ein innerhalb des kapitalistischen Akkumulationsprocesses einbegriffnes, ihn begleitendes, aber zugleich wesentlich von ihm unterschiednes Moment. Denn durch die Bildung von latentem Geldkapital wird der Reproduk- tionsprocess selbst nicht erweitert. Umgekehrt. Latentes Geldkapital wird hier gebildet, weil der kapitalistische Producent die Stufenleiter seiner Produktion nicht unmittelbar erweitern kann. Verkauft er sein Mehrpro- dukt an einen Gold- oder Silberproducenten, der neues Gold oder Silber in die Cirkulation hineinwirft, oder, was auf dasselbe hinauskommt, an einen Kaufmann, der für einen Theil des nationalen Mehrprodukts zu- schüssiges Gold oder Silber vom Ausland importirt, so bildet sein latentes Geldkapital ein Inkrement des nationalen Gold- oder Silberschatzes. In allen andren Fällen haben z. B. die 78 £, die in der Hand des Käufers Cirkulationsmittel waren, in der Hand des Kapitalisten nur die Schatzform angenommen; es hat also nur andre Vertheilung des nationalen Gold- oder Silberschatzes stattgefunden.
Fungirt das Geld in den Transaktionen unsres Kapitalisten als Zahlungsmittel (in der Art, dass die Waare erst in kürzrem oder längrem Termin vom Käufer zu zahlen) so verwandelt sich das zur Kapitalisation bestimmte Mehrprodukt nicht in Geld, sondern in Schuldforderungen, Eigen- thumstitel auf ein Aequivalent, das der Käufer vielleicht schon im Besitz, vielleicht erst in Aussicht hat. Es geht nicht in den Reproduktionspro- cess des Kreislaufs ein, so wenig wie Geld, das in zinstragenden Papieren etc. angelegt, obgleich es in dem Kreislauf andrer industriellen Einzelka- pitale eingehn kann.
Der ganze Charakter der kapitalistischen Produktion ist bestimmt durch die Verwerthung des vorgeschossnen Kapitalwerths, also in erster Instanz durch Produktion von möglichst viel Mehrwerth; zweitens aber (siehe Buch I, Kap. XXII) durch Produktion von Kapital, also dnrch Ver- wandlung von Mehrwerth in Kapital. Die Akkumulation oder Produktion auf erweiterter Stufenleiter, die als Mittel zu stets ausgedehntrer Produktion von Mehrwerth, daher Bereicherung des Kapitalisten, als persönlicher Zweck des letztren erscheint, und eingeschlossen ist in die allgemeine Tendenz der kapitalistischen Produktion, wird aber weiter, wie im ersten Buch gezeigt, durch ihre Entwicklung eine Nothwendigkeit für jeden individuellen Kapi- talisten. Die stete Vergrößrung seines Kapitals wird Bedingung der Er-
ein innerhalb des kapitalistischen Akkumulationsprocesses einbegriffnes, ihn begleitendes, aber zugleich wesentlich von ihm unterschiednes Moment. Denn durch die Bildung von latentem Geldkapital wird der Reproduk- tionsprocess selbst nicht erweitert. Umgekehrt. Latentes Geldkapital wird hier gebildet, weil der kapitalistische Producent die Stufenleiter seiner Produktion nicht unmittelbar erweitern kann. Verkauft er sein Mehrpro- dukt an einen Gold- oder Silberproducenten, der neues Gold oder Silber in die Cirkulation hineinwirft, oder, was auf dasselbe hinauskommt, an einen Kaufmann, der für einen Theil des nationalen Mehrprodukts zu- schüssiges Gold oder Silber vom Ausland importirt, so bildet sein latentes Geldkapital ein Inkrement des nationalen Gold- oder Silberschatzes. In allen andren Fällen haben z. B. die 78 £, die in der Hand des Käufers Cirkulationsmittel waren, in der Hand des Kapitalisten nur die Schatzform angenommen; es hat also nur andre Vertheilung des nationalen Gold- oder Silberschatzes stattgefunden.
