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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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der grossen Grundbesitzer. Keine Gesellschaftsklasse lebt so ver-
schwenderisch, keine nimmt so, wie diese, ein Recht auf einen her-
gebrachten "standesgemäßen" Luxus in Anspruch, einerlei woher
das Geld dazu kommt, keine häuft so leichten Herzens Schulden
über Schulden auf. Und doch fällt sie immer wieder auf die Füsse
-- Dank dem in den Boden gesteckten Kapital andrer Leute, das
ihr Renten einträgt, ganz ausser allem Verhältniss zu den Profiten,
die der Kapitalist daraus zieht.

Dasselbe Gesetz erklärt aber auch, warum diese Lebenszähigkeit
des grossen Grundbesitzers allmälig sich erschöpft.

Als die englischen Kornzölle 1846 abgeschafft wurden, glaubten
die englischen Fabrikanten, sie hätten dadurch die grundbesitzende
Aristokratie in Paupers verwandelt. Statt dessen wurde sie reicher
als je vorher. Wie ging das zu? Sehr einfach. Erstens wurde
von nun an von den Pächtern kontraktlich verlangt, dass sie
12 £ statt 8 £ jährlich auf den Acre auslegen sollten, und
zweitens bewilligten sich die auch im Unterhaus sehr zahlreich ver-
tretnen Grundherrn eine starke Staatssubvention zur Drainirung
und sonstigen permanenten Verbesserung ihrer Ländereien. Da
keine totale Verdrängung des schlechtesten Bodens stattfand, son-
dern höchstens eine, auch meist nur zeitweilige, Verwendung zu
andern Zwecken, stiegen die Renten im Verhältniss der gesteigerten
Kapitalanlage, und die Grundaristokratie war besser daran als je
vorher.

Aber alles ist vergänglich. Die transoceanischen Dampfschiffe
und die nord- und südamerikanischen und indischen Eisenbahnen
brachten ganz eigenthümliche Landstrecken in die Lage, auf den
europäischen Kornmärkten zu konkurriren. Da waren einerseits
die nordamerikanischen Prairien, die argentinischen Pampas, Steppen,
von der Natur selbst urbar gemacht für den Pflug, jungfräulicher
Boden, der auf Jahre hinaus selbst bei primitiver Kultur und ohne
Dünger reichliche Erträge bot. Und da waren die Ländereien der
russischen und indischen kommunistischen Gemeinwesen, die einen
Theil ihres Produkts, und zwar einen stets wachsenden, verkaufen
mussten, um Geld zu erhalten für die Steuern, die der erbarmungs-
lose Despotismus des Staats ihnen abzwang -- oft genug durch
Tortur. Diese Produkte wurden verkauft ohne Rücksicht auf die
Produktionskosten, verkauft für den Preis den der Händler bot,
weil der Bauer absolut Geld haben musste zum Zahlungstermin.
Und gegen diese Konkurrenz -- des jungfräulichen Steppenbodens
wie des unter der Steuerschraube erliegenden russischen und in-

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der grossen Grundbesitzer. Keine Gesellschaftsklasse lebt so ver-
schwenderisch, keine nimmt so, wie diese, ein Recht auf einen her-
gebrachten „standesgemäßen“ Luxus in Anspruch, einerlei woher
das Geld dazu kommt, keine häuft so leichten Herzens Schulden
über Schulden auf. Und doch fällt sie immer wieder auf die Füsse
— Dank dem in den Boden gesteckten Kapital andrer Leute, das
ihr Renten einträgt, ganz ausser allem Verhältniss zu den Profiten,
die der Kapitalist daraus zieht.

Dasselbe Gesetz erklärt aber auch, warum diese Lebenszähigkeit
des grossen Grundbesitzers allmälig sich erschöpft.

Als die englischen Kornzölle 1846 abgeschafft wurden, glaubten
die englischen Fabrikanten, sie hätten dadurch die grundbesitzende
Aristokratie in Paupers verwandelt. Statt dessen wurde sie reicher
als je vorher. Wie ging das zu? Sehr einfach. Erstens wurde
von nun an von den Pächtern kontraktlich verlangt, dass sie
12 £ statt 8 £ jährlich auf den Acre auslegen sollten, und
zweitens bewilligten sich die auch im Unterhaus sehr zahlreich ver-
tretnen Grundherrn eine starke Staatssubvention zur Drainirung
und sonstigen permanenten Verbesserung ihrer Ländereien. Da
keine totale Verdrängung des schlechtesten Bodens stattfand, son-
dern höchstens eine, auch meist nur zeitweilige, Verwendung zu
andern Zwecken, stiegen die Renten im Verhältniss der gesteigerten
Kapitalanlage, und die Grundaristokratie war besser daran als je
vorher.

