Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

ten nachlassen/ und keine Neurung in der
Herrschafft leiden soll.

XLI.

Ein Fürst soll seiner Jugend nicht trauen/
sonderlich/ wann er noch keine Erfahrung
hat/ und er sich voll Feuers und einer leb-
hafftigen/ hurtigen und wachenden Natur
befindet. Alsdann muß er sich befleißigen/
sich einzuhalten/ und nichts thun ohne den
Raht der weissesten und geschicktesten seines
Königreichs. Er soll sich mit nichten stützen
auf die Gütigkeit und Lebhafftigkeit seines
Geistes/ dann eben gleichwie ein gutes und
herrliches Land/ welches man nicht pflüget/
und darein eine Hand nicht säet/ nichts
bringet als Dornen und Unkraut: Also
verlescht auch ein hohes Gemüth und hoher
Geist/ welchen man nicht erbauet und bey
Zeiten zu der Tugend und der Arbeit ge-
wehnet/ und verdunckelt sich gäntzlich durch
das Laster/ welches ihn leichtlich einnimt.
Die Klugheit wird nicht nur mit den Jah-
ren/ und durch einen langen Gebrauch der
Dinge erlanget/ sondern das Studiren/
Betrachten und die Bemühung macht/ daß
man dieselbe vor der Zeit bekomt. Man
muß sich nicht gäntzlich auf die Erfahrung

ver-
H 7

ten nachlaſſen/ und keine Neurung in der
Herrſchafft leiden ſoll.

XLI.

Ein Fuͤrſt ſoll ſeiner Jugend nicht trauen/
ſonderlich/ wann er noch keine Erfahrung
hat/ und er ſich voll Feuers und einer leb-
hafftigen/ hurtigen und wachenden Natur
befindet. Alsdann muß er ſich befleißigen/
ſich einzuhalten/ und nichts thun ohne den
Raht der weiſſeſten und geſchickteſten ſeines
Koͤnigreichs. Er ſoll ſich mit nichten ſtuͤtzen
auf die Guͤtigkeit und Lebhafftigkeit ſeines
Geiſtes/ dann eben gleichwie ein gutes und
herrliches Land/ welches man nicht pfluͤget/
und darein eine Hand nicht ſaͤet/ nichts
bringet als Dornen und Unkraut: Alſo
verleſcht auch ein hohes Gemuͤth und hoher
Geiſt/ welchen man nicht erbauet und bey
Zeiten zu der Tugend und der Arbeit ge-
wehnet/ und verdunckelt ſich gaͤntzlich durch
das Laſter/ welches ihn leichtlich einnimt.
Die Klugheit wird nicht nur mit den Jah-
ren/ und durch einen langen Gebrauch der
Dinge erlanget/ ſondern das Studiren/
Betrachten und die Bemuͤhung macht/ daß
man dieſelbe vor der Zeit bekomt. Man
muß ſich nicht gaͤntzlich auf die Erfahrung

ver-
H 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="191[181]"/>
ten nachla&#x017F;&#x017F;en/ und keine Neurung in der<lb/>
Herr&#x017F;chafft leiden &#x017F;oll.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XLI.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein Fu&#x0364;r&#x017F;t &#x017F;oll &#x017F;einer Jugend nicht trauen/<lb/>
&#x017F;onderlich/ wann er noch keine Erfahrung<lb/>
hat/ und er &#x017F;ich voll Feuers und einer leb-<lb/>
hafftigen/ hurtigen und wachenden Natur<lb/>
befindet. Alsdann muß er &#x017F;ich befleißigen/<lb/>
&#x017F;ich einzuhalten/ und nichts thun ohne den<lb/>
Raht der wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten und ge&#x017F;chickte&#x017F;ten &#x017F;eines<lb/>
Ko&#x0364;nigreichs. Er &#x017F;oll &#x017F;ich mit nichten &#x017F;tu&#x0364;tzen<lb/>
auf die Gu&#x0364;tigkeit und Lebhafftigkeit &#x017F;eines<lb/>
Gei&#x017F;tes/ dann eben gleichwie ein gutes und<lb/>
herrliches Land/ welches man nicht pflu&#x0364;get/<lb/>
und darein eine Hand nicht &#x017F;a&#x0364;et/ nichts<lb/>
bringet als Dornen und Unkraut: Al&#x017F;o<lb/>
verle&#x017F;cht auch ein hohes Gemu&#x0364;th und hoher<lb/>
Gei&#x017F;t/ welchen man nicht erbauet und bey<lb/>
Zeiten zu der Tugend und der Arbeit ge-<lb/>
wehnet/ und verdunckelt &#x017F;ich ga&#x0364;ntzlich durch<lb/>
das La&#x017F;ter/ welches ihn leichtlich einnimt.<lb/>
Die Klugheit wird nicht nur mit den Jah-<lb/>
ren/ und durch einen langen Gebrauch der<lb/>
Dinge erlanget/ &#x017F;ondern das Studiren/<lb/>
Betrachten und die Bemu&#x0364;hung macht/ daß<lb/>
man die&#x017F;elbe vor der Zeit bekomt. Man<lb/>
muß &#x017F;ich nicht ga&#x0364;ntzlich auf die Erfahrung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 7</fw><fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191[181]/0192] ten nachlaſſen/ und keine Neurung in der Herrſchafft leiden ſoll. XLI. Ein Fuͤrſt ſoll ſeiner Jugend nicht trauen/ ſonderlich/ wann er noch keine Erfahrung hat/ und er ſich voll Feuers und einer leb- hafftigen/ hurtigen und wachenden Natur befindet. Alsdann muß er ſich befleißigen/ ſich einzuhalten/ und nichts thun ohne den Raht der weiſſeſten und geſchickteſten ſeines Koͤnigreichs. Er ſoll ſich mit nichten ſtuͤtzen auf die Guͤtigkeit und Lebhafftigkeit ſeines Geiſtes/ dann eben gleichwie ein gutes und herrliches Land/ welches man nicht pfluͤget/ und darein eine Hand nicht ſaͤet/ nichts bringet als Dornen und Unkraut: Alſo verleſcht auch ein hohes Gemuͤth und hoher Geiſt/ welchen man nicht erbauet und bey Zeiten zu der Tugend und der Arbeit ge- wehnet/ und verdunckelt ſich gaͤntzlich durch das Laſter/ welches ihn leichtlich einnimt. Die Klugheit wird nicht nur mit den Jah- ren/ und durch einen langen Gebrauch der Dinge erlanget/ ſondern das Studiren/ Betrachten und die Bemuͤhung macht/ daß man dieſelbe vor der Zeit bekomt. Man muß ſich nicht gaͤntzlich auf die Erfahrung ver- H 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/192
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 191[181]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/192>, abgerufen am 21.11.2024.