Fungirt das Geld in den Transaktionen unsres Kapitalisten als Zahlungsmittel (in der Art, dass die Waare erst in kürzrem oder längrem Termin vom Käufer zu zahlen) so verwandelt sich das zur Kapitalisation bestimmte Mehrprodukt nicht in Geld, sondern in Schuldforderungen, Eigen- thumstitel auf ein Aequivalent, das der Käufer vielleicht schon im Besitz, vielleicht erst in Aussicht hat. Es geht nicht in den Reproduktionspro- cess des Kreislaufs ein, so wenig wie Geld, das in zinstragenden Papieren etc. angelegt, obgleich es in dem Kreislauf andrer industriellen Einzelka- pitale eingehn kann.
Der ganze Charakter der kapitalistischen Produktion ist bestimmt durch die Verwerthung des vorgeschossnen Kapitalwerths, also in erster Instanz durch Produktion von möglichst viel Mehrwerth; zweitens aber (siehe Buch I, Kap. XXII) durch Produktion von Kapital, also dnrch Ver- wandlung von Mehrwerth in Kapital. Die Akkumulation oder Produktion auf erweiterter Stufenleiter, die als Mittel zu stets ausgedehntrer Produktion von Mehrwerth, daher Bereicherung des Kapitalisten, als persönlicher Zweck des letztren erscheint, und eingeschlossen ist in die allgemeine Tendenz der kapitalistischen Produktion, wird aber weiter, wie im ersten Buch gezeigt, durch ihre Entwicklung eine Nothwendigkeit für jeden individuellen Kapi- talisten. Die stete Vergrößrung seines Kapitals wird Bedingung der Er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0088"n="54"/>
ein innerhalb des kapitalistischen Akkumulationsprocesses einbegriffnes,<lb/>
ihn begleitendes, aber zugleich wesentlich von ihm unterschiednes Moment.<lb/>
Denn durch die Bildung von latentem Geldkapital wird der Reproduk-<lb/>
tionsprocess selbst nicht erweitert. Umgekehrt. Latentes Geldkapital wird<lb/>
hier gebildet, weil der kapitalistische Producent die Stufenleiter seiner<lb/>
Produktion nicht unmittelbar erweitern kann. Verkauft er sein Mehrpro-<lb/>
dukt an einen Gold- oder Silberproducenten, der neues Gold oder Silber<lb/>
in die Cirkulation hineinwirft, oder, was auf dasselbe hinauskommt, an<lb/>
einen Kaufmann, der für einen Theil des nationalen Mehrprodukts zu-<lb/>
schüssiges Gold oder Silber vom Ausland importirt, so bildet sein latentes<lb/>
Geldkapital ein Inkrement des nationalen Gold- oder Silberschatzes. In<lb/>
allen andren Fällen haben z. B. die 78 <hirendition="#i">£</hi>, die in der Hand des Käufers<lb/>
Cirkulationsmittel waren, in der Hand des Kapitalisten nur die Schatzform<lb/>
angenommen; es hat also nur andre Vertheilung des nationalen Gold- oder<lb/>
Silberschatzes stattgefunden.</p><lb/><p>Fungirt das Geld in den Transaktionen unsres Kapitalisten als<lb/>
Zahlungsmittel (in der Art, dass die Waare erst in kürzrem oder längrem<lb/>
Termin vom Käufer zu zahlen) so verwandelt sich das zur Kapitalisation<lb/>
bestimmte Mehrprodukt nicht in Geld, sondern in Schuldforderungen, Eigen-<lb/>
thumstitel auf ein Aequivalent, das der Käufer vielleicht schon im Besitz,<lb/>
vielleicht erst in Aussicht hat. Es geht nicht in den Reproduktionspro-<lb/>
cess des Kreislaufs ein, so wenig wie Geld, das in zinstragenden Papieren<lb/>
etc. angelegt, obgleich es in dem Kreislauf andrer industriellen Einzelka-<lb/>
pitale eingehn kann.</p><lb/><p>Der ganze Charakter der kapitalistischen Produktion ist bestimmt<lb/>
