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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Lohnarbeitsmarkt selbst"267). Man begreife den Greuel! Der brave Kapi-
talist hat seine eignen leibhaftigen Konkurrenten selbst aus Europa für
sein eignes gutes Geld importirt! Da hört denn doch alles auf! Kein
Wunder, wenn Wakefield klagt über mangelndes Abhängigkeits-
verhältniss und -Gefühl
der Lohnarbeiter in den Kolonien.
"Wegen der hohen Löhne", sagt sein Schüler Merivale, "existirt in
den Kolonien der leidenschaftliche Drang nach wohlfeilerer und
unterwürfigerer Arbeit
, nach einer Klasse, welcher der
Kapitalist die Bedingungen diktiren kann, statt sie von
ihr diktirt zu erhalten
... In altcivilisirten Ländern ist der Ar-
beiter, obgleich frei, naturgesetzlich abhängig vom Ka-
pitalisten, in Kolonien muss diese Abhängigkeit durch
künstliche Mittel geschaffen werden
"268).

Was ist nun das Resultat des in den Kolonien herrschenden
Systems des auf eigner Arbeit, statt auf der Exploita-

267) l. c. v. II, p. 5.
268) Merivale l. c. v. II, p. 235--314 passim. Selbst der sanfte, frei-
händlerische Vulgärökonom Molinari sagt: "Dans les colonies ou l'esclavage
a ete aboli sans que le travail force se trouvait remplace par une quan-
tite equivalente de travail libre
, on a vu s'operer la contre-partie du
fait quise realise tous les jours sous nos yeux. On a vu les simples
travailleurs exploiter a leur tour les entrepreneurs d'industrie, exiger d'eux
des salaires hors de toute proportion avec la part legitime qui leur revenait
dans le produit. Les planteurs, ne pouvant obtenir de leurs sucres un prix suffi-
sant pour couvrir la hausse de salaire, ont ete obliges de fournir l'excedant, d'abord
surleurs profits, ensuite sur leurs capitaux memes. Une foule de planteurs
ont ete ruines de la sorte, d'autres ont ferme leurs ateliers pour echapper a une
ruine imminente ... Sans doute, il vaut mieux voir perir des accumulations des
capitaux, que des generations d'hommes (wie generös von dem Herrn Molinari!);
mais ne vaudrait-il pas mieux que ni les uns ni les autres perissent?" (Moli-
nari
l. c. p. 51, 52.) Herr Molinari, Herr Molinari! Was wird denn aus den
zehn Geboten, aus Moses und den Propheten, aus dem Gesetz der Nach-
frage und Zufuhr
, wenn in Europa der "entrepreneur" dem Arbeiter, und in
Westindien der Arbeiter dem entrepreneur seine part legitime verkürzen kann?
Und was ist gefälligst diese "part legitime", die nach Ihrem Geständniss der Kapi-
talist in Europa täglich nicht zahlt? Den Herrn Molinari juckt es gewaltig, dort
drüben, in den Kolonien, wo die Arbeiter so "einfach" sind, den Kapitalisten zu
"exploitiren", das sonst automatisch wirkende Gesetz der Nachfrage und Zufuhr
polizeilich in den richtigen Gang zu setzen.

Lohnarbeitsmarkt selbst“267). Man begreife den Greuel! Der brave Kapi-
talist hat seine eignen leibhaftigen Konkurrenten selbst aus Europa für
sein eignes gutes Geld importirt! Da hört denn doch alles auf! Kein
Wunder, wenn Wakefield klagt über mangelndes Abhängigkeits-
verhältniss und -Gefühl
der Lohnarbeiter in den Kolonien.
„Wegen der hohen Löhne“, sagt sein Schüler Merivale, „existirt in
den Kolonien der leidenschaftliche Drang nach wohlfeilerer und
unterwürfigerer Arbeit
, nach einer Klasse, welcher der
Kapitalist die Bedingungen diktiren kann, statt sie von
ihr diktirt zu erhalten
… In altcivilisirten Ländern ist der Ar-
beiter, obgleich frei, naturgesetzlich abhängig vom Ka-
pitalisten, in Kolonien muss diese Abhängigkeit durch
künstliche Mittel geschaffen werden
268).

