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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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dar als Austausch von Geld gegen Waare und Wiederaustausch dersel-
ben
Waare gegen Geld, Waare kaufen um sie zu verkaufen, oder, wenn
man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf übersieht, mit dem
Geld Waare und mit der Waare Geld kaufen2). Was aber das Resultat
des Prozesses angeht, so erlischt er im Austausch von Geld gegen
Geld
, G -- G. Wenn ich für 100 Pfd. St. 2000 Pfund Baum-
wolle kaufe und die 2000 Pfund Baumwolle wieder für 110 Pfd. St. ver-
kaufe, so habe ich schliesslich 100 Pfd. St. gegen 110 Pfd. St. ausge-
tauscht, Geld gegen Geld.

Es ist nun zwar augenscheinlich, dass der Circulationsprozess G --
W -- G abgeschmackt und inhaltslos wäre, wollte man vermittelst seines
Umwegs denselben Geldwerth gegen denselben Geldwerth, also z. B.
100 Pfd. St. gegen 100 Pfd. St. austauschen. Ungleich einfacher und
sichrer wäre die Methode des Schatzbildners, der die 100 Pfd. St. fest-
hält, statt sie der Circulationsgefahr preiszugeben. Andrerseits, ob der
Kaufmann die mit 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wieder verkauft zu
110 Pfd. St., oder ob er sie zu 100 Pfd. St. und selbst zu 50 Pfd. St.
losschlagen muss, unter allen Umständen hat sein Geld eine eigenthüm-
liche und originelle Bewegung beschrieben, durchaus verschieden von der,
die es in der einfachen Waarencirculation beschreibt, z. B. in der Hand
des Bauern, der Korn verkauft und mit dem so gelösten Geld Kleider
kauft. Es gilt also zunächst die Charakteristik der Formunterschiede
zwischen den Kreisläufen G -- W -- G und W -- G -- W. Damit wird
sich zugleich der inhaltliche Unterschied ergeben, der hinter diesen Form-
unterschieden lauert.

Sehn wir zunächst, was beiden Formen gemeinsam.

Beide Kreisläufe zerfallen in dieselben zwei entgegengesetzten Phasen,
W -- G, Verkauf, und G -- W, Kauf.. Jede dieser Phasen für sich be-
trachtet, ist kein Unterschied zu erkennen. Die den Prozess eingehenden
Elemente sind in beiden Formen dieselben, Waare und Geld. In jedem
Abschnitt der beiden Kreisläufe stehn sich dieselben ökonomischen Charak-
termasken gegenüber, Käufer und Verkäufer. In beiden Prozessen treten

2) "Avec de l'argent on achete des marchandises, et avec des marchandises
on achete de l'argent." (Mercier de la Riviere: "L'ordre naturel
et essentiel des societes publiques
", p. 543.)

dar als Austausch von Geld gegen Waare und Wiederaustausch dersel-
ben
Waare gegen Geld, Waare kaufen um sie zu verkaufen, oder, wenn
man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf übersieht, mit dem
Geld Waare und mit der Waare Geld kaufen2). Was aber das Resultat
des Prozesses angeht, so erlischt er im Austausch von Geld gegen
Geld
, G — G. Wenn ich für 100 Pfd. St. 2000 Pfund Baum-
wolle kaufe und die 2000 Pfund Baumwolle wieder für 110 Pfd. St. ver-
kaufe, so habe ich schliesslich 100 Pfd. St. gegen 110 Pfd. St. ausge-
tauscht, Geld gegen Geld.

Es ist nun zwar augenscheinlich, dass der Circulationsprozess G —
W — G abgeschmackt und inhaltslos wäre, wollte man vermittelst seines
Umwegs denselben Geldwerth gegen denselben Geldwerth, also z. B.
100 Pfd. St. gegen 100 Pfd. St. austauschen. Ungleich einfacher und
sichrer wäre die Methode des Schatzbildners, der die 100 Pfd. St. fest-
hält, statt sie der Circulationsgefahr preiszugeben. Andrerseits, ob der
Kaufmann die mit 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wieder verkauft zu
110 Pfd. St., oder ob er sie zu 100 Pfd. St. und selbst zu 50 Pfd. St.
losschlagen muss, unter allen Umständen hat sein Geld eine eigenthüm-
liche und originelle Bewegung beschrieben, durchaus verschieden von der,
die es in der einfachen Waarencirculation beschreibt, z. B. in der Hand
des Bauern, der Korn verkauft und mit dem so gelösten Geld Kleider
kauft. Es gilt also zunächst die Charakteristik der Formunterschiede
zwischen den Kreisläufen G — W — G und W — G — W. Damit wird
sich zugleich der inhaltliche Unterschied ergeben, der hinter diesen Form-
unterschieden lauert.

