sie möglichst popularisirt1). Anders mit der Analyse der Werth- form. Sie ist schwerverständlich, weil die Dialektik viel schär- fer ist als in der ersten Darstellung. Ich rathe daher dem nicht durchaus in dialektisches Denken eingewohnten Leser, den Abschnitt von p. 15 (Zeile 19 von oben) bis Ende p. 34 ganz zu überschlagen, und statt dessen den dem Buch zu- gefügten Anhang: "Die Werthform" zu lesen. Dort wird versucht, die Sache so einfach und selbst so schulmeisterlich dar- zustellen, als ihre wissenschaftliche Fassung erlaubt. Nach Be- endigung des Anhangs kann der Leser dann im Text wieder fort- fahren mit p. 35.
Die Werthform, deren fertige Gestalt die Geldform, ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist sie seit mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht, während andrerseits die Analyse viel inhaltsvollerer und kompli- cirterer Formen wenigstens annähernd gelang. Warum? Weil der ausgebildete Körper leichter zu studiren ist als die Körper- zelle. Bei der Analyse der ökonomischen Formen kann ausser- dem weder das Mikroskop dienen, noch chemische Reagentien. Die Abstraktionskraft muss beide ersetzen. Für die bürgerliche Gesellschaft ist aber die Waarenform des Arbeitsprodukts oder die Werthform der Waare die ökonomische Zellen- form. Dem Ungebildeten scheint sich ihre Analyse in blossen Spitzfindigkeiten herumzutreiben. Es handelt sich dabei
1) Es schien diess um so nöthiger, als selbst der Abschnitt von F. Las- salle's Schrift gegen Schultze-Delitzsch, worin er "die geistige Quint- essenz" meiner Entwicklung über jene Themate zu geben erklärt, bedeutende Missverständnisse enthält. En passant. Wenn F. Lassalle die sämmt- lichen allgemeinen theoretischen Sätze seiner ökonomischen Ar- beiten, z. B. über den historischen Charakter des Kapitals, über den Zu- sammenhang zwischen Produktionsverhältnissen und Produk- tionsweise u. s. w. u. s. w. fast wörtlich, bis auf die von mir geschaffene Terminologie hinab, aus meinen Schriften entlehnt hat, und zwar ohne Quellenangabe, so war diess Verfahren wohl durch Propagandarücksichten bestimmt. Ich spreche natürlich nicht von seinen Detailausführungen und Nutz- anwendungen, mit denen ich nichts zu thun habe.
sie möglichst popularisirt1). Anders mit der Analyse der Werth- form. Sie ist schwerverständlich, weil die Dialektik viel schär- fer ist als in der ersten Darstellung. Ich rathe daher dem nicht durchaus in dialektisches Denken eingewohnten Leser, den Abschnitt von p. 15 (Zeile 19 von oben) bis Ende p. 34 ganz zu überschlagen, und statt dessen den dem Buch zu- gefügten Anhang: „Die Werthform“ zu lesen. Dort wird versucht, die Sache so einfach und selbst so schulmeisterlich dar- zustellen, als ihre wissenschaftliche Fassung erlaubt. Nach Be- endigung des Anhangs kann der Leser dann im Text wieder fort- fahren mit p. 35.
Die Werthform, deren fertige Gestalt die Geldform, ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist sie seit mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht, während andrerseits die Analyse viel inhaltsvollerer und kompli- cirterer Formen wenigstens annähernd gelang. Warum? Weil der ausgebildete Körper leichter zu studiren ist als die Körper- zelle. Bei der Analyse der ökonomischen Formen kann ausser- dem weder das Mikroskop dienen, noch chemische Reagentien. Die Abstraktionskraft muss beide ersetzen. Für die bürgerliche Gesellschaft ist aber die Waarenform des Arbeitsprodukts oder die Werthform der Waare die ökonomische Zellen- form. Dem Ungebildeten scheint sich ihre Analyse in blossen Spitzfindigkeiten herumzutreiben. Es handelt sich dabei
1) Es schien diess um so nöthiger, als selbst der Abschnitt von F. Las- salle’s Schrift gegen Schultze-Delitzsch, worin er „die geistige Quint- essenz“ meiner Entwicklung über jene Themate zu geben erklärt, bedeutende Missverständnisse enthält. En passant. Wenn F. Lassalle die sämmt- lichen allgemeinen theoretischen Sätze seiner ökonomischen Ar- beiten, z. B. über den historischen Charakter des Kapitals, über den Zu- sammenhang zwischen Produktionsverhältnissen und Produk- tionsweise u. s. w. u. s. w. fast wörtlich, bis auf die von mir geschaffene Terminologie hinab, aus meinen Schriften entlehnt hat, und zwar ohne Quellenangabe, so war diess Verfahren wohl durch Propagandarücksichten bestimmt. Ich spreche natürlich nicht von seinen Detailausführungen und Nutz- anwendungen, mit denen ich nichts zu thun habe.
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[VIII/0015]
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form. Sie ist schwerverständlich, weil die Dialektik viel schär-
fer ist als in der ersten Darstellung. Ich rathe daher dem
nicht durchaus in dialektisches Denken eingewohnten Leser,
den Abschnitt von p. 15 (Zeile 19 von oben) bis Ende p. 34
ganz zu überschlagen, und statt dessen den dem Buch zu-
gefügten Anhang: „Die Werthform“ zu lesen. Dort wird
versucht, die Sache so einfach und selbst so schulmeisterlich dar-
zustellen, als ihre wissenschaftliche Fassung erlaubt. Nach Be-
endigung des Anhangs kann der Leser dann im Text wieder fort-
fahren mit p. 35.
Die Werthform, deren fertige Gestalt die Geldform,
ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist
sie seit mehr als 2000 Jahren vergeblich zu ergründen gesucht,
während andrerseits die Analyse viel inhaltsvollerer und kompli-
cirterer Formen wenigstens annähernd gelang. Warum? Weil
der ausgebildete Körper leichter zu studiren ist als die Körper-
zelle. Bei der Analyse der ökonomischen Formen kann ausser-
dem weder das Mikroskop dienen, noch chemische Reagentien.
Die Abstraktionskraft muss beide ersetzen. Für die bürgerliche
Gesellschaft ist aber die Waarenform des Arbeitsprodukts oder
die Werthform der Waare die ökonomische Zellen-
form. Dem Ungebildeten scheint sich ihre Analyse in blossen
Spitzfindigkeiten herumzutreiben. Es handelt sich dabei
1) Es schien diess um so nöthiger, als selbst der Abschnitt von F. Las-
salle’s Schrift gegen Schultze-Delitzsch, worin er „die geistige Quint-
essenz“ meiner Entwicklung über jene Themate zu geben erklärt, bedeutende
Missverständnisse enthält. En passant. Wenn F. Lassalle die sämmt-
lichen allgemeinen theoretischen Sätze seiner ökonomischen Ar-
beiten, z. B. über den historischen Charakter des Kapitals, über den Zu-
sammenhang zwischen Produktionsverhältnissen und Produk-
tionsweise u. s. w. u. s. w. fast wörtlich, bis auf die von mir geschaffene
Terminologie hinab, aus meinen Schriften entlehnt hat, und zwar ohne
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bestimmt. Ich spreche natürlich nicht von seinen Detailausführungen und Nutz-
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/15>, abgerufen am 21.11.2024.
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