Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon ausgeschlossen
Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produ-
cent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als
Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der
That alle Mehrarbeit der unmittelbaren Producenten sich aneignet,
ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigenthum, resp.
der Besitz, der Producenten an den Arbeitsbedingungen -- und
die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion -- wesentliche
Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt
unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegen-
übertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise,
lähmt die Produktivkräfte statt sie zu entwickeln, und verewigt
zugleich diese jammervollen Zustände, in denen nicht, wie in der
kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivität der
Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird.

Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf
den antiken und feudalen Reichthum und auf das antike und
feudale Eigenthum. Andrerseits untergräbt und ruinirt er die
kleinbäuerliche und kleinbürgerliche Produktion, kurz alle Formen,
worin der Producent noch als Eigenthümer seiner Produktions-
mittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktions-
weise ist der Arbeiter nicht Eigenthümer der Produktionsbedin-
gungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc.
Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Producenten
entspricht hier aber eine wirkliche Umwälzung in der Produktions-
weise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in grosser Werk-
statt vereinigt zu getheilter, ineinander greifender Thätigkeit; das
Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt
nicht mehr diese mit dem kleinen Eigenthum verbundne Zersplitt-
rung der Produktionsinstrumente, so wenig wie die Isolirung der
Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der
Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Producenten
scheiden, weil sie bereits geschieden sind.

Der Wucher centralisirt Geldvermögen, wo die Produktionsmittel
zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern
saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er
saugt sie aus, entnervt sie, und zwingt die Reproduktion unter immer
erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Hass gegen
den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigenthum
des Producenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis
der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.


der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon ausgeschlossen
Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produ-
cent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als
Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der
That alle Mehrarbeit der unmittelbaren Producenten sich aneignet,
ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigenthum, resp.
der Besitz, der Producenten an den Arbeitsbedingungen — und
die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion — wesentliche
Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt
unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegen-
übertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise,
lähmt die Produktivkräfte statt sie zu entwickeln, und verewigt
zugleich diese jammervollen Zustände, in denen nicht, wie in der
kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivität der
Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird.

Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf
den antiken und feudalen Reichthum und auf das antike und
feudale Eigenthum. Andrerseits untergräbt und ruinirt er die
kleinbäuerliche und kleinbürgerliche Produktion, kurz alle Formen,
worin der Producent noch als Eigenthümer seiner Produktions-
mittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktions-
weise ist der Arbeiter nicht Eigenthümer der Produktionsbedin-
gungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc.
Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Producenten
entspricht hier aber eine wirkliche Umwälzung in der Produktions-
weise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in grosser Werk-
statt vereinigt zu getheilter, ineinander greifender Thätigkeit; das
Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt
nicht mehr diese mit dem kleinen Eigenthum verbundne Zersplitt-
rung der Produktionsinstrumente, so wenig wie die Isolirung der
Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der
Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Producenten
scheiden, weil sie bereits geschieden sind.

Der Wucher centralisirt Geldvermögen, wo die Produktionsmittel
zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern
saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er
saugt sie aus, entnervt sie, und zwingt die Reproduktion unter immer
erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Hass gegen
den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigenthum
des Producenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis
der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0144" n="135"/>
der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon ausgeschlossen<lb/>
Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produ-<lb/>
cent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als<lb/>
Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der<lb/>
That alle Mehrarbeit der unmittelbaren Producenten sich aneignet,<lb/>
ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigenthum, resp.<lb/>
der Besitz, der Producenten an den Arbeitsbedingungen &#x2014; und<lb/>
die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion &#x2014; wesentliche<lb/>
Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt<lb/>
unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegen-<lb/>
übertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise,<lb/>
lähmt die Produktivkräfte statt sie zu entwickeln, und verewigt<lb/>
zugleich diese jammervollen Zustände, in denen nicht, wie in der<lb/>
kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivität der<lb/>
Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird.</p><lb/>
            <p>Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf<lb/>
den antiken und feudalen Reichthum und auf das antike und<lb/>
feudale Eigenthum. Andrerseits untergräbt und ruinirt er die<lb/>
kleinbäuerliche und kleinbürgerliche Produktion, kurz alle Formen,<lb/>
worin der Producent noch als Eigenthümer seiner Produktions-<lb/>
mittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktions-<lb/>
weise ist der Arbeiter nicht Eigenthümer der Produktionsbedin-<lb/>
gungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc.<lb/>
Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Producenten<lb/>
entspricht hier aber eine wirkliche Umwälzung in der Produktions-<lb/>
weise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in grosser Werk-<lb/>
statt vereinigt zu getheilter, ineinander greifender Thätigkeit; das<lb/>
Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt<lb/>
nicht mehr diese mit dem kleinen Eigenthum verbundne Zersplitt-<lb/>
rung der Produktionsinstrumente, so wenig wie die Isolirung der<lb/>
Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der<lb/>
Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Producenten<lb/>
scheiden, weil sie bereits geschieden sind.</p><lb/>
            <p>Der Wucher centralisirt Geldvermögen, wo die Produktionsmittel<lb/>
zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern<lb/>
saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er<lb/>
saugt sie aus, entnervt sie, und zwingt die Reproduktion unter immer<lb/>
erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Hass gegen<lb/>
den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigenthum<lb/>
des Producenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis<lb/>
der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0144] der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon ausgeschlossen Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualität als Produ- cent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der That alle Mehrarbeit der unmittelbaren Producenten sich aneignet, ohne die Produktionsweise zu ändern; worin das Eigenthum, resp. der Besitz, der Producenten an den Arbeitsbedingungen — und die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion — wesentliche Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegen- übertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise, lähmt die Produktivkräfte statt sie zu entwickeln, und verewigt zugleich diese jammervollen Zustände, in denen nicht, wie in der kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivität der Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird. Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf den antiken und feudalen Reichthum und auf das antike und feudale Eigenthum. Andrerseits untergräbt und ruinirt er die kleinbäuerliche und kleinbürgerliche Produktion, kurz alle Formen, worin der Producent noch als Eigenthümer seiner Produktions- mittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktions- weise ist der Arbeiter nicht Eigenthümer der Produktionsbedin- gungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc. Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Producenten entspricht hier aber eine wirkliche Umwälzung in der Produktions- weise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in grosser Werk- statt vereinigt zu getheilter, ineinander greifender Thätigkeit; das Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt nicht mehr diese mit dem kleinen Eigenthum verbundne Zersplitt- rung der Produktionsinstrumente, so wenig wie die Isolirung der Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Producenten scheiden, weil sie bereits geschieden sind. Der Wucher centralisirt Geldvermögen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie, und zwingt die Reproduktion unter immer erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Hass gegen den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigenthum des Producenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/144
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/144>, abgerufen am 27.11.2024.