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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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theils entwürdigenden Bedingungen, worin es Funktion und Häuslichkeit des
Arbeiters bannt, damit zu "rechtfertigen", das sei nöthig, um ihn
profitlicher auszubeuten
. So, wenn es entsagt auf Vorrichtungen
zum Schutz gegen gefährliche Maschinerie in der Fabrik, auf Ventilations-
und Sicherheitsmittel in den Minen u. s. w. So hier mit der Behausung der
Minenarbeiter. "Als Entschuldigung", sagt Dr. Simon, der ärztliche
Beamte des Privy Council, in seinem officiellen Bericht, "als Entschuldi-
gung für die nichtswürdige Hauseinrichtung wird angeführt, dass Mi-
nen gewöhnlich pachtweise exploitirt werden, dass die Dauer des Pachtkon-
trakts (in Kohlenwerken meist 21 Jahre) zu kurz ist, damit der Minen-
pächter es der Mühe werth halte, gute Hausaccommodation für das Arbeits-
volk und die Gewerbsleute u. s. w. zu liefern, welche die Unternehmung
anzieht; hätte er selbst die Absicht, nach dieser Seite hin liberal
zu verfahren, so würde sie vereitelt werden durch den Grundeigenthümer.
Der habe nämlich die Tendenz, sofort exorbitante Zuschussrente zu ver-
langen für das Privilegium, ein anständiges und komfortables Dorf auf
der Grundoberfläche zu errichten zur Behausung der Bearbeiter des unter-
irdischen Eigenthums. Dieser prohibitorische Preis, wenn nicht direkte
Prohibition, schrecke ebenfalls andre ab, welche sonst wohl bauen möch-
ten ... Ich will den Werth dieser Apologie nicht weiter untersuchen,
auch nicht, auf wen denn in letzter Hand die zuschüssige Ausgabe für
anständige Wohnlichkeit fallen würde, auf den Grundherrn, den Minen-
pächter, die Arbeiter oder das Publikum ... Aber Angesichts solcher
schmählichen Thatsachen, wie die beigefügten Berichte (des Dr. Hunter,
Stevens u. s. w.) sie enthüllen, muss ein Heilmittel angewandt werden ...
Grundeigenthumstitel werden so gebraucht um ein grosses öffentliches
Unrecht zu begehn. In seiner Eigenschaft als Mineneigner ladet der
Grundherr eine industrielle Kolonie zur Arbeit auf seiner Domaine ein,
und macht dann, in seiner Eigenschaft als Eigenthümer der Grund-
oberfläche
, den von ihm versammelten Arbeitern unmöglich die zu
ihrem Leben unentbehrliche, geeignete Wohnlichkeit zu finden. Der Minen-
pächter (der kapitalistische Exploiteur) hat kein Geldinteresse dieser
Theilung des Handels zu widerstehn, da er wohl weiss, dass wenn die letztern
Ansprüche exorbitant sind, die Folgen nicht auf ihn fallen, und dass
die Arbeiter, auf die sie fallen, zu unerzogen sind, um ihre Gesundheits-

