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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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centration der Arbeiter in demselben Raum und die Gleichzeitigkeit ihrer
Arbeiten anders zu vernutzen. Es soll z. B. ein grösseres Quantum fer-
tiger Waare in einer bestimmten Zeitfrist geliefert werden. Die Arbeit
wird daher vertheilt. Statt die verschiedenen Operationen von dem-
selben Handwerker in einer zeitlichen Reihefolge verrichten zu lassen,
werden sie von einander losgelöst, isolirt, räumlich neben einander gestellt,
jede derselben einem andern Handwerker zugewiesen und alle zusammen
von den Cooperirenden gleichzeitig ausgeführt. Diese zufällige Verthei-
lung
wiederholt sich, zeigt ihre eigenthümlichen Vortheile, und verknö-
chert nach und nach zur systematischen Theilung der Arbeit. Aus
dem individuellen Produkt eines selbstständigen Handwerkers, der
vielerlei thut, verwandelt sich die Waare in das gesellschaftliche
Produkt eines Vereins von Handwerkern, von denen jeder fortwährend nur
eine und dieselbe Theiloperation verrichtet. Dieselben Operationen, die
in einander flossen als successive Verrichtungen des deutschen zünftigen
Papiermachers, verselbstständigten sich in der holländischen Papiermanufak-
tur zu nebeneinander laufenden Theiloperationen vieler cooperirenden Ar-
beiter. Der zünftige Nadler von Nürnberg bildet das Grundelement der eng-
lischen Nadelmanufaktur. Während aber jener eine Nadler eine Reihe von
vielleicht 20 Operationen nach einander durchlief, verrichteten hier bald 20
Nadler neben einander, jeder nur eine der 20 Operationen, die in Folge von
Erfahrungen noch viel weiter gespaltet, isolirt, und zu ausschliesslichen
Funktionen einzelner Arbeiter verselbstständigt wurden.

Die Ursprungsweise der Manufaktur, ihre Herausbildung aus dem
Handwerk, ist also zwieschlächtig. Einerseits geht sie von der Kom-
bination verschiedenartiger, selbstständiger
Handwerke aus, die
bis zu dem Punkt verunselbstständigt und vereinseitigt werden,
wo sie nur noch einander ergänzende Theiloperationen im Produktions-
prozess einer und derselben Waare bilden. Andrerseits geht sie von der
Cooperation gleichartiger Handwerker aus, zersetzt dasselbe
individuelle Handwerk in seine verschiednen besondern Operationen, und
isolirt und verselbstständigt diese bis zu dem Punkt, wo jede der-
selben zur ausschliesslichen Funktion eines besondern Arbeiters wird. Einer-
seits führt daher die Manufaktur Theilung der Arbeit in einen Produk-
tionsprozess ein oder entwickelt sie weiter, andrerseits kombinirt sie früher
geschiedene Handwerke. Welches aber immer ihr besondrer Ausgangs-

centration der Arbeiter in demselben Raum und die Gleichzeitigkeit ihrer
Arbeiten anders zu vernutzen. Es soll z. B. ein grösseres Quantum fer-
tiger Waare in einer bestimmten Zeitfrist geliefert werden. Die Arbeit
wird daher vertheilt. Statt die verschiedenen Operationen von dem-
selben Handwerker in einer zeitlichen Reihefolge verrichten zu lassen,
werden sie von einander losgelöst, isolirt, räumlich neben einander gestellt,
jede derselben einem andern Handwerker zugewiesen und alle zusammen
von den Cooperirenden gleichzeitig ausgeführt. Diese zufällige Verthei-
lung
wiederholt sich, zeigt ihre eigenthümlichen Vortheile, und verknö-
chert nach und nach zur systematischen Theilung der Arbeit. Aus
dem individuellen Produkt eines selbstständigen Handwerkers, der
vielerlei thut, verwandelt sich die Waare in das gesellschaftliche
Produkt eines Vereins von Handwerkern, von denen jeder fortwährend nur
eine und dieselbe Theiloperation verrichtet. Dieselben Operationen, die
in einander flossen als successive Verrichtungen des deutschen zünftigen
Papiermachers, verselbstständigten sich in der holländischen Papiermanufak-
tur zu nebeneinander laufenden Theiloperationen vieler cooperirenden Ar-
beiter. Der zünftige Nadler von Nürnberg bildet das Grundelement der eng-
lischen Nadelmanufaktur. Während aber jener eine Nadler eine Reihe von
vielleicht 20 Operationen nach einander durchlief, verrichteten hier bald 20
Nadler neben einander, jeder nur eine der 20 Operationen, die in Folge von
Erfahrungen noch viel weiter gespaltet, isolirt, und zu ausschliesslichen
Funktionen einzelner Arbeiter verselbstständigt wurden.

