Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

andern Geldsumme überhaupt nur durch ihre Grösse unterscheiden. Der
Prozess G -- W -- G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualita-
tiven Unterschied
seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, son-
dern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schliesslich
wird der Circulation mehr Geld entzogen als Anfangs hineingeworfen
ward. Die zu 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wird z. B. wieder ver-
kauft zu 100 + 10 Pfd. St. oder 110 Pfd. St. Die vollständige Form
dieses Prozesses ist daher G -- W -- G', wo G' = G + G, d. h.
gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Incre-
ment. Diess Increment oder den Ueberschuss über den ursprünglichen
Werth nenne ich Mehrwerth (surplus value). Der ursprünglich
vorgeschossene Werth erhält sich daher nicht nur in der Circulation, son-
dern in ihr verändert er seine Werthgrösse, setzt einen Mehr-
werth
zu, oder verwerthet sich. Und diese Bewegung verwandelt
ihn in Kapital.

Es ist zwar auch möglich, dass in W -- G -- W die beiden Extreme
W, W, z. B. Korn und Kleider, quantitativ verschiedne Werth-
grössen
sind. Der Bauer kann sein Korn über dem Werth verkauft
oder die Kleider unter ihrem Werth gekauft haben. Er kann seinerseits
vom Kleiderhändler geprellt werden. Solche Werthverschiedenheit bleibt
jedoch für diese Circulationsform selbst rein zufällig. Sinn
und Verstand verliert sie nicht schier, wie der Prozess G -- W -- G,
wenn die beiden Extreme, Korn und Kleider z. B., Aequivalente sind.
Ihr Gleichwerth ist hier vielmehr Bedingung des normalen Verlaufs.

Die Wiederholung oder Erneurung des Verkaufs um zu kaufen
findet, wie dieser Prozess selbst, Mass und Ziel an einem ausser ihm lie-
genden Endzwecke, der Consumtion, der Befriedigung bestimmter Bedürf-
nisse. Im Kauf für den Verkauf dagegen sind Anfang und Ende
dasselbe, Geld, Tauschwerth, und schon dadurch ist die Bewegung
endlos. Allerdings ist aus G, G + G geworden, aus den 100 Pfd.
St., 100 + 10. Aber blos die Form betrachtet, sind 110 Pfd. St. das-
selbe wie 100 Pfd. St., nämlich Geld. Und die Werthgrösse betrachtet,
sind 110 Pfd. eine beschränkte Werthsumme wie 100 Pfd. St.
Würden die 110 Pfd. St. als Geld verausgabt, so fielen sie aus ihrer
Rolle. Sie hörten auf Kapital zu sein. Der Circulation entzogen, ver-
steinern sie zum Schatz und kein Farthing wächst ihnen an, ob sie bis

andern Geldsumme überhaupt nur durch ihre Grösse unterscheiden. Der
Prozess G — W — G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualita-
tiven Unterschied
seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, son-
dern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schliesslich
wird der Circulation mehr Geld entzogen als Anfangs hineingeworfen
ward. Die zu 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wird z. B. wieder ver-
kauft zu 100 + 10 Pfd. St. oder 110 Pfd. St. Die vollständige Form
dieses Prozesses ist daher G — W — G', wo G' = G + ∆ G, d. h.
gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Incre-
ment. Diess Increment oder den Ueberschuss über den ursprünglichen
Werth nenne ich Mehrwerth (surplus value). Der ursprünglich
vorgeschossene Werth erhält sich daher nicht nur in der Circulation, son-
dern in ihr verändert er seine Werthgrösse, setzt einen Mehr-
werth
zu, oder verwerthet sich. Und diese Bewegung verwandelt
ihn in Kapital.

Es ist zwar auch möglich, dass in W — G — W die beiden Extreme
W, W, z. B. Korn und Kleider, quantitativ verschiedne Werth-
grössen
sind. Der Bauer kann sein Korn über dem Werth verkauft
oder die Kleider unter ihrem Werth gekauft haben. Er kann seinerseits
vom Kleiderhändler geprellt werden. Solche Werthverschiedenheit bleibt
jedoch für diese Circulationsform selbst rein zufällig. Sinn
und Verstand verliert sie nicht schier, wie der Prozess G — W — G,
wenn die beiden Extreme, Korn und Kleider z. B., Aequivalente sind.
Ihr Gleichwerth ist hier vielmehr Bedingung des normalen Verlaufs.

