soweit die Furcht vor der Erschöpfung der Bankreserve -- einer Schöpfung von Overstone -- eine Geldpanik der Krise von 1847/48 hinzufügte. Aber das ist hier nicht der Fragepunkt. Es war vor- handen eine Geldkapitalnoth, verursacht durch die übermäßige Grösse der Operationen, verglichen mit den vorhandnen Mitteln, und zum Ausbruch gebracht durch die Störung des Reproduktions- processes in Folge von missrathener Ernte, von Ueberanlage von Eisenbahnen, von Ueberproduktion namentlich in Baumwollwaaren, von indischem und chinesischem Schwindelgeschäft, Spekulation, Uebereinfuhr von Zucker etc. Was den Leuten, die Korn gekauft hatten, als es 120 sh. per Quarter stand, fehlte, als es auf 60 sh. gefallen war, waren die 60 sh., die sie zuviel bezahlt, und der entsprechende Kredit dafür im Lombardvorschuss auf das Korn. Es war durchaus nicht Mangel an Banknoten, der sie daran hinderte, ihr Korn zum alten Preis von 120 sh. in Geld zu konvertiren. Ebenso bei denen, welche Zucker übereingeführt hatten, und dieser dann fast unverkäuflich wurde. Ebenso bei den Herren, die ihr Cir- kulationskapital (floating capital) in Eisenbahnen festgelegt und sich für den Ersatz desselben in ihrem "legitimen" Geschäft auf Kredit verlassen hatten. Alles dies drückt sich für Overstone aus in einem "moralischen Gewahrwerden des erhöhten Werthes seines Geldes (a moral sense of the enhanced value of his money)". Aber diesem erhöhten Werth des Geldkapitals entsprach auf der andern Seite direkt der gefallne Geldwerth des realen Kapitals (Waaren- kapitals und produktiven Kapitals). Der Werth des Kapitals in der einen Form stieg, weil der Werth des Kapitals in der andern sank. Overstone sucht aber diese beiden Werthe verschiedner Kapitalsorten in einem einzigen Werth des Kapitals überhaupt zu identificiren, und zwar dadurch, dass er beide einem Mangel an Cirkulationsmittel, an vorhandnem Geld gegenüberstellt. Derselbe Betrag von Geldkapital kann aber mit sehr verschiednen Massen von Cirkulationsmitteln verliehen werden.
Nehmen wir nun sein Beispiel von 1847. Der officielle Bank- zinsfuss stand: Januar 3--31/2 %. Februar 4--41/2 %. März meist 4 %. April (Panik) 4--71/2 %. Mai 5--51/2 %. Juni im ganzen 5 %. Juli 5 %. August 5--51/2 %. September 5 % mit kleinen Variationen von 51/4, 51/2, 6 %. Oktober 5, 51/2, 7 %. November 7--10 %. December 7--5 %. -- In diesem Fall stieg der Zins, weil die Profite abnahmen, und die Geldwerthe der Waaren enorm fielen. Wenn also Overstone hier sagt, dass der Zinsfuss 1847 stieg, weil der Werth des Kapitals stieg, so kann er unter Werth
soweit die Furcht vor der Erschöpfung der Bankreserve — einer Schöpfung von Overstone — eine Geldpanik der Krise von 1847/48 hinzufügte. Aber das ist hier nicht der Fragepunkt. Es war vor- handen eine Geldkapitalnoth, verursacht durch die übermäßige Grösse der Operationen, verglichen mit den vorhandnen Mitteln, und zum Ausbruch gebracht durch die Störung des Reproduktions- processes in Folge von missrathener Ernte, von Ueberanlage von Eisenbahnen, von Ueberproduktion namentlich in Baumwollwaaren, von indischem und chinesischem Schwindelgeschäft, Spekulation, Uebereinfuhr von Zucker etc. Was den Leuten, die Korn gekauft hatten, als es 120 sh. per Quarter stand, fehlte, als es auf 60 sh. gefallen war, waren die 60 sh., die sie zuviel bezahlt, und der entsprechende Kredit dafür im Lombardvorschuss auf das Korn. Es war durchaus nicht Mangel an Banknoten, der sie daran hinderte, ihr Korn zum alten Preis von 120 sh. in Geld zu konvertiren. Ebenso bei denen, welche Zucker übereingeführt hatten, und dieser dann fast unverkäuflich wurde. Ebenso bei den Herren, die ihr Cir- kulationskapital (floating capital) in Eisenbahnen festgelegt und sich für den Ersatz desselben in ihrem „legitimen“ Geschäft auf Kredit verlassen hatten. Alles dies drückt sich für Overstone aus in einem „moralischen Gewahrwerden des erhöhten Werthes seines Geldes (a moral sense of the enhanced value of his money)“. Aber diesem erhöhten Werth des Geldkapitals entsprach auf der andern Seite direkt der gefallne Geldwerth des realen Kapitals (Waaren- kapitals und produktiven Kapitals). Der Werth des Kapitals in der einen Form stieg, weil der Werth des Kapitals in der andern sank. Overstone sucht aber diese beiden Werthe verschiedner Kapitalsorten in einem einzigen Werth des Kapitals überhaupt zu identificiren, und zwar dadurch, dass er beide einem Mangel an Cirkulationsmittel, an vorhandnem Geld gegenüberstellt. Derselbe Betrag von Geldkapital kann aber mit sehr verschiednen Massen von Cirkulationsmitteln verliehen werden.
