Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Bebauung grösserer Flächen von B und C, setzt keineswegs vor-
heriges Steigen der Getreidepreise voraus, sowenig wie die jähr-
lich vorangehende Erweiterung z. B. der Baumwollspinnerei ein
fortwährendes Steigen der Garnpreise erheischt. Obgleich bedeu-
tendes Steigen oder Fallen der Marktpreise auf den Produktions-
umfang einwirkt, so findet doch, hiervon abgesehn, auch bei den
Durchschnittspreisen, deren Stand auf die Produktion weder hem-
mend noch ausnahmsweis ermunternd wirkt, in der Agrikultur (wie
in allen andren Produktionszweigen, die kapitalistisch betrieben
werden) fortwährend jene relative Ueberproduktion statt, die an
sich identisch ist mit der Akkumulation, und die bei andrer Pro-
duktionsweise direkt durch die Vermehrung der Bevölkerung, und
in Kolonien durch fortwährende Einwanderung bewirkt wird. Der
Bedarf wächst beständig, und in dieser Voraussicht wird fort-
während neues Kapital in neuem Boden angelegt; obgleich je nach
Umständen für verschiedne Bodenprodukte. Es ist die Bildung
neuer Kapitale, die dies an und für sich mit sich bringt. Was
aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang
seiner Produktion durch den seines disponiblen Kapitals, soweit er
es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat ist, soviel
Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird über-
producirt, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Kon-
kurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion aus-
dehnen, ebensowohl indem er einen grössern aliquoten Theil des
gegebnen Markts sich aneignet, als indem er den Markt selbst
erweitert.



Vierzigstes Kapitel.
Zweite Form der Differentialrente (Differentialrente II).

Wir haben bisher die Differentialrente nur betrachtet als das
Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitalanlagen
auf gleichen Bodenflächen von verschiedner Fruchtbarkeit, sodass
die Differentialrente bestimmt war durch die Differenz zwischen
dem Ertrag des Kapitals, das im schlechtesten, rentelosen Boden
angelegt ist, und dem des Kapitals, das im bessern angelegt ist.
Wir hatten hier die Kapitalanlagen neben einander auf verschied-
nen Bodenflächen, sodass jeder Neuanlage von Kapital extensivere
Bebauung des Bodens, Erweiterung der bebauten Bodenfläche ent-
sprach. Aber schliesslich war die Differentialrente der Sache nach
nur das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitale,

Bebauung grösserer Flächen von B und C, setzt keineswegs vor-
heriges Steigen der Getreidepreise voraus, sowenig wie die jähr-
lich vorangehende Erweiterung z. B. der Baumwollspinnerei ein
fortwährendes Steigen der Garnpreise erheischt. Obgleich bedeu-
tendes Steigen oder Fallen der Marktpreise auf den Produktions-
umfang einwirkt, so findet doch, hiervon abgesehn, auch bei den
Durchschnittspreisen, deren Stand auf die Produktion weder hem-
mend noch ausnahmsweis ermunternd wirkt, in der Agrikultur (wie
in allen andren Produktionszweigen, die kapitalistisch betrieben
werden) fortwährend jene relative Ueberproduktion statt, die an
sich identisch ist mit der Akkumulation, und die bei andrer Pro-
duktionsweise direkt durch die Vermehrung der Bevölkerung, und
in Kolonien durch fortwährende Einwanderung bewirkt wird. Der
Bedarf wächst beständig, und in dieser Voraussicht wird fort-
während neues Kapital in neuem Boden angelegt; obgleich je nach
Umständen für verschiedne Bodenprodukte. Es ist die Bildung
neuer Kapitale, die dies an und für sich mit sich bringt. Was
aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang
seiner Produktion durch den seines disponiblen Kapitals, soweit er
es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat ist, soviel
Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird über-
producirt, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Kon-
kurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion aus-
dehnen, ebensowohl indem er einen grössern aliquoten Theil des
gegebnen Markts sich aneignet, als indem er den Markt selbst
erweitert.



Vierzigstes Kapitel.
Zweite Form der Differentialrente (Differentialrente II).

