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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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jede besondre historische Produktionsweise ihre besondern, historisch gül-
tigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existirt nur
für Pflanze und Thier.

Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation nothwendiges Produkt der
Accumulation oder der Entwicklung des Reichthums auf kapitalistischer
Grundlage ist, wird diese Surpluspopulation umgekehrt zum Hebel der kapita-
listischen Accumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapita-
listischen Produktionsweise
. Sie bildet eine disponible indu-
strielle Reservearmee
, die dem Kapital ganz so absolut gehört,
als ob es sie auf seine eignen Kosten grossgezüchtet hätte. Sie schafft
für seine wechselnden Verwerthungsbedürfnisse das stets bereite exploi-
table Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen
Bevölkerungszunahme. Mit der Accumulation und der sie begleitenden
Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst die plötzliche Expan-
sionskraft des Kapitals
, nicht nur, weil die Elasticität des funk-
tionirenden Kapitals wächst, und der absolute Reichthum, wovon das
Kapital
nur einen elastischen Theil bildet, nicht nur, weil der Kredit, unter
jedem besondern Reiz, im Umsehn ungewöhnlichen Theil dieses Reich-
thums der Produktion als Surpluskapital zur Verfügung stellt. Der tech-
nologische Charakter des Produktionsprozesses selbst, Maschinerie, Trans-
portmittel u. s. w. ermöglichen die rascheste Verwandlung von Surplus-
produkt auf grösster Stufenleiter in zuschüssige Produktionsmittel. Die
mit dem Fortschritt der Accumulation überschwellende und in Surplus-
kapital verwandelbare Masse des gesellschaftlichen Reichthums drängt
sich mit Frenesie in alte Produktionszweige, deren Markt sich plötzlich
erweitert, oder in neu eröffnete, wie Eisenbahnen u. s. w., deren Bedürf-
niss aus der Entwicklung der alten entspringt. In allen solchen Fällen
müssen grosse Menschenmassen plötzlich und ohne Abbruch der Produk-
tionsleiter in andern Sphären auf die entscheidenden Punkte werfbar sein.
Die Surpluspopulation liefert sie. Der charakteristische Lebenslauf der

talitself becomes more plentiful." (Richard Jones: "An Intro-
ductory Lecture on Pol. Econ. Lond
. 1833", p. 13.) "Demand (for la-
bour) will rise ... not in proportion to the accumulation of the gene-
ral capital
... Every augmentation, therefore, in the national stock destined for
reproduction, comes, in the progress of society, to have less and less
influence upon the condition of the labourer
." (Ramsay l. c. p. 90, 91.)

jede besondre historische Produktionsweise ihre besondern, historisch gül-
tigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existirt nur
für Pflanze und Thier.

Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation nothwendiges Produkt der
Accumulation oder der Entwicklung des Reichthums auf kapitalistischer
Grundlage ist, wird diese Surpluspopulation umgekehrt zum Hebel der kapita-
listischen Accumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapita-
listischen Produktionsweise
. Sie bildet eine disponible indu-
strielle Reservearmee
, die dem Kapital ganz so absolut gehört,
als ob es sie auf seine eignen Kosten grossgezüchtet hätte. Sie schafft
für seine wechselnden Verwerthungsbedürfnisse das stets bereite exploi-
table Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen
Bevölkerungszunahme. Mit der Accumulation und der sie begleitenden
Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst die plötzliche Expan-
sionskraft des Kapitals
, nicht nur, weil die Elasticität des funk-
tionirenden Kapitals wächst, und der absolute Reichthum, wovon das
Kapital
nur einen elastischen Theil bildet, nicht nur, weil der Kredit, unter
jedem besondern Reiz, im Umsehn ungewöhnlichen Theil dieses Reich-
thums der Produktion als Surpluskapital zur Verfügung stellt. Der tech-
nologische Charakter des Produktionsprozesses selbst, Maschinerie, Trans-
portmittel u. s. w. ermöglichen die rascheste Verwandlung von Surplus-
produkt auf grösster Stufenleiter in zuschüssige Produktionsmittel. Die
mit dem Fortschritt der Accumulation überschwellende und in Surplus-
kapital verwandelbare Masse des gesellschaftlichen Reichthums drängt
sich mit Frenesie in alte Produktionszweige, deren Markt sich plötzlich
erweitert, oder in neu eröffnete, wie Eisenbahnen u. s. w., deren Bedürf-
niss aus der Entwicklung der alten entspringt. In allen solchen Fällen
müssen grosse Menschenmassen plötzlich und ohne Abbruch der Produk-
tionsleiter in andern Sphären auf die entscheidenden Punkte werfbar sein.
Die Surpluspopulation liefert sie. Der charakteristische Lebenslauf der

talitself becomes more plentiful.“ (Richard Jones: „An Intro-
ductory Lecture on Pol. Econ. Lond
. 1833“, p. 13.) „Demand (for la-
bour) will rise … not in proportion to the accumulation of the gene-
ral capital
… Every augmentation, therefore, in the national stock destined for
reproduction, comes, in the progress of society, to have less and less
influence upon the condition of the labourer
.“ (Ramsay l. c. p. 90, 91.)
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[618/0637] jede besondre historische Produktionsweise ihre besondern, historisch gül- tigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existirt nur für Pflanze und Thier. Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation nothwendiges Produkt der Accumulation oder der Entwicklung des Reichthums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Surpluspopulation umgekehrt zum Hebel der kapita- listischen Accumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapita- listischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible indu- strielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten grossgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwerthungsbedürfnisse das stets bereite exploi- table Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme. Mit der Accumulation und der sie begleitenden Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst die plötzliche Expan- sionskraft des Kapitals, nicht nur, weil die Elasticität des funk- tionirenden Kapitals wächst, und der absolute Reichthum, wovon das Kapital nur einen elastischen Theil bildet, nicht nur, weil der Kredit, unter jedem besondern Reiz, im Umsehn ungewöhnlichen Theil dieses Reich- thums der Produktion als Surpluskapital zur Verfügung stellt. Der tech- nologische Charakter des Produktionsprozesses selbst, Maschinerie, Trans- portmittel u. s. w. ermöglichen die rascheste Verwandlung von Surplus- produkt auf grösster Stufenleiter in zuschüssige Produktionsmittel. Die mit dem Fortschritt der Accumulation überschwellende und in Surplus- kapital verwandelbare Masse des gesellschaftlichen Reichthums drängt sich mit Frenesie in alte Produktionszweige, deren Markt sich plötzlich erweitert, oder in neu eröffnete, wie Eisenbahnen u. s. w., deren Bedürf- niss aus der Entwicklung der alten entspringt. In allen solchen Fällen müssen grosse Menschenmassen plötzlich und ohne Abbruch der Produk- tionsleiter in andern Sphären auf die entscheidenden Punkte werfbar sein. Die Surpluspopulation liefert sie. Der charakteristische Lebenslauf der 79) 79) talitself becomes more plentiful.“ (Richard Jones: „An Intro- ductory Lecture on Pol. Econ. Lond. 1833“, p. 13.) „Demand (for la- bour) will rise … not in proportion to the accumulation of the gene- ral capital … Every augmentation, therefore, in the national stock destined for reproduction, comes, in the progress of society, to have less and less influence upon the condition of the labourer.“ (Ramsay l. c. p. 90, 91.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/637>, abgerufen am 26.11.2024.