Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.mischen Werth, d. h. die Verwerthung dieses Monopols auf Basis und Boden -- ein sehr modernes Produkt -- ist nach Hegel nicht ein be-
stimmtes gesellschaftliches Verhältniss, sondern ein Verhältniss des Menschen als Person zur "Natur," absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen" (Hegel, Philosophie des Rechts. Berlin 1840. S. 79.) Soviel ist zu- nächst klar, dass die einzelne Person sich nicht durch ihren "Willen" als Eigenthümer behaupten kann gegenüber dem fremden Willen, der sich eben- falls in demselben Fetzen Erdkörper verleiblichen will. Es gehören dazu ganz andre Dinge als der gute Wille. Es ist ferner absolut nicht abzusehn, wo "die Person" sich die Schranke der Verwirklichung ihres Willens setzt, ob das Dasein ihres Willens sich in einem ganzen Land realisirt, oder ob sie einen ganzen Haufen Länder braucht, um durch deren Aneignung "die Hoheit meines Willens gegen die Sache zu manifestiren." Hier geräth Hegel denn auch vollständig in die Brüche. "Die Besitznahme ist ganz verein- zelter Art; ich nehme nicht mehr in Besitz, als ich mit meinem Körper be- rühre, aber das zweite ist sogleich, dass die äussern Dinge eine weitre Aus- dehnung haben als ich fassen kann. Indem ich so was im Besitz habe, ist auch damit ein andres in Verbindung. Ich übe die Besitznahme durch die Hand, aber der Bereich derselben kann erweitert werden." (p. 90.) Aber mit diesem andren ist wieder etwas andres in Verbindung und so verschwindet die Grenze, wie weit sich mein Wille als Seele in den Boden auszugiessen hat. "Wenn ich etwas besitze, so geht der Verstand gleich dahin über, dass nicht bloss das unmittelbar Besessne, sondern das damit Zusammenhängende mein sei. Hier muss das positive Recht seine Feststellungen machen, denn aus dem Begriffe lässt sich nichts weiter herleiten." (p. 91.) Dies ist ein ausserordentlich naives Geständniss "des Begriffs," und beweist dass der Be- griff, der von vornherein den Schnitzer macht, eine ganz bestimmte und der bürgerlichen Gesellschaft angehörige juristische Vorstellung vom Grundeigen- thum für absolut zu halten, von den wirklichen Gestaltungen dieses Grund- eigenthums "nichts" begreift. Es ist zugleich das Geständniss darin ent- halten, dass mit den wechselnden Bedürfnissen der gesellschaftlichen, d. h. ökonomischen Entwicklung das "positive Recht" seine Feststellungen wechseln kann und muss. mischen Werth, d. h. die Verwerthung dieses Monopols auf Basis und Boden — ein sehr modernes Produkt — ist nach Hegel nicht ein be-
stimmtes gesellschaftliches Verhältniss, sondern ein Verhältniss des Menschen als Person zur „Natur,“ absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle Sachen“ (Hegel, Philosophie des Rechts. Berlin 1840. S. 79.) Soviel ist zu- nächst klar, dass die einzelne Person sich nicht durch ihren „Willen“ als Eigenthümer behaupten kann gegenüber dem fremden Willen, der sich eben- falls in demselben Fetzen Erdkörper verleiblichen will. Es gehören dazu ganz andre Dinge als der gute Wille. Es ist ferner absolut nicht abzusehn, wo „die Person“ sich die Schranke der Verwirklichung ihres Willens setzt, ob das Dasein ihres Willens sich in einem ganzen Land realisirt, oder ob sie einen ganzen Haufen Länder braucht, um durch deren Aneignung „die Hoheit meines Willens gegen die Sache zu manifestiren.“ Hier geräth Hegel denn auch vollständig in die Brüche. „Die Besitznahme ist ganz verein- zelter Art; ich nehme nicht mehr in Besitz, als ich mit meinem Körper be- rühre, aber das zweite ist sogleich, dass die äussern Dinge eine weitre Aus- dehnung haben als ich fassen kann. Indem ich so was im Besitz habe, ist auch damit ein andres in Verbindung. Ich übe die Besitznahme durch die Hand, aber der Bereich derselben kann erweitert werden.“ (p. 90.) Aber mit diesem andren ist wieder etwas andres in Verbindung und so verschwindet die Grenze, wie weit sich mein Wille als Seele in den Boden auszugiessen hat. „Wenn ich etwas besitze, so geht der Verstand gleich dahin über, dass nicht bloss das unmittelbar Besessne, sondern das damit Zusammenhängende mein sei. Hier muss das positive Recht seine Feststellungen machen, denn aus dem Begriffe lässt sich nichts weiter herleiten.