Wir haben bisher die Differentialrente nur betrachtet als das
Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitalanlagen
auf gleichen Bodenflächen von verschiedner Fruchtbarkeit, sodass
die Differentialrente bestimmt war durch die Differenz zwischen
dem Ertrag des Kapitals, das im schlechtesten, rentelosen Boden
angelegt ist, und dem des Kapitals, das im bessern angelegt ist.
Wir hatten hier die Kapitalanlagen neben einander auf verschied-
nen Bodenflächen, sodass jeder Neuanlage von Kapital extensivere
Bebauung des Bodens, Erweiterung der bebauten Bodenfläche ent-
sprach. Aber schliesslich war die Differentialrente der Sache nach
nur das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitale,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0221" n="212"/>
Bebauung grösserer Flächen von B und C, setzt keineswegs vor-<lb/>
heriges Steigen der Getreidepreise voraus, sowenig wie die jähr-<lb/>
lich vorangehende Erweiterung z. B. der Baumwollspinnerei ein<lb/>
fortwährendes Steigen der Garnpreise erheischt. Obgleich bedeu-<lb/>
tendes Steigen oder Fallen der Marktpreise auf den Produktions-<lb/>
umfang einwirkt, so findet doch, hiervon abgesehn, auch bei den<lb/>
Durchschnittspreisen, deren Stand auf die Produktion weder hem-<lb/>
mend noch ausnahmsweis ermunternd wirkt, in der Agrikultur (wie<lb/>
in allen andren Produktionszweigen, die kapitalistisch betrieben<lb/>
werden) fortwährend jene relative Ueberproduktion statt, die an<lb/>
sich identisch ist mit der Akkumulation, und die bei andrer Pro-<lb/>
duktionsweise direkt durch die Vermehrung der Bevölkerung, und<lb/>
in Kolonien durch fortwährende Einwanderung bewirkt wird. Der<lb/>
Bedarf wächst beständig, und in dieser Voraussicht wird fort-<lb/>
während neues Kapital in neuem Boden angelegt; obgleich je nach<lb/>
Umständen für verschiedne Bodenprodukte. Es ist die Bildung<lb/>
neuer Kapitale, die dies an und für sich mit sich bringt. Was<lb/>
aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang<lb/>
seiner Produktion durch den seines disponiblen Kapitals, soweit er<lb/>
es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat ist, soviel<lb/>
Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird über-<lb/>
producirt, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Kon-<lb/>
kurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion aus-<lb/>
dehnen, ebensowohl indem er einen grössern aliquoten Theil des<lb/>
gegebnen Markts sich aneignet, als indem er den Markt selbst<lb/>
erweitert.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Vierzigstes Kapitel</hi>.<lb/><hi rendition="#b">Zweite Form der Differentialrente (Differentialrente II).</hi></head><lb/>
            <p>Wir haben bisher die Differentialrente nur betrachtet als das<lb/>
Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitalanlagen<lb/>
auf gleichen Bodenflächen von verschiedner Fruchtbarkeit, sodass<lb/>
die Differentialrente bestimmt war durch die Differenz zwischen<lb/>
dem Ertrag des Kapitals, das im schlechtesten, rentelosen Boden<lb/>
angelegt ist, und dem des Kapitals, das im bessern angelegt ist.<lb/>
Wir hatten hier die Kapitalanlagen neben einander auf verschied-<lb/>
nen Bodenflächen, sodass jeder Neuanlage von Kapital extensivere<lb/>
Bebauung des Bodens, Erweiterung der bebauten Bodenfläche ent-<lb/>
sprach. Aber schliesslich war die Differentialrente der Sache nach<lb/>
nur das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitale,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0221] Bebauung grösserer Flächen von B und C, setzt keineswegs vor- heriges Steigen der Getreidepreise voraus, sowenig wie die jähr- lich vorangehende Erweiterung z. B. der Baumwollspinnerei ein fortwährendes Steigen der Garnpreise erheischt. Obgleich bedeu- tendes Steigen oder Fallen der Marktpreise auf den Produktions- umfang einwirkt, so findet doch, hiervon abgesehn, auch bei den Durchschnittspreisen, deren Stand auf die Produktion weder hem- mend noch ausnahmsweis ermunternd wirkt, in der Agrikultur (wie in allen andren Produktionszweigen, die kapitalistisch betrieben werden) fortwährend jene relative Ueberproduktion statt, die an sich identisch ist mit der Akkumulation, und die bei andrer Pro- duktionsweise direkt durch die Vermehrung der Bevölkerung, und in Kolonien durch fortwährende Einwanderung bewirkt wird. Der Bedarf wächst beständig, und in dieser Voraussicht wird fort- während neues Kapital in neuem Boden angelegt; obgleich je nach Umständen für verschiedne Bodenprodukte. Es ist die Bildung neuer Kapitale, die dies an und für sich mit sich bringt. Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines disponiblen Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat ist, soviel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird über- producirt, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Kon- kurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion aus- dehnen, ebensowohl indem er einen grössern aliquoten Theil des gegebnen Markts sich aneignet, als indem er den Markt selbst erweitert. Vierzigstes Kapitel. Zweite Form der Differentialrente (Differentialrente II). Wir haben bisher die Differentialrente nur betrachtet als das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitalanlagen auf gleichen Bodenflächen von verschiedner Fruchtbarkeit, sodass die Differentialrente bestimmt war durch die Differenz zwischen dem Ertrag des Kapitals, das im schlechtesten, rentelosen Boden angelegt ist, und dem des Kapitals, das im bessern angelegt ist. Wir hatten hier die Kapitalanlagen neben einander auf verschied- nen Bodenflächen, sodass jeder Neuanlage von Kapital extensivere Bebauung des Bodens, Erweiterung der bebauten Bodenfläche ent- sprach. Aber schliesslich war die Differentialrente der Sache nach nur das Resultat der verschiednen Produktivität gleicher Kapitale,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/221
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/221>, abgerufen am 27.11.2024.