durch die Verwerthung des vorgeschossnen Kapitalwerths, also in erster<lb/>
Instanz durch Produktion von möglichst viel Mehrwerth; zweitens aber<lb/>
(siehe Buch I, Kap. XXII) durch Produktion von Kapital, also dnrch Ver-<lb/>
wandlung von Mehrwerth in Kapital. Die Akkumulation oder Produktion<lb/>
auf erweiterter Stufenleiter, die als Mittel zu stets ausgedehntrer Produktion<lb/>
von Mehrwerth, daher Bereicherung des Kapitalisten, als persönlicher Zweck<lb/>
des letztren erscheint, und eingeschlossen ist in die allgemeine Tendenz der<lb/>
kapitalistischen Produktion, wird aber weiter, wie im ersten Buch gezeigt,<lb/>
durch ihre Entwicklung eine Nothwendigkeit für jeden individuellen Kapi-<lb/>
talisten. Die stete Vergrößrung seines Kapitals wird Bedingung der Er-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[54/0088]
ein innerhalb des kapitalistischen Akkumulationsprocesses einbegriffnes,
ihn begleitendes, aber zugleich wesentlich von ihm unterschiednes Moment.
Denn durch die Bildung von latentem Geldkapital wird der Reproduk-
tionsprocess selbst nicht erweitert. Umgekehrt. Latentes Geldkapital wird
hier gebildet, weil der kapitalistische Producent die Stufenleiter seiner
Produktion nicht unmittelbar erweitern kann. Verkauft er sein Mehrpro-
dukt an einen Gold- oder Silberproducenten, der neues Gold oder Silber
in die Cirkulation hineinwirft, oder, was auf dasselbe hinauskommt, an
einen Kaufmann, der für einen Theil des nationalen Mehrprodukts zu-
schüssiges Gold oder Silber vom Ausland importirt, so bildet sein latentes
Geldkapital ein Inkrement des nationalen Gold- oder Silberschatzes. In
allen andren Fällen haben z. B. die 78 £, die in der Hand des Käufers
Cirkulationsmittel waren, in der Hand des Kapitalisten nur die Schatzform
angenommen; es hat also nur andre Vertheilung des nationalen Gold- oder
Silberschatzes stattgefunden.
Fungirt das Geld in den Transaktionen unsres Kapitalisten als
Zahlungsmittel (in der Art, dass die Waare erst in kürzrem oder längrem
Termin vom Käufer zu zahlen) so verwandelt sich das zur Kapitalisation
bestimmte Mehrprodukt nicht in Geld, sondern in Schuldforderungen, Eigen-
thumstitel auf ein Aequivalent, das der Käufer vielleicht schon im Besitz,
vielleicht erst in Aussicht hat. Es geht nicht in den Reproduktionspro-
cess des Kreislaufs ein, so wenig wie Geld, das in zinstragenden Papieren
etc. angelegt, obgleich es in dem Kreislauf andrer industriellen Einzelka-
pitale eingehn kann.
Der ganze Charakter der kapitalistischen Produktion ist bestimmt
durch die Verwerthung des vorgeschossnen Kapitalwerths, also in erster
Instanz durch Produktion von möglichst viel Mehrwerth; zweitens aber
(siehe Buch I, Kap. XXII) durch Produktion von Kapital, also dnrch Ver-
wandlung von Mehrwerth in Kapital. Die Akkumulation oder Produktion
auf erweiterter Stufenleiter, die als Mittel zu stets ausgedehntrer Produktion
von Mehrwerth, daher Bereicherung des Kapitalisten, als persönlicher Zweck
des letztren erscheint, und eingeschlossen ist in die allgemeine Tendenz der
kapitalistischen Produktion, wird aber weiter, wie im ersten Buch gezeigt,
durch ihre Entwicklung eine Nothwendigkeit für jeden individuellen Kapi-
talisten. Die stete Vergrößrung seines Kapitals wird Bedingung der Er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/88>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.