“ (p. 91.) Dies ist ein ausserordentlich naives Geständniss „des Begriffs,“ und beweist dass der Be- griff, der von vornherein den Schnitzer macht, eine ganz bestimmte und der bürgerlichen Gesellschaft angehörige juristische Vorstellung vom Grundeigen- thum für absolut zu halten, von den wirklichen Gestaltungen dieses Grund- eigenthums „nichts“ begreift. Es ist zugleich das Geständniss darin ent- halten, dass mit den wechselnden Bedürfnissen der gesellschaftlichen, d. h. ökonomischen Entwicklung das „positive Recht“ seine Feststellungen wechseln kann und muss. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0164" n="155"/> mischen Werth, d. h. die Verwerthung dieses Monopols auf Basis<lb/> der kapitalistischen Produktion zu entwickeln. Mit der juristischen<lb/> Macht dieser Personen, Portionen des Erdballs zu brauchen und<lb/> zu missbrauchen, ist nichts abgemacht. Der Gebrauch derselben<lb/> hängt ganz und gar von ökonomischen Bedingungen ab, die von<lb/> ihrem Willen unabhängig sind. Die juristische Vorstellung selbst<lb/> heisst weiter nichts, als dass der Grundeigenthümer mit dem Boden<lb/> verfahren kann, wie jeder Waarenbesitzer mit seiner Waare; und<lb/> diese Vorstellung — die juristische Vorstellung des freien Privat-<lb/> Grundeigenthums — tritt in der alten Welt nur ein zur Zeit der<lb/> Auflösung der organischen Gesellschaftsordnung, und in der modernen<lb/> Welt nur mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion.<lb/> In Asien ist sie nur stellenweis von den Europäern importirt worden.<lb/> Im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kap.<lb/> XXIV), hat man gesehn, wie diese Produktionsweise voraussetzt,<lb/> einerseits die Loslösung der unmittelbaren Producenten aus der<lb/> Stellung eines blossen Zubehörs des Bodens (in der Form von<lb/><note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="26)">und Boden — ein sehr modernes Produkt — ist nach Hegel nicht ein be-<lb/> stimmtes gesellschaftliches Verhältniss, sondern ein Verhältniss des Menschen<lb/> als Person zur „Natur,“ absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle<lb/> Sachen“ (Hegel, Philosophie des Rechts. Berlin 1840. S. 79.) Soviel ist zu-<lb/> nächst klar, dass die einzelne Person sich nicht durch ihren „Willen“ als<lb/> Eigenthümer behaupten kann gegenüber dem fremden Willen, der sich eben-<lb/> falls in demselben Fetzen Erdkörper verleiblichen will. Es gehören dazu<lb/> ganz andre Dinge als der gute Wille. Es ist ferner absolut nicht abzusehn,<lb/> wo „die Person“ sich die Schranke der Verwirklichung ihres Willens setzt,<lb/> ob das Dasein ihres Willens sich in einem ganzen Land realisirt, oder ob<lb/> sie einen ganzen Haufen Länder braucht, um durch deren Aneignung „die<lb/> Hoheit meines Willens gegen die Sache zu manifestiren.“ Hier geräth Hegel<lb/> denn auch vollständig in die Brüche. „Die Besitznahme ist ganz verein-<lb/> zelter Art; ich nehme nicht mehr in Besitz, als ich mit meinem Körper be-<lb/> rühre, aber das zweite ist sogleich, dass die äussern Dinge eine weitre Aus-<lb/> dehnung haben als ich fassen kann. Indem ich so was im Besitz habe, ist<lb/> auch damit ein andres in Verbindung. Ich übe die Besitznahme durch die<lb/> Hand, aber der Bereich derselben kann erweitert werden.“ (p. 90.) Aber mit<lb/> diesem andren ist wieder etwas andres in Verbindung und so verschwindet<lb/> die Grenze, wie weit sich mein Wille als Seele in den Boden auszugiessen<lb/> hat. „Wenn ich etwas besitze, so geht der Verstand gleich dahin über, dass<lb/> nicht bloss das unmittelbar Besessne, sondern das damit Zusammenhängende<lb/> mein sei. Hier muss das positive Recht seine Feststellungen machen, denn<lb/> aus dem Begriffe lässt sich nichts weiter herleiten.“ (p. 91.) Dies ist ein<lb/> ausserordentlich naives Geständniss „des Begriffs,“ und beweist dass der Be-<lb/> griff, der von vornherein den Schnitzer macht, eine ganz bestimmte und der<lb/> bürgerlichen Gesellschaft angehörige juristische Vorstellung vom Grundeigen-<lb/> thum für absolut zu halten, von den wirklichen Gestaltungen dieses Grund-<lb/> eigenthums „nichts“ begreift. Es ist zugleich das Geständniss darin ent-<lb/> halten, dass mit den wechselnden Bedürfnissen der gesellschaftlichen, d. h.<lb/> ökonomischen Entwicklung das „positive Recht“ seine Feststellungen wechseln<lb/> kann und muss.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0164]