Was ist nun das Resultat des in den Kolonien herrschenden
Systems des auf eigner Arbeit, statt auf der Exploita-

267) l. c. v. II, p. 5.
268) Merivale l. c. v. II, p. 235—314 passim. Selbst der sanfte, frei-
händlerische Vulgärökonom Molinari sagt: „Dans les colonies où l’esclavage
a été aboli sans que le travail forcé se trouvait remplacé par une quan-
tité équivalente de travail libre
, on a vu s’opérer la contre-partie du
fait quise réalise tous les jours sous nos yeux. On a vu les simples
travailleurs exploiter à leur tour les entrepreneurs d’industrie, exiger d’eux
des salaires hors de toute proportion avec la part légitime qui leur revenait
dans le produit. Les planteurs, ne pouvant obtenir de leurs sucres un prix suffi-
sant pour couvrir la hausse de salaire, ont été obligés de fournir l’excédant, d’abord
surleurs profits, ensuite sur leurs capitaux mêmes. Une foule de planteurs
ont été ruinés de la sorte, d’autres ont fermé leurs atéliers pour échapper à une
ruine imminente … Sans doute, il vaut mieux voir périr des accumulations des
capitaux, que des générations d’hommes (wie generös von dem Herrn Molinari!);
mais ne vaudrait-il pas mieux que ni les uns ni les autres périssent?“ (Moli-
nari
l. c. p. 51, 52.) Herr Molinari, Herr Molinari! Was wird denn aus den
zehn Geboten, aus Moses und den Propheten, aus dem Gesetz der Nach-
frage und Zufuhr
, wenn in Europa der „entrepreneur“ dem Arbeiter, und in
Westindien der Arbeiter dem entrepreneur seine part légitime verkürzen kann?
Und was ist gefälligst diese „part légitime“, die nach Ihrem Geständniss der Kapi-
talist in Europa täglich nicht zahlt? Den Herrn Molinari juckt es gewaltig, dort
drüben, in den Kolonien, wo die Arbeiter so „einfach“ sind, den Kapitalisten zu
„exploitiren“, das sonst automatisch wirkende Gesetz der Nachfrage und Zufuhr
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[752/0771] Lohnarbeitsmarkt selbst“ 267). Man begreife den Greuel! Der brave Kapi- talist hat seine eignen leibhaftigen Konkurrenten selbst aus Europa für sein eignes gutes Geld importirt! Da hört denn doch alles auf! Kein Wunder, wenn Wakefield klagt über mangelndes Abhängigkeits- verhältniss und -Gefühl der Lohnarbeiter in den Kolonien. „Wegen der hohen Löhne“, sagt sein Schüler Merivale, „existirt in den Kolonien der leidenschaftliche Drang nach wohlfeilerer und unterwürfigerer Arbeit, nach einer Klasse, welcher der Kapitalist die Bedingungen diktiren kann, statt sie von ihr diktirt zu erhalten … In altcivilisirten Ländern ist der Ar- beiter, obgleich frei, naturgesetzlich abhängig vom Ka- pitalisten, in Kolonien muss diese Abhängigkeit durch künstliche Mittel geschaffen werden“ 268). Was ist nun das Resultat des in den Kolonien herrschenden Systems des auf eigner Arbeit, statt auf der Exploita- 267) l. c. v. II, p. 5. 268) Merivale l. c. v. II, p. 235—314 passim. Selbst der sanfte, frei- händlerische Vulgärökonom Molinari sagt: „Dans les colonies où l’esclavage a été aboli sans que le travail forcé se trouvait remplacé par une quan- tité équivalente de travail libre, on a vu s’opérer la contre-partie du fait quise réalise tous les jours sous nos yeux. On a vu les simples travailleurs exploiter à leur tour les entrepreneurs d’industrie, exiger d’eux des salaires hors de toute proportion avec la part légitime qui leur revenait dans le produit. Les planteurs, ne pouvant obtenir de leurs sucres un prix suffi- sant pour couvrir la hausse de salaire, ont été obligés de fournir l’excédant, d’abord surleurs profits, ensuite sur leurs capitaux mêmes. Une foule de planteurs ont été ruinés de la sorte, d’autres ont fermé leurs atéliers pour échapper à une ruine imminente … Sans doute, il vaut mieux voir périr des accumulations des capitaux, que des générations d’hommes (wie generös von dem Herrn Molinari!); mais ne vaudrait-il pas mieux que ni les uns ni les autres périssent?“ (Moli- nari l. c. p. 51, 52.) Herr Molinari, Herr Molinari! Was wird denn aus den zehn Geboten, aus Moses und den Propheten, aus dem Gesetz der Nach- frage und Zufuhr, wenn in Europa der „entrepreneur“ dem Arbeiter, und in Westindien der Arbeiter dem entrepreneur seine part légitime verkürzen kann? Und was ist gefälligst diese „part légitime“, die nach Ihrem Geständniss der Kapi- talist in Europa täglich nicht zahlt? Den Herrn Molinari juckt es gewaltig, dort drüben, in den Kolonien, wo die Arbeiter so „einfach“ sind, den Kapitalisten zu „exploitiren“, das sonst automatisch wirkende Gesetz der Nachfrage und Zufuhr polizeilich in den richtigen Gang zu setzen.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/771>, abgerufen am 21.11.2024.