Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

für diese Ueberzeit. Er weiss wieder nicht, dass diese Extrazahlung eben-
sowohl unbezahlte Arbeit einschliesst, wie der Preis der gewöhn-
lichen Arbeitsstunde. Z. B. der Preis einer Stunde des zwölfstündigen
Arbeitstags ist 3 d., das Werthprodukt von 1/2 Arbeitsstunde, während der
Preis der überzeitigen Arbeitsstunde 4 d., das Werthprodukt von 2/3
Arbeitsstunde. Im ersten Fall eignet sich der Kapitalist von einer Ar-
beitsstunde die Hälfte, im andern 1/3 ohne Zahlung an.

Der Stücklohn ist nichts als eine verwandelte Form des
Zeitlohns
, wie der Zeitlohn die verwandelte Form des Werthes oder
Preises der Arbeitskraft.

Beim Stücklohn sieht es auf den ersten Blick aus, als ob der vom
Arbeiter verkaufte Gebrauchswerth nicht die Funktion seiner Ar-
beitskraft sei, lebendige Arbeit, sondern bereits im Produkt
vergegenständlichte Arbeit
, und als ob der Preis dieser Arbeit
nicht wie beim Zeitlohn durch die Bruchzahl
[Formel 1] ,
sondern durch die Leistungsfähigkeit des Producenten be-
stimmt werde45).

Zunächst müsste die Zuversicht, die an diesen Schein glaubt, bereits
stark erschüttert werden durch die Thatsache, dass beide Formen des
Arbeitslohns zur selben Zeit in denselben Geschäftszweigen neben einander
bestehen. Z. B. "Die Setzer von London arbeiten in der Regel nach
Stücklohn, während Zeitlohn bei ihnen die Ausnahme bildet. Umgekehrt

45) "The system of piece-work illustrates an epoch in the history of the
working man; it is half-way between the position of the mere day-labourer, de-
pending upon the will of the capitalist and the cooperative artizan, who in the not
distant future promises to combine the artizan and the capitalist in his own person.
Piece-workers are in fact their own masters, even whilst working upon the capital
of the employer." (John Watts: "Trade Societies and Strikes,
Machinery and Co-operative Societies. Manchester
1865", p. 52,
53.) Ich citire diess Schriftchen, weil es eine wahre Gosse aller längst verfaulten,
apologetischen Gemeinplätze. Derselbe Herr Watts machte früher in Owenismus
und publicirte 1842 ein andres Schriftchen: "Facts and Fictions of Poli-
tical Economy
", worin er u. a. Property für Robbery erklärt. Es ist schon
lange her.

für diese Ueberzeit. Er weiss wieder nicht, dass diese Extrazahlung eben-
sowohl unbezahlte Arbeit einschliesst, wie der Preis der gewöhn-
lichen Arbeitsstunde. Z. B. der Preis einer Stunde des zwölfstündigen
Arbeitstags ist 3 d., das Werthprodukt von ½ Arbeitsstunde, während der
Preis der überzeitigen Arbeitsstunde 4 d., das Werthprodukt von ⅔
Arbeitsstunde. Im ersten Fall eignet sich der Kapitalist von einer Ar-
beitsstunde die Hälfte, im andern ⅓ ohne Zahlung an.

Der Stücklohn ist nichts als eine verwandelte Form des
Zeitlohns
, wie der Zeitlohn die verwandelte Form des Werthes oder
Preises der Arbeitskraft.

Beim Stücklohn sieht es auf den ersten Blick aus, als ob der vom
Arbeiter verkaufte Gebrauchswerth nicht die Funktion seiner Ar-
beitskraft sei, lebendige Arbeit, sondern bereits im Produkt
vergegenständlichte Arbeit
, und als ob der Preis dieser Arbeit
nicht wie beim Zeitlohn durch die Bruchzahl
[Formel 1] ,
sondern durch die Leistungsfähigkeit des Producenten be-
stimmt werde45).

Zunächst müsste die Zuversicht, die an diesen Schein glaubt, bereits
stark erschüttert werden durch die Thatsache, dass beide Formen des
Arbeitslohns zur selben Zeit in denselben Geschäftszweigen neben einander
bestehen. Z. B. „Die Setzer von London arbeiten in der Regel nach
Stücklohn, während Zeitlohn bei ihnen die Ausnahme bildet. Umgekehrt