mischen Werth, d. h. die Verwerthung dieses Monopols auf Basis
der kapitalistischen Produktion zu entwickeln. Mit der juristischen
Macht dieser Personen, Portionen des Erdballs zu brauchen und
zu missbrauchen, ist nichts abgemacht. Der Gebrauch derselben
hängt ganz und gar von ökonomischen Bedingungen ab, die von
ihrem Willen unabhängig sind. Die juristische Vorstellung selbst
heisst weiter nichts, als dass der Grundeigenthümer mit dem Boden
verfahren kann, wie jeder Waarenbesitzer mit seiner Waare; und
diese Vorstellung — die juristische Vorstellung des freien Privat-
Grundeigenthums — tritt in der alten Welt nur ein zur Zeit der
Auflösung der organischen Gesellschaftsordnung, und in der modernen
Welt nur mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion.
In Asien ist sie nur stellenweis von den Europäern importirt worden.
Im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kap.
XXIV), hat man gesehn, wie diese Produktionsweise voraussetzt,
einerseits die Loslösung der unmittelbaren Producenten aus der
Stellung eines blossen Zubehörs des Bodens (in der Form von
26)
26) und Boden — ein sehr modernes Produkt — ist nach Hegel nicht ein be-
stimmtes gesellschaftliches Verhältniss, sondern ein Verhältniss des Menschen
als Person zur „Natur,“ absolutes Zueignungsrecht des Menschen auf alle
Sachen“ (Hegel, Philosophie des Rechts. Berlin 1840. S. 79.) Soviel ist zu-
nächst klar, dass die einzelne Person sich nicht durch ihren „Willen“ als
Eigenthümer behaupten kann gegenüber dem fremden Willen, der sich eben-
falls in demselben Fetzen Erdkörper verleiblichen will. Es gehören dazu
ganz andre Dinge als der gute Wille. Es ist ferner absolut nicht abzusehn,
wo „die Person“ sich die Schranke der Verwirklichung ihres Willens setzt,
ob das Dasein ihres Willens sich in einem ganzen Land realisirt, oder ob
sie einen ganzen Haufen Länder braucht, um durch deren Aneignung „die
Hoheit meines Willens gegen die Sache zu manifestiren.“ Hier geräth Hegel
denn auch vollständig in die Brüche. „Die Besitznahme ist ganz verein-
zelter Art; ich nehme nicht mehr in Besitz, als ich mit meinem Körper be-
rühre, aber das zweite ist sogleich, dass die äussern Dinge eine weitre Aus-
dehnung haben als ich fassen kann. Indem ich so was im Besitz habe, ist
auch damit ein andres in Verbindung. Ich übe die Besitznahme durch die
Hand, aber der Bereich derselben kann erweitert werden.“ (p. 90.) Aber mit
diesem andren ist wieder etwas andres in Verbindung und so verschwindet
die Grenze, wie weit sich mein Wille als Seele in den Boden auszugiessen
hat. „Wenn ich etwas besitze, so geht der Verstand gleich dahin über, dass
nicht bloss das unmittelbar Besessne, sondern das damit Zusammenhängende
mein sei. Hier muss das positive Recht seine Feststellungen machen, denn
aus dem Begriffe lässt sich nichts weiter herleiten.“ (p. 91.) Dies ist ein
ausserordentlich naives Geständniss „des Begriffs,“ und beweist dass der Be-
griff, der von vornherein den Schnitzer macht, eine ganz bestimmte und der
bürgerlichen Gesellschaft angehörige juristische Vorstellung vom Grundeigen-
thum für absolut zu halten, von den wirklichen Gestaltungen dieses Grund-
eigenthums „nichts“ begreift. Es ist zugleich das Geständniss darin ent-
halten, dass mit den wechselnden Bedürfnissen der gesellschaftlichen, d. h.
ökonomischen Entwicklung das „positive Recht“ seine Feststellungen wechseln
kann und muss.
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