die aus der Theilung der Arbeit entspringende völlige Verkümmerung der Volksmasse zu verhindern, empfiehlt A. Smith Volksunterricht von Staats- wegen, wenn auch in vorsichtig homöopathischen Dosen. Konsequent polemisirt dagegen sein französischer Uebersetzer und Kommentator, G. Garnier, der sich unter dem ersten französischen Kaiserthum natur- gemäss zum Senator entpuppte. Volksunterricht verstosse wider die ersten Gesetze der Theilung der Arbeit und mit demselben "proscribire man unser ganzes Gesellschaftssystem". "Wie alle andern Theilungen der Arbeit", sagt er, "wird die zwischen Handarbeit und Ver- standesarbeit71) ausgesprochner und entschiedner im Masse wie die Ge- sellschaft (er wendet richtig diesen Ausdruck an für das Kapital, das Grundeigenthum und ihren Staat) reicher wird. Gleich jeder andern ist diese Theilung der Arbeit eine Wirkung vergangner und eine Ursache künftiger Fortschritte ... Darf die Regierung denn dieser Theilung der Arbeit entgegenwirken und sie in ihrem naturgemässen Gang aufhalten? Darf sie einen Theil der Staatseinnahme zum Versuch verwenden, zwei Klassen von Arbeit, die ihre Theilung und Trennung erstreben, zu verwir- ren und zu vermischen"?72)
Eine gewisse geistige und körperliche Verkrüppelung ist unzertrenn- lich selbst von der Theilung der Arbeit im Ganzen und Grossen der Gesell- schaft. Da aber die Manufakturperiode diese gesellschaftliche Zerspal- tung der Arbeitszweige viel weiter führt, andrerseits erst mit der ihr eigen- thümlichen Theilung das Individuum an seiner Lebenswurzel ergreift,
wickelt hatte, war A. Smith über diesen Punkt durchaus klar. Im Eingang seines Werks, wo die Theilung der Arbeit ex professo gefeiert wird, deutet er sie nur vorübergehend als Quelle der gesellschaftlichen Ungleichheiten an. Erst im 5. Buch über das Staatseinkommen reproducirt er Ferguson. Ich habe in "Misere de la Philosophie" das Nöthige über das historische Verhältniss von Ferguson, A. Smith, Lemontey und Say in ihrer Kritik der Theilung der Arbeit gegeben und dort auch zuerst die manufakturmässige Theilung der Arbeit als spezifische Form der kapitalistischen Produktionsweise dargestellt. (l. c. p. 122 sq.)
71) Ferguson sagt bereits: "l'art de penser, dans un periode ou tout est se- pare, peut lui-meme former un metier a part."
72) G. Garnier, t. V seiner Uebersetzung, p. 2--5.