Nehmen wir nun sein Beispiel von 1847. Der officielle Bank- zinsfuss stand: Januar 3—3½ %. Februar 4—4½ %. März meist 4 %. April (Panik) 4—7½ %. Mai 5—5½ %. Juni im ganzen 5 %. Juli 5 %. August 5—5½ %. September 5 % mit kleinen Variationen von 5¼, 5½, 6 %. Oktober 5, 5½, 7 %. November 7—10 %. December 7—5 %. — In diesem Fall stieg der Zins, weil die Profite abnahmen, und die Geldwerthe der Waaren enorm fielen. Wenn also Overstone hier sagt, dass der Zinsfuss 1847 stieg, weil der Werth des Kapitals stieg, so kann er unter Werth
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soweit die Furcht vor der Erschöpfung der Bankreserve — einer
Schöpfung von Overstone — eine Geldpanik der Krise von 1847/48
hinzufügte. Aber das ist hier nicht der Fragepunkt. Es war vor-
handen eine Geldkapitalnoth, verursacht durch die übermäßige
Grösse der Operationen, verglichen mit den vorhandnen Mitteln,
und zum Ausbruch gebracht durch die Störung des Reproduktions-
processes in Folge von missrathener Ernte, von Ueberanlage von
Eisenbahnen, von Ueberproduktion namentlich in Baumwollwaaren,
von indischem und chinesischem Schwindelgeschäft, Spekulation,
Uebereinfuhr von Zucker etc. Was den Leuten, die Korn gekauft
hatten, als es 120 sh. per Quarter stand, fehlte, als es auf 60 sh.
gefallen war, waren die 60 sh., die sie zuviel bezahlt, und der
entsprechende Kredit dafür im Lombardvorschuss auf das Korn.
Es war durchaus nicht Mangel an Banknoten, der sie daran hinderte,
ihr Korn zum alten Preis von 120 sh. in Geld zu konvertiren.
Ebenso bei denen, welche Zucker übereingeführt hatten, und dieser
dann fast unverkäuflich wurde. Ebenso bei den Herren, die ihr Cir-
kulationskapital (floating capital) in Eisenbahnen festgelegt und sich
für den Ersatz desselben in ihrem „legitimen“ Geschäft auf Kredit
verlassen hatten. Alles dies drückt sich für Overstone aus in
einem „moralischen Gewahrwerden des erhöhten Werthes seines
Geldes (a moral sense of the enhanced value of his money)“. Aber
diesem erhöhten Werth des Geldkapitals entsprach auf der andern
Seite direkt der gefallne Geldwerth des realen Kapitals (Waaren-
kapitals und produktiven Kapitals). Der Werth des Kapitals in
der einen Form stieg, weil der Werth des Kapitals in der andern
sank. Overstone sucht aber diese beiden Werthe verschiedner
Kapitalsorten in einem einzigen Werth des Kapitals überhaupt
zu identificiren, und zwar dadurch, dass er beide einem Mangel an
Cirkulationsmittel, an vorhandnem Geld gegenüberstellt. Derselbe
Betrag von Geldkapital kann aber mit sehr verschiednen Massen
von Cirkulationsmitteln verliehen werden.
Nehmen wir nun sein Beispiel von 1847. Der officielle Bank-
zinsfuss stand: Januar 3—3½ %. Februar 4—4½ %. März meist
4 %. April (Panik) 4—7½ %. Mai 5—5½ %. Juni im ganzen
5 %. Juli 5 %. August 5—5½ %. September 5 % mit kleinen
Variationen von 5¼, 5½, 6 %. Oktober 5, 5½, 7 %. November
7—10 %. December 7—5 %. — In diesem Fall stieg der Zins,
weil die Profite abnahmen, und die Geldwerthe der Waaren enorm
fielen. Wenn also Overstone hier sagt, dass der Zinsfuss 1847
stieg, weil der Werth des Kapitals stieg, so kann er unter Werth
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/441>, abgerufen am 24.11.2024.
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