ſeinem extrait du projet d’une paix perpetuelle de l’abbé de St. Pierre. Amſt. 1761. 8. Friedrich der Große belachte die Grille Oeuvres poſthumes T. VI. p. 197. (Embſer) in Abgoͤtterey unſers philoſophiſchen Jahrhunderts. Manheim 1779. 8. erſter Abgott: ewiger Friede, nahm die Muͤhe ſie zu widerlegen. Siehe auch (v. Lilienfels) neues Staatsgebaͤude, in drey Buͤchern von L. Leipzig 1767. 4. Ueber die europaͤiſche Repu- blik. Frankf. 1787. 8. Nouvel eſſai du projet de paix perpetuelle. à Lauſanne 1789. 8. Hiſt. pol. Mag. B. II. S. 935. Zweytes
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Allgemeine Verbindung der Europ. Staaten.
betrachten iſt. Eine Verbindung, der erſt ſpaͤter Rußland, die
Tuͤrkey nie im Ganzen beygetreten iſt. Wie uͤbrigens in
einem Volke gewiſſe Staͤmme und Gemeinheiten in noch
naͤherer, andere in entfernterer Verbindung ſtehn koͤnnen,
ſo giebt es auch unter den Europaͤiſchen Staaten einige die
in engerem Verhaͤltniß gegen einander ſtehn; bald ſo daß
ſie eine Perſon zum Oberherrn haben, oder Kraft ewiger
Buͤndniſſe ſich zu einem eigenen Staatenſyſtem vereiniget
haben, bald ſo, daß ſie in ungleichem Verhaͤltniſſe gegen ei-
nen andren, wie z. B. die catholiſche Staaten gegen den
Pabſt und die Kirche, oder die Mitglieder eines zuſammen-
geſetzten Staats gegen deſſen Oberhaupt ſtehn, bald ſo, daß
ihre geographiſche Lage ſie zu einem gemeinſamen Intereſſe
vereiniget; wohingegen es andern giebt, die weder Vertraͤge
noch Verkehr mit einander haben, und ſich kaum zu kennen
ſcheinen.
Daß dieſes große Europaͤiſche Staatenvolk ſich je ent-
ſchließe zu Erhaltung eines ewigen Friedens in einen Staat,
in eine Univerſal-Monarchie oder Republik ſich zu verei-
nigen b), iſt weder zu erwarten, noch in aller Hinſicht zu
wuͤnſchen. Reichstaͤge und Gerichte gewaͤhren nicht ewigen
Frieden, wo die Vollziehung Armeen erheiſcht.
a⁾ Dio Cassius Lib. LXXVIII. Spanhemii orbis Romanus II. 5.
b⁾ Heinrichs IV. Project einer Univerſal-Monarchie, zerſtoͤrte
Ravaillacs Mordmeſſer. Der gutmeinende Abt von St. Pierre
rief in ſeinem Projet d’une paix perpetuelle dieſes Project wieder
hervor. J. J. Rousseau verſchoͤnerte den lieblichen Traum in
ſeinem extrait du projet d’une paix perpetuelle de l’abbé de St.
Pierre. Amſt. 1761. 8. Friedrich der Große belachte die Grille
Oeuvres poſthumes T. VI. p. 197. (Embſer) in Abgoͤtterey
unſers philoſophiſchen Jahrhunderts. Manheim 1779. 8. erſter
Abgott: ewiger Friede, nahm die Muͤhe ſie zu widerlegen.
Siehe auch (v. Lilienfels) neues Staatsgebaͤude, in drey
Buͤchern von L. Leipzig 1767. 4. Ueber die europaͤiſche Repu-
blik. Frankf. 1787. 8. Nouvel eſſai du projet de paix perpetuelle.
à Lauſanne 1789. 8. Hiſt. pol. Mag. B. II. S. 935.
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