Sehn wir zunächst, was beiden Formen gemeinsam.

Beide Kreisläufe zerfallen in dieselben zwei entgegengesetzten Phasen,
W — G, Verkauf, und G — W, Kauf.. Jede dieser Phasen für sich be-
trachtet, ist kein Unterschied zu erkennen. Die den Prozess eingehenden
Elemente sind in beiden Formen dieselben, Waare und Geld. In jedem
Abschnitt der beiden Kreisläufe stehn sich dieselben ökonomischen Charak-
termasken gegenüber, Käufer und Verkäufer. In beiden Prozessen treten

2) „Avec de l’argent on achète des marchandises, et avec des marchandises
on achète de l’argent.“ (Mercier de la Rivière: „L’ordre naturel
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“, p. 543.)
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[108/0127] dar als Austausch von Geld gegen Waare und Wiederaustausch dersel- ben Waare gegen Geld, Waare kaufen um sie zu verkaufen, oder, wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf übersieht, mit dem Geld Waare und mit der Waare Geld kaufen 2). Was aber das Resultat des Prozesses angeht, so erlischt er im Austausch von Geld gegen Geld, G — G. Wenn ich für 100 Pfd. St. 2000 Pfund Baum- wolle kaufe und die 2000 Pfund Baumwolle wieder für 110 Pfd. St. ver- kaufe, so habe ich schliesslich 100 Pfd. St. gegen 110 Pfd. St. ausge- tauscht, Geld gegen Geld. Es ist nun zwar augenscheinlich, dass der Circulationsprozess G — W — G abgeschmackt und inhaltslos wäre, wollte man vermittelst seines Umwegs denselben Geldwerth gegen denselben Geldwerth, also z. B. 100 Pfd. St. gegen 100 Pfd. St. austauschen. Ungleich einfacher und sichrer wäre die Methode des Schatzbildners, der die 100 Pfd. St. fest- hält, statt sie der Circulationsgefahr preiszugeben. Andrerseits, ob der Kaufmann die mit 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wieder verkauft zu 110 Pfd. St., oder ob er sie zu 100 Pfd. St. und selbst zu 50 Pfd. St. losschlagen muss, unter allen Umständen hat sein Geld eine eigenthüm- liche und originelle Bewegung beschrieben, durchaus verschieden von der, die es in der einfachen Waarencirculation beschreibt, z. B. in der Hand des Bauern, der Korn verkauft und mit dem so gelösten Geld Kleider kauft. Es gilt also zunächst die Charakteristik der Formunterschiede zwischen den Kreisläufen G — W — G und W — G — W. Damit wird sich zugleich der inhaltliche Unterschied ergeben, der hinter diesen Form- unterschieden lauert. Sehn wir zunächst, was beiden Formen gemeinsam. Beide Kreisläufe zerfallen in dieselben zwei entgegengesetzten Phasen, W — G, Verkauf, und G — W, Kauf.. Jede dieser Phasen für sich be- trachtet, ist kein Unterschied zu erkennen. Die den Prozess eingehenden Elemente sind in beiden Formen dieselben, Waare und Geld. In jedem Abschnitt der beiden Kreisläufe stehn sich dieselben ökonomischen Charak- termasken gegenüber, Käufer und Verkäufer. In beiden Prozessen treten 2) „Avec de l’argent on achète des marchandises, et avec des marchandises on achète de l’argent.“ (Mercier de la Rivière: „L’ordre naturel et essentiel des sociétés publiques“, p. 543.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/127>, abgerufen am 24.11.2024.