45) „The system of piece-work illustrates an epoch in the history of the
working man; it is half-way between the position of the mere day-labourer, de-
pending upon the will of the capitalist and the cooperative artizan, who in the not
distant future promises to combine the artizan and the capitalist in his own person.
Piece-workers are in fact their own masters, even whilst working upon the capital
of the employer.“ (John Watts: „Trade Societies and Strikes,
Machinery and Co-operative Societies. Manchester
1865“, p. 52,
53.) Ich citire diess Schriftchen, weil es eine wahre Gosse aller längst verfaulten,
apologetischen Gemeinplätze. Derselbe Herr Watts machte früher in Owenismus
und publicirte 1842 ein andres Schriftchen: „Facts and Fictions of Poli-
tical Economy
“, worin er u. a. Property für Robbery erklärt. Es ist schon
lange her.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0557" n="538"/>
für diese Ueberzeit. Er weiss wieder nicht, dass diese Extrazahlung eben-<lb/>
sowohl <hi rendition="#g">unbezahlte Arbeit</hi> einschliesst, wie der Preis der gewöhn-<lb/>
lichen Arbeitsstunde. Z. B. der Preis einer Stunde des zwölfstündigen<lb/>
Arbeitstags ist 3 d., das Werthprodukt von ½ Arbeitsstunde, während der<lb/>
Preis der überzeitigen Arbeitsstunde 4 d., das Werthprodukt von &#x2154;<lb/>
Arbeitsstunde. Im ersten Fall eignet sich der Kapitalist von einer Ar-<lb/>
beitsstunde die Hälfte, im andern &#x2153; ohne Zahlung an.</p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Stücklohn</hi> ist nichts als <hi rendition="#g">eine verwandelte Form des<lb/>
Zeitlohns</hi>, wie der Zeitlohn die verwandelte Form des Werthes oder<lb/>
Preises der Arbeitskraft.</p><lb/>
              <p>Beim Stücklohn sieht es auf den ersten Blick aus, als ob der vom<lb/>
Arbeiter verkaufte <hi rendition="#g">Gebrauchswerth</hi> nicht die Funktion seiner Ar-<lb/>
beitskraft sei, <hi rendition="#g">lebendige Arbeit</hi>, sondern <hi rendition="#g">bereits</hi> im <hi rendition="#g">Produkt<lb/>
vergegenständlichte Arbeit</hi>, und als ob der Preis dieser Arbeit<lb/>
nicht wie beim Zeitlohn durch die Bruchzahl<lb/><hi rendition="#c"><formula/>,</hi><lb/>
sondern durch die <hi rendition="#g">Leistungsfähigkeit des Producenten</hi> be-<lb/>
stimmt werde<note place="foot" n="45)">&#x201E;The system of piece-work illustrates an epoch in the history of the<lb/>
working man; it is half-way between the position of the mere day-labourer, de-<lb/>
pending upon the will of the capitalist and the cooperative artizan, who in the not<lb/>
distant future promises to combine the artizan and the capitalist in his own person.<lb/>
Piece-workers are in fact their own masters, even whilst working upon the capital<lb/>
of the employer.&#x201C; (<hi rendition="#g">John Watts</hi>: &#x201E;<hi rendition="#g">Trade Societies and Strikes,<lb/>
Machinery and Co-operative Societies. Manchester</hi> 1865&#x201C;, p. 52,<lb/>
53.) Ich citire diess Schriftchen, weil es eine wahre Gosse aller längst verfaulten,<lb/>
apologetischen Gemeinplätze. Derselbe Herr Watts machte früher in Owenismus<lb/>
und publicirte 1842 ein andres Schriftchen: &#x201E;<hi rendition="#g">Facts and Fictions of Poli-<lb/>
tical Economy</hi>&#x201C;, worin er u. a. Property für Robbery erklärt. Es ist schon<lb/>
lange her.</note>.</p><lb/>
              <p>Zunächst müsste die Zuversicht, die an diesen Schein glaubt, bereits<lb/>
stark erschüttert werden durch die Thatsache, dass beide Formen des<lb/>
Arbeitslohns zur selben Zeit in denselben Geschäftszweigen neben einander<lb/>
bestehen. Z. B. &#x201E;Die Setzer von London arbeiten in der Regel nach<lb/>
Stücklohn, während Zeitlohn bei ihnen die Ausnahme bildet. Umgekehrt<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[538/0557] für diese Ueberzeit. Er weiss wieder nicht, dass diese Extrazahlung eben- sowohl unbezahlte Arbeit einschliesst, wie der Preis der gewöhn- lichen Arbeitsstunde. Z. B. der Preis einer Stunde des zwölfstündigen Arbeitstags ist 3 d., das Werthprodukt von ½ Arbeitsstunde, während der Preis der überzeitigen Arbeitsstunde 4 d., das Werthprodukt von ⅔ Arbeitsstunde. Im ersten Fall eignet sich der Kapitalist von einer Ar- beitsstunde die Hälfte, im andern ⅓ ohne Zahlung an. Der Stücklohn ist nichts als eine verwandelte Form des Zeitlohns, wie der Zeitlohn die verwandelte Form des Werthes oder Preises der Arbeitskraft. Beim Stücklohn sieht es auf den ersten Blick aus, als ob der vom Arbeiter verkaufte Gebrauchswerth nicht die Funktion seiner Ar- beitskraft sei, lebendige Arbeit, sondern bereits im Produkt vergegenständlichte Arbeit, und als ob der Preis dieser Arbeit nicht wie beim Zeitlohn durch die Bruchzahl [FORMEL], sondern durch die Leistungsfähigkeit des Producenten be- stimmt werde 45). Zunächst müsste die Zuversicht, die an diesen Schein glaubt, bereits stark erschüttert werden durch die Thatsache, dass beide Formen des Arbeitslohns zur selben Zeit in denselben Geschäftszweigen neben einander bestehen. Z. B. „Die Setzer von London arbeiten in der Regel nach Stücklohn, während Zeitlohn bei ihnen die Ausnahme bildet. Umgekehrt 45) „The system of piece-work illustrates an epoch in the history of the working man; it is half-way between the position of the mere day-labourer, de- pending upon the will of the capitalist and the cooperative artizan, who in the not distant future promises to combine the artizan and the capitalist in his own person. Piece-workers are in fact their own masters, even whilst working upon the capital of the employer.“ (John Watts: „Trade Societies and Strikes, Machinery and Co-operative Societies. Manchester 1865“, p. 52, 53.) Ich citire diess Schriftchen, weil es eine wahre Gosse aller längst verfaulten, apologetischen Gemeinplätze. Derselbe Herr Watts machte früher in Owenismus und publicirte 1842 ein andres Schriftchen: „Facts and Fictions of Poli- tical Economy“, worin er u. a. Property für Robbery erklärt. Es ist schon lange her.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/557
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/557>, abgerufen am 22.11.2024.