Aber alles ist vergänglich. Die transoceanischen Dampfschiffe
und die nord- und südamerikanischen und indischen Eisenbahnen
brachten ganz eigenthümliche Landstrecken in die Lage, auf den
europäischen Kornmärkten zu konkurriren. Da waren einerseits
die nordamerikanischen Prairien, die argentinischen Pampas, Steppen,
von der Natur selbst urbar gemacht für den Pflug, jungfräulicher
Boden, der auf Jahre hinaus selbst bei primitiver Kultur und ohne
Dünger reichliche Erträge bot. Und da waren die Ländereien der
russischen und indischen kommunistischen Gemeinwesen, die einen
Theil ihres Produkts, und zwar einen stets wachsenden, verkaufen
mussten, um Geld zu erhalten für die Steuern, die der erbarmungs-
lose Despotismus des Staats ihnen abzwang — oft genug durch
Tortur. Diese Produkte wurden verkauft ohne Rücksicht auf die
Produktionskosten, verkauft für den Preis den der Händler bot,
weil der Bauer absolut Geld haben musste zum Zahlungstermin.
Und gegen diese Konkurrenz — des jungfräulichen Steppenbodens
wie des unter der Steuerschraube erliegenden russischen und in-

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[259/0268] der grossen Grundbesitzer. Keine Gesellschaftsklasse lebt so ver- schwenderisch, keine nimmt so, wie diese, ein Recht auf einen her- gebrachten „standesgemäßen“ Luxus in Anspruch, einerlei woher das Geld dazu kommt, keine häuft so leichten Herzens Schulden über Schulden auf. Und doch fällt sie immer wieder auf die Füsse — Dank dem in den Boden gesteckten Kapital andrer Leute, das ihr Renten einträgt, ganz ausser allem Verhältniss zu den Profiten, die der Kapitalist daraus zieht. Dasselbe Gesetz erklärt aber auch, warum diese Lebenszähigkeit des grossen Grundbesitzers allmälig sich erschöpft. Als die englischen Kornzölle 1846 abgeschafft wurden, glaubten die englischen Fabrikanten, sie hätten dadurch die grundbesitzende Aristokratie in Paupers verwandelt. Statt dessen wurde sie reicher als je vorher. Wie ging das zu? Sehr einfach. Erstens wurde von nun an von den Pächtern kontraktlich verlangt, dass sie 12 £ statt 8 £ jährlich auf den Acre auslegen sollten, und zweitens bewilligten sich die auch im Unterhaus sehr zahlreich ver- tretnen Grundherrn eine starke Staatssubvention zur Drainirung und sonstigen permanenten Verbesserung ihrer Ländereien. Da keine totale Verdrängung des schlechtesten Bodens stattfand, son- dern höchstens eine, auch meist nur zeitweilige, Verwendung zu andern Zwecken, stiegen die Renten im Verhältniss der gesteigerten Kapitalanlage, und die Grundaristokratie war besser daran als je vorher. Aber alles ist vergänglich. Die transoceanischen Dampfschiffe und die nord- und südamerikanischen und indischen Eisenbahnen brachten ganz eigenthümliche Landstrecken in die Lage, auf den europäischen Kornmärkten zu konkurriren. Da waren einerseits die nordamerikanischen Prairien, die argentinischen Pampas, Steppen, von der Natur selbst urbar gemacht für den Pflug, jungfräulicher Boden, der auf Jahre hinaus selbst bei primitiver Kultur und ohne Dünger reichliche Erträge bot. Und da waren die Ländereien der russischen und indischen kommunistischen Gemeinwesen, die einen Theil ihres Produkts, und zwar einen stets wachsenden, verkaufen mussten, um Geld zu erhalten für die Steuern, die der erbarmungs- lose Despotismus des Staats ihnen abzwang — oft genug durch Tortur. Diese Produkte wurden verkauft ohne Rücksicht auf die Produktionskosten, verkauft für den Preis den der Händler bot, weil der Bauer absolut Geld haben musste zum Zahlungstermin. Und gegen diese Konkurrenz — des jungfräulichen Steppenbodens wie des unter der Steuerschraube erliegenden russischen und in- 17*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/268>, abgerufen am 24.11.2024.