Die Wiederholung oder Erneurung des Verkaufs um zu kaufen
findet, wie dieser Prozess selbst, Mass und Ziel an einem ausser ihm lie-
genden Endzwecke, der Consumtion, der Befriedigung bestimmter Bedürf-
nisse. Im Kauf für den Verkauf dagegen sind Anfang und Ende
dasselbe, Geld, Tauschwerth, und schon dadurch ist die Bewegung
endlos. Allerdings ist aus G, G + ∆ G geworden, aus den 100 Pfd.
St., 100 + 10. Aber blos die Form betrachtet, sind 110 Pfd. St. das-
selbe wie 100 Pfd. St., nämlich Geld. Und die Werthgrösse betrachtet,
sind 110 Pfd. eine beschränkte Werthsumme wie 100 Pfd. St.
Würden die 110 Pfd. St. als Geld verausgabt, so fielen sie aus ihrer
Rolle. Sie hörten auf Kapital zu sein. Der Circulation entzogen, ver-
steinern sie zum Schatz und kein Farthing wächst ihnen an, ob sie bis

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0131" n="112"/>
andern Geldsumme überhaupt nur durch ihre <hi rendition="#g">Grösse</hi> unterscheiden. Der<lb/>
Prozess G &#x2014; W &#x2014; G schuldet seinen Inhalt daher keinem <hi rendition="#g">qualita-<lb/>
tiven Unterschied</hi> seiner Extreme, denn sie sind beide <hi rendition="#g">Geld</hi>, son-<lb/>
dern nur ihrer <hi rendition="#g">quantitativen Verschiedenheit</hi>. Schliesslich<lb/>
wird der Circulation mehr Geld entzogen als Anfangs hineingeworfen<lb/>
ward. Die zu 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wird z. B. wieder ver-<lb/>
kauft zu 100 + 10 Pfd. St. oder 110 Pfd. St. Die vollständige Form<lb/>
dieses Prozesses ist daher G &#x2014; W &#x2014; G', wo G' = G + &#x2206; G, d. h.<lb/>
gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Incre-<lb/>
ment. Diess Increment oder den Ueberschuss über den ursprünglichen<lb/>
Werth nenne ich <hi rendition="#g">Mehrwerth</hi> (<hi rendition="#g">surplus value</hi>). Der ursprünglich<lb/>
vorgeschossene Werth erhält sich daher nicht nur in der Circulation, son-<lb/>
dern in ihr <hi rendition="#g">verändert</hi> er seine <hi rendition="#g">Werthgrösse</hi>, setzt einen <hi rendition="#g">Mehr-<lb/>
werth</hi> zu, oder <hi rendition="#g">verwerthet</hi> sich. Und diese Bewegung <hi rendition="#g">verwandelt</hi><lb/>
ihn in <hi rendition="#g">Kapital</hi>.</p><lb/>
            <p>Es ist zwar auch möglich, dass in W &#x2014; G &#x2014; W die beiden Extreme<lb/>
W, W, z. B. Korn und Kleider, <hi rendition="#g">quantitativ verschiedne Werth-<lb/>
grössen</hi> sind. Der Bauer kann sein Korn <hi rendition="#g">über</hi> dem Werth verkauft<lb/>
oder die Kleider unter ihrem Werth gekauft haben. Er kann seinerseits<lb/>
vom Kleiderhändler geprellt werden. Solche Werthverschiedenheit bleibt<lb/>
jedoch <hi rendition="#g">für diese Circulationsform selbst</hi> rein zufällig. Sinn<lb/>
und Verstand verliert sie nicht schier, wie der Prozess G &#x2014; W &#x2014; G,<lb/>
wenn die beiden Extreme, Korn und Kleider z. B., Aequivalente sind.<lb/>
Ihr Gleichwerth ist hier vielmehr Bedingung des normalen Verlaufs.</p><lb/>
            <p>Die Wiederholung oder Erneurung des <hi rendition="#g">Verkaufs um zu kaufen</hi><lb/>
findet, wie dieser Prozess selbst, Mass und Ziel an einem <hi rendition="#g">ausser ihm</hi> lie-<lb/>
genden Endzwecke, der Consumtion, der Befriedigung bestimmter Bedürf-<lb/>
