Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

nomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des
klassischen Alterthums, andrerseits finden wir sie bei den modernen
Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feu-
dalen Grundeigenthums hervorgehn. So die yeomanry in England
der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen
Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unab-
hängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt.

Das freie Eigenthum des selbstwirthschaftenden Bauern ist offen-
bar die normalste Form des Grundeigenthums für den kleinen
Betrieb; d. h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des
Bodens eine Bedingung für das Eigenthum des Arbeiters an dem
Produkt seiner eignen Arbeit ist, und worin, er mag freier Eigen-
thümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenz-
mittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner
Familie zu produciren hat. Das Eigenthum am Boden ist zur
vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nöthig, wie
das Eigenthum am Instrument zur freien Entwicklung des hand-
werksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwick-
lung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung
der Agrikultur selbst ein nothwendiger Durchgangspunkt. Die
Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind:
Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Er-
gänzung bildet, in Folge der Entwicklung der grossen Industrie;
allmälige Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unter-
worfnen Bodens; Usurpation, durch grosse Grundeigenthümer, des
Gemeineigenthums, das überall die zweite Ergänzung der Parcellen-
wirthschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht;
Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirthschaft, sei es kapitalistisch
betriebnen Grosskultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die
einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrer-
seits grössre Auslagen und reichere gegenständliche Produktions-
bedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.

Das Parcelleneigenthum schliesst seiner Natur nach aus: Ent-
wicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesell-
schaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Koncentration der
Kapitale, Viehzucht auf grossem Maßstab, progressive Anwendung
der Wissenschaft.

Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die
Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der
Kultur. Unendliche Zersplitterung der Produktionsmittel und Ver-

nomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des
klassischen Alterthums, andrerseits finden wir sie bei den modernen
Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feu-
dalen Grundeigenthums hervorgehn. So die yeomanry in England
der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen
Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unab-
hängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt.

Das freie Eigenthum des selbstwirthschaftenden Bauern ist offen-
bar die normalste Form des Grundeigenthums für den kleinen
Betrieb; d. h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des
Bodens eine Bedingung für das Eigenthum des Arbeiters an dem
Produkt seiner eignen Arbeit ist, und worin, er mag freier Eigen-
thümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenz-
mittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner
Familie zu produciren hat. Das Eigenthum am Boden ist zur
vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nöthig, wie
das Eigenthum am Instrument zur freien Entwicklung des hand-
werksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwick-
lung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung
der Agrikultur selbst ein nothwendiger Durchgangspunkt. Die
Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind:
Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Er-
gänzung bildet, in Folge der Entwicklung der grossen Industrie;
allmälige Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unter-
worfnen Bodens; Usurpation, durch grosse Grundeigenthümer, des
Gemeineigenthums, das überall die zweite Ergänzung der Parcellen-
wirthschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht;
Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirthschaft, sei es kapitalistisch
betriebnen Grosskultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die
einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrer-
seits grössre Auslagen und reichere gegenständliche Produktions-
bedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.

Das Parcelleneigenthum schliesst seiner Natur nach aus: Ent-
wicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesell-
schaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Koncentration der
Kapitale, Viehzucht auf grossem Maßstab, progressive Anwendung
der Wissenschaft.

Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die
Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der
Kultur. Unendliche Zersplitterung der Produktionsmittel und Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0350" n="341"/>
nomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des<lb/>
klassischen Alterthums, andrerseits finden wir sie bei den modernen<lb/>
Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feu-<lb/>
dalen Grundeigenthums hervorgehn. So die yeomanry in England<lb/>
der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen<lb/>
Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unab-<lb/>
hängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt.</p><lb/>
              <p>Das freie Eigenthum des selbstwirthschaftenden Bauern ist offen-<lb/>
bar die normalste Form des Grundeigenthums für den kleinen<lb/>
Betrieb; d. h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des<lb/>
Bodens eine Bedingung für das Eigenthum des Arbeiters an dem<lb/>
Produkt seiner eignen Arbeit ist, und worin, er mag freier Eigen-<lb/>
thümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenz-<lb/>
mittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner<lb/>
Familie zu produciren hat. Das Eigenthum am Boden ist zur<lb/>
vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nöthig, wie<lb/>
das Eigenthum am Instrument zur freien Entwicklung des hand-<lb/>
werksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwick-<lb/>
lung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung<lb/>
der Agrikultur selbst ein nothwendiger Durchgangspunkt. Die<lb/>
Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind:<lb/>
Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Er-<lb/>
gänzung bildet, in Folge der Entwicklung der grossen Industrie;<lb/>
allmälige Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unter-<lb/>
worfnen Bodens; Usurpation, durch grosse Grundeigenthümer, des<lb/>
Gemeineigenthums, das überall die zweite Ergänzung der Parcellen-<lb/>
wirthschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht;<lb/>
Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirthschaft, sei es kapitalistisch<lb/>
betriebnen Grosskultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die<lb/>
einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrer-<lb/>
seits grössre Auslagen und reichere gegenständliche Produktions-<lb/>
bedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten<lb/>
Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.</p><lb/>
              <p>Das Parcelleneigenthum schliesst seiner Natur nach aus: Ent-<lb/>
wicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesell-<lb/>
schaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Koncentration der<lb/>
Kapitale, Viehzucht auf grossem Maßstab, progressive Anwendung<lb/>
der Wissenschaft.</p><lb/>
              <p>Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die<lb/>
Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der<lb/>
Kultur. Unendliche Zersplitterung der Produktionsmittel und Ver-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0350] nomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des klassischen Alterthums, andrerseits finden wir sie bei den modernen Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feu- dalen Grundeigenthums hervorgehn. So die yeomanry in England der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unab- hängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt. Das freie Eigenthum des selbstwirthschaftenden Bauern ist offen- bar die normalste Form des Grundeigenthums für den kleinen Betrieb; d. h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des Bodens eine Bedingung für das Eigenthum des Arbeiters an dem Produkt seiner eignen Arbeit ist, und worin, er mag freier Eigen- thümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenz- mittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner Familie zu produciren hat. Das Eigenthum am Boden ist zur vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nöthig, wie das Eigenthum am Instrument zur freien Entwicklung des hand- werksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwick- lung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung der Agrikultur selbst ein nothwendiger Durchgangspunkt. Die Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind: Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Er- gänzung bildet, in Folge der Entwicklung der grossen Industrie; allmälige Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unter- worfnen Bodens; Usurpation, durch grosse Grundeigenthümer, des Gemeineigenthums, das überall die zweite Ergänzung der Parcellen- wirthschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht; Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirthschaft, sei es kapitalistisch betriebnen Grosskultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrer- seits grössre Auslagen und reichere gegenständliche Produktions- bedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England. Das Parcelleneigenthum schliesst seiner Natur nach aus: Ent- wicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesell- schaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Koncentration der Kapitale, Viehzucht auf grossem Maßstab, progressive Anwendung der Wissenschaft. Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der Kultur. Unendliche Zersplitterung der Produktionsmittel und Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/350
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/350>, abgerufen am 29.06.2024.