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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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wieder zurückfischt als zur Versilberung seines Mehrwerths dienendes
Geld, sobald das Geschäft einmal im Gang. Aber allgemein gesprochen
kommt die ganze Schwierigkeit aus zwei Quellen her:

Erstens: Betrachten wir blos die Cirkulation und den Umschlag des
Kapitals, also auch den Kapitalisten nur als Personifikation des Kapitals
-- nicht als kapitalistischen Konsumenten und Lebemann -- so sehn
wir ihn zwar beständig Mehrwerth in die Cirkulation werfen als Bestand-
theil seines Waarenkapitals, aber wir sehn nie das Geld als Form der
Revenue in seiner Hand; wir sehn ihn nie Geld zum Verzehr des Mehr-
werths in die Cirkulation werfen.

Zweitens: Wirft die Kapitalistenklasse eine gewisse Geldsumme in
Gestalt von Revenue in Cirkulation, so scheint es als zahle sie ein Ae-
quivalent für diesen Theil des jährlichen Gesammtprodukts und höre dieser
somit auf Mehrwerth darzustellen. Das Mehrprodukt aber, worin sich der
Mehrwerth darstellt, kostet der Kapitalistenklasse nichts. Als Klasse be-
sitzt und geniesst sie es umsonst, und daran kann die Geldcirkulation
nichts ändern. Die Veränderung, die diese vermittelt, besteht einfach
darin, daß jeder Kapitalist, statt sein Mehrprodukt in natura zu verzehren,
was meist gar nicht angeht, Waaren aller Art bis zum Belauf des von
ihm angeeigneten Mehrwerths aus dem Gesammtstock des jährlichen ge-
sellschaftlichen Mehrprodukts herauszieht und sich aneignet. Aber der
Mechanismus der Cirkulation hat gezeigt, dass wenn die Kapitalistenklasse
Geld zur Verausgabung von Revenue in die Cirkulation hineinwirft, sie
selbiges Geld auch wieder der Cirkulation entzieht, und also denselben
Process stets von neuem beginnen kann; dass sie also, als Kapitalisten-
klasse betrachtet, nach wie vor im Besitz dieser zur Versilberung des
Mehrwerths nöthigen Geldsumme bleibt. Wenn also nicht nur der Mehr-
werth, in Form von Waaren, vom Kapitalisten für seinen Konsumtions-
fonds dem Waarenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld, womit
er diese Waaren kauft, an ihn zurückfliesst, so hat er offenbar die Waaren
ohne Aequivalent der Cirkulation entzogen. Sie kosten ihm nichts, ob-
gleich er sie mit Geld zahlt. Wenn ich mit einem Pfund Sterling Waaren kaufe,
und mir der Verkäufer der Waare das Pfund zurückgiebt für Mehrpro-
dukt, das mich nichts gekostet hat, habe ich offenbar die Waaren um-
sonst erhalten. Die beständige Wiederholung dieser Operation ändert nichts
daran, dass ich beständig Waaren entziehe und beständig im Besitz des

wieder zurückfischt als zur Versilberung seines Mehrwerths dienendes
Geld, sobald das Geschäft einmal im Gang. Aber allgemein gesprochen
kommt die ganze Schwierigkeit aus zwei Quellen her:

Erstens: Betrachten wir blos die Cirkulation und den Umschlag des
Kapitals, also auch den Kapitalisten nur als Personifikation des Kapitals
— nicht als kapitalistischen Konsumenten und Lebemann — so sehn
wir ihn zwar beständig Mehrwerth in die Cirkulation werfen als Bestand-
theil seines Waarenkapitals, aber wir sehn nie das Geld als Form der
Revenue in seiner Hand; wir sehn ihn nie Geld zum Verzehr des Mehr-
werths in die Cirkulation werfen.