theils entwürdigenden Bedingungen, worin es Funktion und Häuslichkeit des
Arbeiters bannt, damit zu „rechtfertigen“, das sei nöthig, um ihn
profitlicher auszubeuten
. So, wenn es entsagt auf Vorrichtungen
zum Schutz gegen gefährliche Maschinerie in der Fabrik, auf Ventilations-
und Sicherheitsmittel in den Minen u. s. w. So hier mit der Behausung der
Minenarbeiter. „Als Entschuldigung“, sagt Dr. Simon, der ärztliche
Beamte des Privy Council, in seinem officiellen Bericht, „als Entschuldi-
gung für die nichtswürdige Hauseinrichtung wird angeführt, dass Mi-
nen gewöhnlich pachtweise exploitirt werden, dass die Dauer des Pachtkon-
trakts (in Kohlenwerken meist 21 Jahre) zu kurz ist, damit der Minen-
pächter es der Mühe werth halte, gute Hausaccommodation für das Arbeits-
volk und die Gewerbsleute u. s. w. zu liefern, welche die Unternehmung
anzieht; hätte er selbst die Absicht, nach dieser Seite hin liberal
zu verfahren, so würde sie vereitelt werden durch den Grundeigenthümer.
Der habe nämlich die Tendenz, sofort exorbitante Zuschussrente zu ver-
langen für das Privilegium, ein anständiges und komfortables Dorf auf
der Grundoberfläche zu errichten zur Behausung der Bearbeiter des unter-
irdischen Eigenthums. Dieser prohibitorische Preis, wenn nicht direkte
Prohibition, schrecke ebenfalls andre ab, welche sonst wohl bauen möch-
ten … Ich will den Werth dieser Apologie nicht weiter untersuchen,
auch nicht, auf wen denn in letzter Hand die zuschüssige Ausgabe für
anständige Wohnlichkeit fallen würde, auf den Grundherrn, den Minen-
pächter, die Arbeiter oder das Publikum … Aber Angesichts solcher
schmählichen Thatsachen, wie die beigefügten Berichte (des Dr. Hunter,
Stevens u. s. w.) sie enthüllen, muss ein Heilmittel angewandt werden …
Grundeigenthumstitel werden so gebraucht um ein grosses öffentliches
Unrecht zu begehn. In seiner Eigenschaft als Mineneigner ladet der
Grundherr eine industrielle Kolonie zur Arbeit auf seiner Domaine ein,
und macht dann, in seiner Eigenschaft als Eigenthümer der Grund-
oberfläche
, den von ihm versammelten Arbeitern unmöglich die zu
ihrem Leben unentbehrliche, geeignete Wohnlichkeit zu finden. Der Minen-
pächter (der kapitalistische Exploiteur) hat kein Geldinteresse dieser
Theilung des Handels zu widerstehn, da er wohl weiss, dass wenn die letztern
Ansprüche exorbitant sind, die Folgen nicht auf ihn fallen, und dass
die Arbeiter, auf die sie fallen, zu unerzogen sind, um ihre Gesundheits-

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[656/0675] theils entwürdigenden Bedingungen, worin es Funktion und Häuslichkeit des Arbeiters bannt, damit zu „rechtfertigen“, das sei nöthig, um ihn profitlicher auszubeuten. So, wenn es entsagt auf Vorrichtungen zum Schutz gegen gefährliche Maschinerie in der Fabrik, auf Ventilations- und Sicherheitsmittel in den Minen u. s. w. So hier mit der Behausung der Minenarbeiter. „Als Entschuldigung“, sagt Dr. Simon, der ärztliche Beamte des Privy Council, in seinem officiellen Bericht, „als Entschuldi- gung für die nichtswürdige Hauseinrichtung wird angeführt, dass Mi- nen gewöhnlich pachtweise exploitirt werden, dass die Dauer des Pachtkon- trakts (in Kohlenwerken meist 21 Jahre) zu kurz ist, damit der Minen- pächter es der Mühe werth halte, gute Hausaccommodation für das Arbeits- volk und die Gewerbsleute u. s. w. zu liefern, welche die Unternehmung anzieht; hätte er selbst die Absicht, nach dieser Seite hin liberal zu verfahren, so würde sie vereitelt werden durch den Grundeigenthümer. Der habe nämlich die Tendenz, sofort exorbitante Zuschussrente zu ver- langen für das Privilegium, ein anständiges und komfortables Dorf auf der Grundoberfläche zu errichten zur Behausung der Bearbeiter des unter- irdischen Eigenthums. Dieser prohibitorische Preis, wenn nicht direkte Prohibition, schrecke ebenfalls andre ab, welche sonst wohl bauen möch- ten … Ich will den Werth dieser Apologie nicht weiter untersuchen, auch nicht, auf wen denn in letzter Hand die zuschüssige Ausgabe für anständige Wohnlichkeit fallen würde, auf den Grundherrn, den Minen- pächter, die Arbeiter oder das Publikum … Aber Angesichts solcher schmählichen Thatsachen, wie die beigefügten Berichte (des Dr. Hunter, Stevens u. s. w.) sie enthüllen, muss ein Heilmittel angewandt werden … Grundeigenthumstitel werden so gebraucht um ein grosses öffentliches Unrecht zu begehn. In seiner Eigenschaft als Mineneigner ladet der Grundherr eine industrielle Kolonie zur Arbeit auf seiner Domaine ein, und macht dann, in seiner Eigenschaft als Eigenthümer der Grund- oberfläche, den von ihm versammelten Arbeitern unmöglich die zu ihrem Leben unentbehrliche, geeignete Wohnlichkeit zu finden. Der Minen- pächter (der kapitalistische Exploiteur) hat kein Geldinteresse dieser Theilung des Handels zu widerstehn, da er wohl weiss, dass wenn die letztern Ansprüche exorbitant sind, die Folgen nicht auf ihn fallen, und dass die Arbeiter, auf die sie fallen, zu unerzogen sind, um ihre Gesundheits-

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/675>, abgerufen am 29.06.2024.