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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Bequemlichkeit, Willkühr und augenblicklichem Interesse die ungeheuerste
Ueberarbeit mit relativer oder gänzlicher Arbeitslosigkeit abwechseln lassen.
Er kann, unter dem Vorwand, den "normalen Preis der Arbeit" zu zahlen,
den Arbeitstag, ohne irgend entsprechende Kompensation für den Arbeiter,
anormal verlängern. Daher der durchaus rationelle Aufstand (1860) der
im Baufach beschäftigten Londoner Arbeiter gegen den Versuch der Kapi-
talisten diesen Stundenlohn aufzuherrschen. Die gesetzliche Be-
schränkung des Arbeitstags
macht solchem Unfug ein Ende, ob-
gleich natürlich nicht der aus Konkurrenz der Maschinerie, Wechsel in der
Qualität der angewandten Arbeiter, partiellen und allgemeinen Krisen ent-
springenden Unterbeschäftigung.

Bei wachsendem Tages- oder Wochenlohn kann der Preis der Ar-
beit
nominell constant bleiben und dennoch unter sein normales Niveau
sinken. Diess findet jedesmal statt, sobald mit constantem Preis der Ar-
beit, resp. der Arbeitsstunde, der Arbeitstag über seine gewohnheitsmässige
Dauer verlängert wird. Wenn in dem Bruch [Formel 1]
der Nenner wächst, wächst der Zähler noch rascher. Der Werth der Ar-
beitskraft, weil ihr Verschleiss, wächst mit der Dauer ihrer Funktion, und
in rascherer Proportion als das Increment ihrer Funktionsdauer. In vie-
len Industriezweigen, wo Zeitlohn vorherrscht, ohne gesetzliche
Schranken der Arbeitszeit, hat sich daher naturwüchsig die Gewohnheit
herausgebildet, dass der Arbeitstag nur bis zu einem gewissen Punkt, z. B.
bis zum Ablauf der zehnten Stunde, als normal gilt ("normal working day",
"the day's work", "the regular hours of work"). Jenseits dieser Grenze bildet
die Arbeitszeit Ueberzeit (overtime) und wird, die Stunde als Masseinheit
genommen, besser bezahlt (extra pay), obgleich oft in lächerlich kleiner
Proportion35). Der normale Arbeitstag existirt hier als Bruchtheil des
wirklichen Arbeitstags und der letztere währt oft während des ganzen Jahres

35) "Die Rate der Zahlung für Ueberzeit (in der Spitzenmanufaktur) ist so
klein, 1/2 d. u. s. w. per Stunde, dass sie in peinlichem Kontrast steht zur massen-
haften Unbill, die sie der Gesundheit und Lebenskraft der Arbeiter anthut ...
Der so gewonnene kleine Ueberschuss muss ausserdem oft in Extra-Erfrischungs-
mitteln wieder verausgabt werden." ("Child. Empl. Comm." II. Rep.,
p. XVI, n. 117.)

Bequemlichkeit, Willkühr und augenblicklichem Interesse die ungeheuerste
Ueberarbeit mit relativer oder gänzlicher Arbeitslosigkeit abwechseln lassen.
Er kann, unter dem Vorwand, den „normalen Preis der Arbeit“ zu zahlen,
den Arbeitstag, ohne irgend entsprechende Kompensation für den Arbeiter,
anormal verlängern. Daher der durchaus rationelle Aufstand (1860) der
im Baufach beschäftigten Londoner Arbeiter gegen den Versuch der Kapi-
talisten diesen Stundenlohn aufzuherrschen. Die gesetzliche Be-
schränkung des Arbeitstags
macht solchem Unfug ein Ende, ob-
gleich natürlich nicht der aus Konkurrenz der Maschinerie, Wechsel in der
Qualität der angewandten Arbeiter, partiellen und allgemeinen Krisen ent-
springenden Unterbeschäftigung.