Die Ursprungsweise der Manufaktur, ihre Herausbildung aus dem
Handwerk, ist also zwieschlächtig. Einerseits geht sie von der Kom-
bination verschiedenartiger, selbstständiger
Handwerke aus, die
bis zu dem Punkt verunselbstständigt und vereinseitigt werden,
wo sie nur noch einander ergänzende Theiloperationen im Produktions-
prozess einer und derselben Waare bilden. Andrerseits geht sie von der
Cooperation gleichartiger Handwerker aus, zersetzt dasselbe
individuelle Handwerk in seine verschiednen besondern Operationen, und
isolirt und verselbstständigt diese bis zu dem Punkt, wo jede der-
selben zur ausschliesslichen Funktion eines besondern Arbeiters wird. Einer-
seits führt daher die Manufaktur Theilung der Arbeit in einen Produk-
tionsprozess ein oder entwickelt sie weiter, andrerseits kombinirt sie früher
geschiedene Handwerke. Welches aber immer ihr besondrer Ausgangs-

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[320/0339] centration der Arbeiter in demselben Raum und die Gleichzeitigkeit ihrer Arbeiten anders zu vernutzen. Es soll z. B. ein grösseres Quantum fer- tiger Waare in einer bestimmten Zeitfrist geliefert werden. Die Arbeit wird daher vertheilt. Statt die verschiedenen Operationen von dem- selben Handwerker in einer zeitlichen Reihefolge verrichten zu lassen, werden sie von einander losgelöst, isolirt, räumlich neben einander gestellt, jede derselben einem andern Handwerker zugewiesen und alle zusammen von den Cooperirenden gleichzeitig ausgeführt. Diese zufällige Verthei- lung wiederholt sich, zeigt ihre eigenthümlichen Vortheile, und verknö- chert nach und nach zur systematischen Theilung der Arbeit. Aus dem individuellen Produkt eines selbstständigen Handwerkers, der vielerlei thut, verwandelt sich die Waare in das gesellschaftliche Produkt eines Vereins von Handwerkern, von denen jeder fortwährend nur eine und dieselbe Theiloperation verrichtet. Dieselben Operationen, die in einander flossen als successive Verrichtungen des deutschen zünftigen Papiermachers, verselbstständigten sich in der holländischen Papiermanufak- tur zu nebeneinander laufenden Theiloperationen vieler cooperirenden Ar- beiter. Der zünftige Nadler von Nürnberg bildet das Grundelement der eng- lischen Nadelmanufaktur. Während aber jener eine Nadler eine Reihe von vielleicht 20 Operationen nach einander durchlief, verrichteten hier bald 20 Nadler neben einander, jeder nur eine der 20 Operationen, die in Folge von Erfahrungen noch viel weiter gespaltet, isolirt, und zu ausschliesslichen Funktionen einzelner Arbeiter verselbstständigt wurden. Die Ursprungsweise der Manufaktur, ihre Herausbildung aus dem Handwerk, ist also zwieschlächtig. Einerseits geht sie von der Kom- bination verschiedenartiger, selbstständiger Handwerke aus, die bis zu dem Punkt verunselbstständigt und vereinseitigt werden, wo sie nur noch einander ergänzende Theiloperationen im Produktions- prozess einer und derselben Waare bilden. Andrerseits geht sie von der Cooperation gleichartiger Handwerker aus, zersetzt dasselbe individuelle Handwerk in seine verschiednen besondern Operationen, und isolirt und verselbstständigt diese bis zu dem Punkt, wo jede der- selben zur ausschliesslichen Funktion eines besondern Arbeiters wird. Einer- seits führt daher die Manufaktur Theilung der Arbeit in einen Produk- tionsprozess ein oder entwickelt sie weiter, andrerseits kombinirt sie früher geschiedene Handwerke. Welches aber immer ihr besondrer Ausgangs-

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/339>, abgerufen am 22.11.2024.