nisse. Im <hi rendition="#g">Kauf für den Verkauf</hi> dagegen sind Anfang und Ende<lb/>
dasselbe, <hi rendition="#g">Geld</hi>, Tauschwerth, und schon dadurch ist die Bewegung<lb/>
endlos. Allerdings ist aus G, G + &#x2206; G geworden, aus den 100 Pfd.<lb/>
St., 100 + 10. Aber blos die Form betrachtet, sind 110 Pfd. St. das-<lb/>
selbe wie 100 Pfd. St., nämlich Geld. Und die Werthgrösse betrachtet,<lb/>
sind 110 Pfd. eine <hi rendition="#g">beschränkte</hi> Werthsumme wie 100 Pfd. St.<lb/>
Würden die 110 Pfd. St. als Geld <hi rendition="#g">verausgabt</hi>, so fielen sie aus ihrer<lb/>
Rolle. Sie hörten auf <hi rendition="#g">Kapital</hi> zu sein. Der Circulation entzogen, ver-<lb/>
steinern sie zum Schatz und kein Farthing wächst ihnen an, ob sie bis<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0131] andern Geldsumme überhaupt nur durch ihre Grösse unterscheiden. Der Prozess G — W — G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualita- tiven Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, son- dern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schliesslich wird der Circulation mehr Geld entzogen als Anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd. St. gekaufte Baumwolle wird z. B. wieder ver- kauft zu 100 + 10 Pfd. St. oder 110 Pfd. St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G — W — G', wo G' = G + ∆ G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Incre- ment. Diess Increment oder den Ueberschuss über den ursprünglichen Werth nenne ich Mehrwerth (surplus value). Der ursprünglich vorgeschossene Werth erhält sich daher nicht nur in der Circulation, son- dern in ihr verändert er seine Werthgrösse, setzt einen Mehr- werth zu, oder verwerthet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital. Es ist zwar auch möglich, dass in W — G — W die beiden Extreme W, W, z. B. Korn und Kleider, quantitativ verschiedne Werth- grössen sind. Der Bauer kann sein Korn über dem Werth verkauft oder die Kleider unter ihrem Werth gekauft haben. Er kann seinerseits vom Kleiderhändler geprellt werden. Solche Werthverschiedenheit bleibt jedoch für diese Circulationsform selbst rein zufällig. Sinn und Verstand verliert sie nicht schier, wie der Prozess G — W — G, wenn die beiden Extreme, Korn und Kleider z. B., Aequivalente sind. Ihr Gleichwerth ist hier vielmehr Bedingung des normalen Verlaufs. Die Wiederholung oder Erneurung des Verkaufs um zu kaufen findet, wie dieser Prozess selbst, Mass und Ziel an einem ausser ihm lie- genden Endzwecke, der Consumtion, der Befriedigung bestimmter Bedürf- nisse. Im Kauf für den Verkauf dagegen sind Anfang und Ende dasselbe, Geld, Tauschwerth, und schon dadurch ist die Bewegung endlos. Allerdings ist aus G, G + ∆ G geworden, aus den 100 Pfd. St., 100 + 10. Aber blos die Form betrachtet, sind 110 Pfd. St. das- selbe wie 100 Pfd. St., nämlich Geld. Und die Werthgrösse betrachtet, sind 110 Pfd. eine beschränkte Werthsumme wie 100 Pfd. St. Würden die 110 Pfd. St. als Geld verausgabt, so fielen sie aus ihrer Rolle. Sie hörten auf Kapital zu sein. Der Circulation entzogen, ver- steinern sie zum Schatz und kein Farthing wächst ihnen an, ob sie bis

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/131
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/131>, abgerufen am 21.11.2024.