Zweitens: Wirft die Kapitalistenklasse eine gewisse Geldsumme in
Gestalt von Revenue in Cirkulation, so scheint es als zahle sie ein Ae-
quivalent für diesen Theil des jährlichen Gesammtprodukts und höre dieser
somit auf Mehrwerth darzustellen. Das Mehrprodukt aber, worin sich der
Mehrwerth darstellt, kostet der Kapitalistenklasse nichts. Als Klasse be-
sitzt und geniesst sie es umsonst, und daran kann die Geldcirkulation
nichts ändern. Die Veränderung, die diese vermittelt, besteht einfach
darin, daß jeder Kapitalist, statt sein Mehrprodukt in natura zu verzehren,
was meist gar nicht angeht, Waaren aller Art bis zum Belauf des von
ihm angeeigneten Mehrwerths aus dem Gesammtstock des jährlichen ge-
sellschaftlichen Mehrprodukts herauszieht und sich aneignet. Aber der
Mechanismus der Cirkulation hat gezeigt, dass wenn die Kapitalistenklasse
Geld zur Verausgabung von Revenue in die Cirkulation hineinwirft, sie
selbiges Geld auch wieder der Cirkulation entzieht, und also denselben
Process stets von neuem beginnen kann; dass sie also, als Kapitalisten-
klasse betrachtet, nach wie vor im Besitz dieser zur Versilberung des
Mehrwerths nöthigen Geldsumme bleibt. Wenn also nicht nur der Mehr-
werth, in Form von Waaren, vom Kapitalisten für seinen Konsumtions-
fonds dem Waarenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld, womit
er diese Waaren kauft, an ihn zurückfliesst, so hat er offenbar die Waaren
ohne Aequivalent der Cirkulation entzogen. Sie kosten ihm nichts, ob-
gleich er sie mit Geld zahlt. Wenn ich mit einem Pfund Sterling Waaren kaufe,
und mir der Verkäufer der Waare das Pfund zurückgiebt für Mehrpro-
dukt, das mich nichts gekostet hat, habe ich offenbar die Waaren um-
sonst erhalten. Die beständige Wiederholung dieser Operation ändert nichts
daran, dass ich beständig Waaren entziehe und beständig im Besitz des

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[474/0508] wieder zurückfischt als zur Versilberung seines Mehrwerths dienendes Geld, sobald das Geschäft einmal im Gang. Aber allgemein gesprochen kommt die ganze Schwierigkeit aus zwei Quellen her: Erstens: Betrachten wir blos die Cirkulation und den Umschlag des Kapitals, also auch den Kapitalisten nur als Personifikation des Kapitals — nicht als kapitalistischen Konsumenten und Lebemann — so sehn wir ihn zwar beständig Mehrwerth in die Cirkulation werfen als Bestand- theil seines Waarenkapitals, aber wir sehn nie das Geld als Form der Revenue in seiner Hand; wir sehn ihn nie Geld zum Verzehr des Mehr- werths in die Cirkulation werfen. Zweitens: Wirft die Kapitalistenklasse eine gewisse Geldsumme in Gestalt von Revenue in Cirkulation, so scheint es als zahle sie ein Ae- quivalent für diesen Theil des jährlichen Gesammtprodukts und höre dieser somit auf Mehrwerth darzustellen. Das Mehrprodukt aber, worin sich der Mehrwerth darstellt, kostet der Kapitalistenklasse nichts. Als Klasse be- sitzt und geniesst sie es umsonst, und daran kann die Geldcirkulation nichts ändern. Die Veränderung, die diese vermittelt, besteht einfach darin, daß jeder Kapitalist, statt sein Mehrprodukt in natura zu verzehren, was meist gar nicht angeht, Waaren aller Art bis zum Belauf des von ihm angeeigneten Mehrwerths aus dem Gesammtstock des jährlichen ge- sellschaftlichen Mehrprodukts herauszieht und sich aneignet. Aber der Mechanismus der Cirkulation hat gezeigt, dass wenn die Kapitalistenklasse Geld zur Verausgabung von Revenue in die Cirkulation hineinwirft, sie selbiges Geld auch wieder der Cirkulation entzieht, und also denselben Process stets von neuem beginnen kann; dass sie also, als Kapitalisten- klasse betrachtet, nach wie vor im Besitz dieser zur Versilberung des Mehrwerths nöthigen Geldsumme bleibt. Wenn also nicht nur der Mehr- werth, in Form von Waaren, vom Kapitalisten für seinen Konsumtions- fonds dem Waarenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld, womit er diese Waaren kauft, an ihn zurückfliesst, so hat er offenbar die Waaren ohne Aequivalent der Cirkulation entzogen. Sie kosten ihm nichts, ob- gleich er sie mit Geld zahlt. Wenn ich mit einem Pfund Sterling Waaren kaufe, und mir der Verkäufer der Waare das Pfund zurückgiebt für Mehrpro- dukt, das mich nichts gekostet hat, habe ich offenbar die Waaren um- sonst erhalten. Die beständige Wiederholung dieser Operation ändert nichts daran, dass ich beständig Waaren entziehe und beständig im Besitz des

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/508>, abgerufen am 22.11.2024.