die aus der Theilung der Arbeit entspringende völlige Verkümmerung der Volksmasse zu verhindern, empfiehlt A. Smith Volksunterricht von Staats- wegen, wenn auch in vorsichtig homöopathischen Dosen. Konsequent polemisirt dagegen sein französischer Uebersetzer und Kommentator, G. Garnier, der sich unter dem ersten französischen Kaiserthum natur- gemäss zum Senator entpuppte. Volksunterricht verstosse wider die ersten Gesetze der Theilung der Arbeit und mit demselben „proscribire man unser ganzes Gesellschaftssystem“. „Wie alle andern Theilungen der Arbeit“, sagt er, „wird die zwischen Handarbeit und Ver- standesarbeit71) ausgesprochner und entschiedner im Masse wie die Ge- sellschaft (er wendet richtig diesen Ausdruck an für das Kapital, das Grundeigenthum und ihren Staat) reicher wird. Gleich jeder andern ist diese Theilung der Arbeit eine Wirkung vergangner und eine Ursache künftiger Fortschritte … Darf die Regierung denn dieser Theilung der Arbeit entgegenwirken und sie in ihrem naturgemässen Gang aufhalten? Darf sie einen Theil der Staatseinnahme zum Versuch verwenden, zwei Klassen von Arbeit, die ihre Theilung und Trennung erstreben, zu verwir- ren und zu vermischen“?72)
Eine gewisse geistige und körperliche Verkrüppelung ist unzertrenn- lich selbst von der Theilung der Arbeit im Ganzen und Grossen der Gesell- schaft. Da aber die Manufakturperiode diese gesellschaftliche Zerspal- tung der Arbeitszweige viel weiter führt, andrerseits erst mit der ihr eigen- thümlichen Theilung das Individuum an seiner Lebenswurzel ergreift,
wickelt hatte, war A. Smith über diesen Punkt durchaus klar. Im Eingang seines Werks, wo die Theilung der Arbeit ex professo gefeiert wird, deutet er sie nur vorübergehend als Quelle der gesellschaftlichen Ungleichheiten an. Erst im 5. Buch über das Staatseinkommen reproducirt er Ferguson. Ich habe in „Misère de la Philosophie“ das Nöthige über das historische Verhältniss von Ferguson, A. Smith, Lemontey und Say in ihrer Kritik der Theilung der Arbeit gegeben und dort auch zuerst die manufakturmässige Theilung der Arbeit als spezifische Form der kapitalistischen Produktionsweise dargestellt. (l. c. p. 122 sq.)
71) Ferguson sagt bereits: „l’art de penser, dans un période où tout est sé- paré, peut lui-même former un métier à part.“
72) G. Garnier, t. V seiner Uebersetzung, p. 2—5.
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polemisirt dagegen sein französischer Uebersetzer und Kommentator,
G. Garnier, der sich unter dem ersten französischen Kaiserthum natur-
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ersten Gesetze der Theilung der Arbeit und mit demselben „proscribire
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Theilungen der Arbeit“, sagt er, „wird die zwischen Handarbeit und Ver-
standesarbeit 71) ausgesprochner und entschiedner im Masse wie die Ge-
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diese Theilung der Arbeit eine Wirkung vergangner und eine Ursache
künftiger Fortschritte … Darf die Regierung denn dieser Theilung der
Arbeit entgegenwirken und sie in ihrem naturgemässen Gang aufhalten?
Darf sie einen Theil der Staatseinnahme zum Versuch verwenden, zwei
Klassen von Arbeit, die ihre Theilung und Trennung erstreben, zu verwir-
ren und zu vermischen“? 72)
Eine gewisse geistige und körperliche Verkrüppelung ist unzertrenn-
lich selbst von der Theilung der Arbeit im Ganzen und Grossen der Gesell-
schaft. Da aber die Manufakturperiode diese gesellschaftliche Zerspal-
tung der Arbeitszweige viel weiter führt, andrerseits erst mit der ihr eigen-
thümlichen Theilung das Individuum an seiner Lebenswurzel ergreift,
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71) Ferguson sagt bereits: „l’art de penser, dans un période où tout est sé-
paré, peut lui-même former un métier à part.“
72) G. Garnier, t. V seiner Uebersetzung, p. 2—5.
70) wickelt hatte, war A. Smith über diesen Punkt durchaus klar. Im Eingang seines
Werks, wo die Theilung der Arbeit ex professo gefeiert wird, deutet er sie nur
vorübergehend als Quelle der gesellschaftlichen Ungleichheiten an. Erst im 5. Buch
über das Staatseinkommen reproducirt er Ferguson. Ich habe in „Misère de
la Philosophie“ das Nöthige über das historische Verhältniss von Ferguson,
A. Smith, Lemontey und Say in ihrer Kritik der Theilung der Arbeit gegeben und
dort auch zuerst die manufakturmässige Theilung der Arbeit als spezifische
Form der kapitalistischen Produktionsweise dargestellt. (l. c. p.
122 sq.)
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/367>, abgerufen am 22.11.2024.
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