Andrerseits ist die Rate des Mehrwerths nur erhöhbar, bei gegebner Grenze des Arbeitstags, durch relativen Grössenwechsel seiner Be- standtheile, der nothwendigen Arbeit und der Mehrarbeit, was sei- nerseits, soll der Lohn nicht unter den Werth der Arbeitskraft sinken, Wechsel in der Produktivität oder Intensivität der Arbeit voraussetzt.
Braucht der Arbeiter alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und seiner Race nöthigen Lebensmittel zu produciren, so bleibt ihm keine Zeit, um unentgeldlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche disponible Zeit des Arbeiters, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine Kapitalistenklasse. Ein gewisser Höhepunkt der Arbeitsproduktivität ist also überhaupt Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion, wie aller früheren Produktionsweisen, worin ein Theil der Gesellschaft nicht nur für sich selbst, sondern auch für den andern arbeitet1).
So kann von einer Naturbasis des Mehrwerths gesprochen wer- den, aber nur in dem ganz allgemeinen Sinn, dass kein absolutes Natur- hinderniss den einen abhält die zu seiner eignen Existenz nöthige Arbeit von sich selbst ab- und einem andern aufzuwälzen. Es sind durchaus nicht, wie es hier und da geschehn, mystische Vorstellungen mit dieser natur- wüchsigen Produktivität der Arbeit zu verbinden. Nur sobald die Menschen sich aus ihren ersten Thierzuständen herausgearbeitet, ihre Arbeit selbst also schon in gewissem Grad vergesellschaftet ist, treten Verhältnisse ein, worin die Mehrarbeit des einen zur Existenzbedingung des andern wird. In den Kulturanfängen sind die erworbnen Produktiv- kräfte der Arbeit gering, aber so sind die Bedürfnisse, die sich mit und an den Mitteln ihrer Befriedigung entwickeln. Ferner ist in jenen Anfängen die Proportion der Gesellschaftstheile, die von fremder Arbeit leben, ver- schwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Producenten. Mit dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst diese Proportion absolut und relativ2). Das Kapitalverhältniss
1) "The very existence of the master-capitalists as a distinct class is depen- dent on the productiveness of industry." (Ramsay l. c. p. 206.) "If each man's labour were but enough to produce his own food, there could be no pro- perty." (Ravenstone l. c. p. 14, 15.)
2) "Among the wild Indians in America, almost every thing is the labourer's, 99 parts of an hundred are to be put upon the account of Labour: In England,
Andrerseits ist die Rate des Mehrwerths nur erhöhbar, bei gegebner Grenze des Arbeitstags, durch relativen Grössenwechsel seiner Be- standtheile, der nothwendigen Arbeit und der Mehrarbeit, was sei- nerseits, soll der Lohn nicht unter den Werth der Arbeitskraft sinken, Wechsel in der Produktivität oder Intensivität der Arbeit voraussetzt.
Braucht der Arbeiter alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und seiner Race nöthigen Lebensmittel zu produciren, so bleibt ihm keine Zeit, um unentgeldlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche disponible Zeit des Arbeiters, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine Kapitalistenklasse. Ein gewisser Höhepunkt der Arbeitsproduktivität ist also überhaupt Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion, wie aller früheren Produktionsweisen, worin ein Theil der Gesellschaft nicht nur für sich selbst, sondern auch für den andern arbeitet1).
So kann von einer Naturbasis des Mehrwerths gesprochen wer- den, aber nur in dem ganz allgemeinen Sinn, dass kein absolutes Natur- hinderniss den einen abhält die zu seiner eignen Existenz nöthige Arbeit von sich selbst ab- und einem andern aufzuwälzen. Es sind durchaus nicht, wie es hier und da geschehn, mystische Vorstellungen mit dieser natur- wüchsigen Produktivität der Arbeit zu verbinden. Nur sobald die Menschen sich aus ihren ersten Thierzuständen herausgearbeitet, ihre Arbeit selbst also schon in gewissem Grad vergesellschaftet ist, treten Verhältnisse ein, worin die Mehrarbeit des einen zur Existenzbedingung des andern wird. In den Kulturanfängen sind die erworbnen Produktiv- kräfte der Arbeit gering, aber so sind die Bedürfnisse, die sich mit und an den Mitteln ihrer Befriedigung entwickeln. Ferner ist in jenen Anfängen die Proportion der Gesellschaftstheile, die von fremder Arbeit leben, ver- schwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Producenten. Mit dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst diese Proportion absolut und relativ2). Das Kapitalverhältniss
1) „The very existence of the master-capitalists as a distinct class is depen- dent on the productiveness of industry.“ (Ramsay l. c. p. 206.) „If each man’s labour were but enough to produce his own food, there could be no pro- perty.“ (Ravenstone l. c. p. 14, 15.)
2) „Among the wild Indians in America, almost every thing is the labourer’s, 99 parts of an hundred are to be put upon the account of Labour: In England,
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Andrerseits ist die Rate des Mehrwerths nur erhöhbar, bei gegebner Grenze
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nerseits, soll der Lohn nicht unter den Werth der Arbeitskraft sinken,
Wechsel in der Produktivität oder Intensivität der Arbeit voraussetzt.
Braucht der Arbeiter alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner
selbst und seiner Race nöthigen Lebensmittel zu produciren, so bleibt ihm
keine Zeit, um unentgeldlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen
gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche disponible Zeit des
Arbeiters, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher
keine Kapitalistenklasse. Ein gewisser Höhepunkt der Arbeitsproduktivität
ist also überhaupt Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion, wie
aller früheren Produktionsweisen, worin ein Theil der Gesellschaft nicht
nur für sich selbst, sondern auch für den andern arbeitet 1).
So kann von einer Naturbasis des Mehrwerths gesprochen wer-
den, aber nur in dem ganz allgemeinen Sinn, dass kein absolutes Natur-
hinderniss den einen abhält die zu seiner eignen Existenz nöthige Arbeit
von sich selbst ab- und einem andern aufzuwälzen. Es sind durchaus nicht,
wie es hier und da geschehn, mystische Vorstellungen mit dieser natur-
wüchsigen Produktivität der Arbeit zu verbinden. Nur sobald
die Menschen sich aus ihren ersten Thierzuständen herausgearbeitet, ihre
Arbeit selbst also schon in gewissem Grad vergesellschaftet ist, treten
Verhältnisse ein, worin die Mehrarbeit des einen zur Existenzbedingung
des andern wird. In den Kulturanfängen sind die erworbnen Produktiv-
kräfte der Arbeit gering, aber so sind die Bedürfnisse, die sich mit und an
den Mitteln ihrer Befriedigung entwickeln. Ferner ist in jenen Anfängen die
Proportion der Gesellschaftstheile, die von fremder Arbeit leben, ver-
schwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Producenten. Mit
dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst
diese Proportion absolut und relativ 2). Das Kapitalverhältniss
1) „The very existence of the master-capitalists as a distinct class is depen-
dent on the productiveness of industry.“ (Ramsay l. c. p. 206.) „If each
man’s labour were but enough to produce his own food, there could be no pro-
perty.“ (Ravenstone l. c. p. 14, 15.)
2) „Among the wild Indians in America, almost every thing is the labourer’s,
99 parts of an hundred are to be put upon the account of Labour: In England,
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/519>, abgerufen am 22.11.2024.
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