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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Unglücks/ welches den Reichen ohne unter-
laß drohet.

XCIV.

Entschlage dich auffs allereheste derjeni-
gen Gattung Dinge/ welche wann sie mit
allzugrosser Sorge erhalten werden/ sind/
als wann sie verlohren wären. Das Gold
ist einer bösen Feuchtigkeit gleich/ die man
ausdorren und bald verzehren muß/ wann
man sich vor dem Tode erretten will. Das
heist/ sich einer seltzamen Untreue gegen
GOtt theilhafftig machen/ wann man sich
nicht bemühet/ den Armen und Elenden
mit demjenigen zu helffen/ was man zu viel
hat. Wisse/ daß dieses Uberflüßige ihnen
gebühret/ und daß GOtt dir dasselbe nur
unterhanden gegeben/ damit du ihnen in
ihrer Noth zu Hülffe kämest.

XCV.

Ich weiß nicht/ ob eine Thorheit derjeni-
gen gleich ist/ wann einer/ der sich von aller
Herrschafft entziehen/ und niemand unter-
worffen seyn will/ meynet das rechte Mittel
zu seinem Zweck zu gelangen seye dieses/ daß
er sich seinem Reichthum zum Sclaven
macht. Man kan wol ohne Schade einem
Mann gehorchen/ aber es ist allezeit schänd-

lich/

Ungluͤcks/ welches den Reichen ohne unter-
laß drohet.

XCIV.

Entſchlage dich auffs allereheſte derjeni-
gen Gattung Dinge/ welche wann ſie mit
allzugroſſer Sorge erhalten werden/ ſind/
als wann ſie verlohren waͤren. Das Gold
iſt einer boͤſen Feuchtigkeit gleich/ die man
ausdorren und bald verzehren muß/ wann
man ſich vor dem Tode erretten will. Das
heiſt/ ſich einer ſeltzamen Untreue gegen
GOtt theilhafftig machen/ wann man ſich
nicht bemuͤhet/ den Armen und Elenden
mit demjenigen zu helffen/ was man zu viel
hat. Wiſſe/ daß dieſes Uberfluͤßige ihnen
gebuͤhret/ und daß GOtt dir daſſelbe nur
unterhanden gegeben/ damit du ihnen in
ihrer Noth zu Huͤlffe kaͤmeſt.

XCV.

Ich weiß nicht/ ob eine Thorheit derjeni-
gen gleich iſt/ wann einer/ der ſich von aller
Herrſchafft entziehen/ und niemand unter-
worffen ſeyn will/ meynet das rechte Mittel
zu ſeinem Zweck zu gelangen ſeye dieſes/ daß
er ſich ſeinem Reichthum zum Sclaven
macht. Man kan wol ohne Schade einem
Mann gehorchen/ aber es iſt allezeit ſchaͤnd-

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[153[143]/0154] Ungluͤcks/ welches den Reichen ohne unter- laß drohet. XCIV. Entſchlage dich auffs allereheſte derjeni- gen Gattung Dinge/ welche wann ſie mit allzugroſſer Sorge erhalten werden/ ſind/ als wann ſie verlohren waͤren. Das Gold iſt einer boͤſen Feuchtigkeit gleich/ die man ausdorren und bald verzehren muß/ wann man ſich vor dem Tode erretten will. Das heiſt/ ſich einer ſeltzamen Untreue gegen GOtt theilhafftig machen/ wann man ſich nicht bemuͤhet/ den Armen und Elenden mit demjenigen zu helffen/ was man zu viel hat. Wiſſe/ daß dieſes Uberfluͤßige ihnen gebuͤhret/ und daß GOtt dir daſſelbe nur unterhanden gegeben/ damit du ihnen in ihrer Noth zu Huͤlffe kaͤmeſt. XCV. Ich weiß nicht/ ob eine Thorheit derjeni- gen gleich iſt/ wann einer/ der ſich von aller Herrſchafft entziehen/ und niemand unter- worffen ſeyn will/ meynet das rechte Mittel zu ſeinem Zweck zu gelangen ſeye dieſes/ daß er ſich ſeinem Reichthum zum Sclaven macht. Man kan wol ohne Schade einem Mann gehorchen/ aber es iſt allezeit ſchaͤnd- lich/

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 153[143]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/154>, abgerufen am 21.11.2024.