das mittlere Verwerthungsbedürfniss des Kapitals relativen Surpluspopu- lation, als Lebensbedingung der modernen Industrie.
"Gesetzt", sagt H. Merivale, früher Professor der politischen Oekonomie zu Oxford, später Beamter des englischen Kolonialministe- riums, "gesetzt, bei Gelegenheit einer Krise raffe die Nation sich zu einer Kraftanstrengung auf, um durch Emigration einiger 100,000 überflüssiger Arme los zu werden, was würde die Folge sein? Dass bei der ersten Wiederkehr der Arbeitsnachfrage ein Mangel vorhanden wäre. Wie rasch immer die Reproduktion von Menschen sein mag, sie braucht jedenfalls den Zwischenraum einer Generation zum Ersatz erwachsner Arbeiter. Nun hängen die Profite unsrer Fabrikanten hauptsächlich von der Macht ab, den günstigen Moment lebhafter Nachfrage zu exploitiren und sich so für die Periode der Erlahmung schadlos zu halten. Diese Macht ist ihnen nur gesichert durch Kommando über Maschinerie und Handarbeit. Sie müssen disponible Hände vorfin- den; sie müssen fähig sein die Aktivität ihrer Operationen, wenn nöthig, höher zu spannen oder abzuspannen, je nach dem Stand des Markts, oder sie können platterdings nicht in der Hetzjagd der Konkurrenz das Ueber- gewicht behaupten, worauf der Reichthum dieses Landes ge- gründet ist"80). Selbst Malthus erkennt in der Surpluspopulation, die er, nach seiner bornirten Weise, aus absolutem Ueberwachs der Arbeiterbevölke- rung, nicht aus ihrer relativen Ueberzähligmachung deutet, eine Nothwen- digkeit der modernen Industrie. Er sagt: "Weise Gewohnheiten in Bezug auf die Ehe, wenn zu einer gewissen Höhe getrieben unter der Arbeiterklasse eines Landes, das hauptsächlich von Manufaktur und Han- del abhängt, würden ihm schädlich sein ... Der Natur der Bevölkerung gemäss, kann ein Zuwachs von Arbeitern nicht zu Markt geliefert werden, in Folge besondrer Nachfrage, bis nach Verlauf von 16 oder 18 Jahren, und die Verwandlung von Revenue in Kapital durch Ersparung kann sehr viel rascher platzgreifen; ein Land ist stets dem ausgesetzt, dass sein Arbeitsfonds rascher wächst als die Bevölkerung"81). Nachdem die politische
80) H. Merivale: "Lectures on Colonization and Colonies." Lond. 1841 and 1842, v. I, p. 146.
81) "Prudential habits with regard to marriage carried to a considerable extent among the labouring class of a country mainly depending upon manufac- tures and commerce might injure it ... From the nature of a population, an in-
das mittlere Verwerthungsbedürfniss des Kapitals relativen Surpluspopu- lation, als Lebensbedingung der modernen Industrie.
„Gesetzt“, sagt H. Merivale, früher Professor der politischen Oekonomie zu Oxford, später Beamter des englischen Kolonialministe- riums, „gesetzt, bei Gelegenheit einer Krise raffe die Nation sich zu einer Kraftanstrengung auf, um durch Emigration einiger 100,000 überflüssiger Arme los zu werden, was würde die Folge sein? Dass bei der ersten Wiederkehr der Arbeitsnachfrage ein Mangel vorhanden wäre. Wie rasch immer die Reproduktion von Menschen sein mag, sie braucht jedenfalls den Zwischenraum einer Generation zum Ersatz erwachsner Arbeiter. Nun hängen die Profite unsrer Fabrikanten hauptsächlich von der Macht ab, den günstigen Moment lebhafter Nachfrage zu exploitiren und sich so für die Periode der Erlahmung schadlos zu halten. Diese Macht ist ihnen nur gesichert durch Kommando über Maschinerie und Handarbeit. Sie müssen disponible Hände vorfin- den; sie müssen fähig sein die Aktivität ihrer Operationen, wenn nöthig, höher zu spannen oder abzuspannen, je nach dem Stand des Markts, oder sie können platterdings nicht in der Hetzjagd der Konkurrenz das Ueber- gewicht behaupten, worauf der Reichthum dieses Landes ge- gründet ist“80). Selbst Malthus erkennt in der Surpluspopulation, die er, nach seiner bornirten Weise, aus absolutem Ueberwachs der Arbeiterbevölke- rung, nicht aus ihrer relativen Ueberzähligmachung deutet, eine Nothwen- digkeit der modernen Industrie. Er sagt: „Weise Gewohnheiten in Bezug auf die Ehe, wenn zu einer gewissen Höhe getrieben unter der Arbeiterklasse eines Landes, das hauptsächlich von Manufaktur und Han- del abhängt, würden ihm schädlich sein … Der Natur der Bevölkerung gemäss, kann ein Zuwachs von Arbeitern nicht zu Markt geliefert werden, in Folge besondrer Nachfrage, bis nach Verlauf von 16 oder 18 Jahren, und die Verwandlung von Revenue in Kapital durch Ersparung kann sehr viel rascher platzgreifen; ein Land ist stets dem ausgesetzt, dass sein Arbeitsfonds rascher wächst als die Bevölkerung“81). Nachdem die politische
80) H. Merivale: „Lectures on Colonization and Colonies.“ Lond. 1841 and 1842, v. I, p. 146.