Bei wachsendem Tages- oder Wochenlohn kann der Preis der Ar-
beit
nominell constant bleiben und dennoch unter sein normales Niveau
sinken. Diess findet jedesmal statt, sobald mit constantem Preis der Ar-
beit, resp. der Arbeitsstunde, der Arbeitstag über seine gewohnheitsmässige
Dauer verlängert wird. Wenn in dem Bruch [Formel 1]
der Nenner wächst, wächst der Zähler noch rascher. Der Werth der Ar-
beitskraft, weil ihr Verschleiss, wächst mit der Dauer ihrer Funktion, und
in rascherer Proportion als das Increment ihrer Funktionsdauer. In vie-
len Industriezweigen, wo Zeitlohn vorherrscht, ohne gesetzliche
Schranken der Arbeitszeit, hat sich daher naturwüchsig die Gewohnheit
herausgebildet, dass der Arbeitstag nur bis zu einem gewissen Punkt, z. B.
bis zum Ablauf der zehnten Stunde, als normal gilt („normal working day“,
„the day’s work“, „the regular hours of work“). Jenseits dieser Grenze bildet
die Arbeitszeit Ueberzeit (overtime) und wird, die Stunde als Masseinheit
genommen, besser bezahlt (extra pay), obgleich oft in lächerlich kleiner
Proportion35). Der normale Arbeitstag existirt hier als Bruchtheil des
wirklichen Arbeitstags und der letztere währt oft während des ganzen Jahres

35) „Die Rate der Zahlung für Ueberzeit (in der Spitzenmanufaktur) ist so
klein, ½ d. u. s. w. per Stunde, dass sie in peinlichem Kontrast steht zur massen-
haften Unbill, die sie der Gesundheit und Lebenskraft der Arbeiter anthut …
Der so gewonnene kleine Ueberschuss muss ausserdem oft in Extra-Erfrischungs-
mitteln wieder verausgabt werden.“ („Child. Empl. Comm.“ II. Rep.,
p. XVI, n. 117.)
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[533/0552] Bequemlichkeit, Willkühr und augenblicklichem Interesse die ungeheuerste Ueberarbeit mit relativer oder gänzlicher Arbeitslosigkeit abwechseln lassen. Er kann, unter dem Vorwand, den „normalen Preis der Arbeit“ zu zahlen, den Arbeitstag, ohne irgend entsprechende Kompensation für den Arbeiter, anormal verlängern. Daher der durchaus rationelle Aufstand (1860) der im Baufach beschäftigten Londoner Arbeiter gegen den Versuch der Kapi- talisten diesen Stundenlohn aufzuherrschen. Die gesetzliche Be- schränkung des Arbeitstags macht solchem Unfug ein Ende, ob- gleich natürlich nicht der aus Konkurrenz der Maschinerie, Wechsel in der Qualität der angewandten Arbeiter, partiellen und allgemeinen Krisen ent- springenden Unterbeschäftigung. Bei wachsendem Tages- oder Wochenlohn kann der Preis der Ar- beit nominell constant bleiben und dennoch unter sein normales Niveau sinken. Diess findet jedesmal statt, sobald mit constantem Preis der Ar- beit, resp. der Arbeitsstunde, der Arbeitstag über seine gewohnheitsmässige Dauer verlängert wird. Wenn in dem Bruch [FORMEL] der Nenner wächst, wächst der Zähler noch rascher. Der Werth der Ar- beitskraft, weil ihr Verschleiss, wächst mit der Dauer ihrer Funktion, und in rascherer Proportion als das Increment ihrer Funktionsdauer. In vie- len Industriezweigen, wo Zeitlohn vorherrscht, ohne gesetzliche Schranken der Arbeitszeit, hat sich daher naturwüchsig die Gewohnheit herausgebildet, dass der Arbeitstag nur bis zu einem gewissen Punkt, z. B. bis zum Ablauf der zehnten Stunde, als normal gilt („normal working day“, „the day’s work“, „the regular hours of work“). Jenseits dieser Grenze bildet die Arbeitszeit Ueberzeit (overtime) und wird, die Stunde als Masseinheit genommen, besser bezahlt (extra pay), obgleich oft in lächerlich kleiner Proportion 35). Der normale Arbeitstag existirt hier als Bruchtheil des wirklichen Arbeitstags und der letztere währt oft während des ganzen Jahres 35) „Die Rate der Zahlung für Ueberzeit (in der Spitzenmanufaktur) ist so klein, ½ d. u. s. w. per Stunde, dass sie in peinlichem Kontrast steht zur massen- haften Unbill, die sie der Gesundheit und Lebenskraft der Arbeiter anthut … Der so gewonnene kleine Ueberschuss muss ausserdem oft in Extra-Erfrischungs- mitteln wieder verausgabt werden.“ („Child. Empl. Comm.“ II. Rep., p. XVI, n. 117.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/552>, abgerufen am 22.11.2024.