81) „Prudential habits with regard to marriage carried to a considerable extent among the labouring class of a country mainly depending upon manufac- tures and commerce might injure it … From the nature of a population, an in-
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„Gesetzt“, sagt H. Merivale, früher Professor der politischen
Oekonomie zu Oxford, später Beamter des englischen Kolonialministe-
riums, „gesetzt, bei Gelegenheit einer Krise raffe die Nation sich zu einer
Kraftanstrengung auf, um durch Emigration einiger 100,000 überflüssiger
Arme los zu werden, was würde die Folge sein? Dass bei der ersten
Wiederkehr der Arbeitsnachfrage ein Mangel vorhanden wäre. Wie rasch
immer die Reproduktion von Menschen sein mag, sie braucht jedenfalls
den Zwischenraum einer Generation zum Ersatz erwachsner Arbeiter.
Nun hängen die Profite unsrer Fabrikanten hauptsächlich von der Macht
ab, den günstigen Moment lebhafter Nachfrage zu exploitiren und sich so
für die Periode der Erlahmung schadlos zu halten. Diese Macht ist
ihnen nur gesichert durch Kommando über Maschinerie
und Handarbeit. Sie müssen disponible Hände vorfin-
den; sie müssen fähig sein die Aktivität ihrer Operationen, wenn nöthig,
höher zu spannen oder abzuspannen, je nach dem Stand des Markts, oder
sie können platterdings nicht in der Hetzjagd der Konkurrenz das Ueber-
gewicht behaupten, worauf der Reichthum dieses Landes ge-
gründet ist“ 80). Selbst Malthus erkennt in der Surpluspopulation, die er,
nach seiner bornirten Weise, aus absolutem Ueberwachs der Arbeiterbevölke-
rung, nicht aus ihrer relativen Ueberzähligmachung deutet, eine Nothwen-
digkeit der modernen Industrie. Er sagt: „Weise Gewohnheiten
in Bezug auf die Ehe, wenn zu einer gewissen Höhe getrieben unter der
Arbeiterklasse eines Landes, das hauptsächlich von Manufaktur und Han-
del abhängt, würden ihm schädlich sein … Der Natur der Bevölkerung
gemäss, kann ein Zuwachs von Arbeitern nicht zu Markt geliefert werden,
in Folge besondrer Nachfrage, bis nach Verlauf von 16 oder 18 Jahren,
und die Verwandlung von Revenue in Kapital durch Ersparung kann sehr
viel rascher platzgreifen; ein Land ist stets dem ausgesetzt, dass sein
Arbeitsfonds rascher wächst als die Bevölkerung“ 81). Nachdem die politische
80) H. Merivale: „Lectures on Colonization and Colonies.“
Lond. 1841 and 1842, v. I, p. 146.
81) „Prudential habits with regard to marriage carried to a considerable
extent among the labouring class of a country mainly depending upon manufac-
tures and commerce might injure it … From the nature of a population, an in-
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/639>, abgerufen am 26.11.2024.
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