liche Depositor bildet sich ein, nur bei seinem Bankier zu depo- niren, und bildet sich ferner ein, dass wenn der Bankier ausleiht, dies an diesem bekannte Privatpersonen geschieht. Er hat nicht die entfernteste Ahnung, dass dieser Bankier sein Depositum zur Verfügung eines Londoner billbrokers stellt, über dessen Operationen sie beide nicht die geringste Kontrolle haben.
Wie grosse öffentliche Unternehmungen, z. B. Eisenbahnbau, momentan das Leihkapital vermehren können, indem die eingezahlten Beträge bis zu ihrer wirklichen Verwendung immer während einer gewissen Zeit in den Händen der Banken disponibel bleiben, haben wir bereits gesehn.
Die Masse des Leihkapitals ist übrigens durchaus verschieden von der Quantität der Cirkulation. Unter Quantität der Cirkulation verstehn wir hier die Summe aller in einem Lande befindlichen, cirkulirenden Banknoten und alles Hartgeldes, incl. der Barren von Edelmetall. Ein Theil dieser Quantität bildet die ihrer Grösse nach stets wechselnde Reserve der Banken.
"Am 12. Nov. 1857" [dem Datum der Suspension des Bankakts von 1844] "betrug die Gesammtreserve der Bank von England, alle Zweigbanken einbegriffen, nur 580751 £; die Summe der Depo- siten betrug gleichzeitig 221/2 Millionen £, wovon nahe an 61/2 Millionen den Londoner Bankiers gehörten." (B. A. 1858. p. LVII.)
Die Variationen des Zinsfusses (abgesehn von den in längern Perioden erfolgenden, oder von dem Unterschied des Zinsfusses in verschiednen Ländern; die erstern sind bedingt durch Variationen in der allgemeinen Profitrate, die zweiten durch Differenzen in den Profitraten und in der Entwicklung des Kredits) hängen ab vom Angebot des Leihkapitals (alle andern Umstände, Stand des Ver- trauens etc., gleichgesetzt), d. h. des Kapitals, das in Form von Geld, Hartgeld und Noten, verliehen wird; im Unterschied zum in- dustriellen Kapital, das als solches, in Waarenform, vermittelst des kommerciellen Kredits, unter den reproduktiven Agenten selbst ver- liehen wird.
Aber dennoch ist die Masse dieses leihbaren Geldkapitals ver- schieden und unabhängig von der Masse des cirkulirenden Geldes.
Wenn 20 £ z. B. fünfmal per Tag verliehen würden, so würde ein Geldkapital von 100 £ verliehen, und dies würde zugleich ein- schliessen, dass diese 20 £ ausserdem wenigstens viermal als Kauf- oder Zahlungsmittel fungirt hätten; denn wäre es ohne Ver- mittlung von Kauf und Zahlung, sodass es nicht wenigstens viermal
liche Depositor bildet sich ein, nur bei seinem Bankier zu depo- niren, und bildet sich ferner ein, dass wenn der Bankier ausleiht, dies an diesem bekannte Privatpersonen geschieht. Er hat nicht die entfernteste Ahnung, dass dieser Bankier sein Depositum zur Verfügung eines Londoner billbrokers stellt, über dessen Operationen sie beide nicht die geringste Kontrolle haben.
Wie grosse öffentliche Unternehmungen, z. B. Eisenbahnbau, momentan das Leihkapital vermehren können, indem die eingezahlten Beträge bis zu ihrer wirklichen Verwendung immer während einer gewissen Zeit in den Händen der Banken disponibel bleiben, haben wir bereits gesehn.
Die Masse des Leihkapitals ist übrigens durchaus verschieden von der Quantität der Cirkulation. Unter Quantität der Cirkulation verstehn wir hier die Summe aller in einem Lande befindlichen, cirkulirenden Banknoten und alles Hartgeldes, incl. der Barren von Edelmetall. Ein Theil dieser Quantität bildet die ihrer Grösse nach stets wechselnde Reserve der Banken.
„Am 12. Nov. 1857“ [dem Datum der Suspension des Bankakts von 1844] „betrug die Gesammtreserve der Bank von England, alle Zweigbanken einbegriffen, nur 580751 £; die Summe der Depo- siten betrug gleichzeitig 22½ Millionen £, wovon nahe an 6½ Millionen den Londoner Bankiers gehörten.“ (B. A. 1858. p. LVII.)
Die Variationen des Zinsfusses (abgesehn von den in längern Perioden erfolgenden, oder von dem Unterschied des Zinsfusses in verschiednen Ländern; die erstern sind bedingt durch Variationen in der allgemeinen Profitrate, die zweiten durch Differenzen in den Profitraten und in der Entwicklung des Kredits) hängen ab vom Angebot des Leihkapitals (alle andern Umstände, Stand des Ver- trauens etc., gleichgesetzt), d. h. des Kapitals, das in Form von Geld, Hartgeld und Noten, verliehen wird; im Unterschied zum in- dustriellen Kapital, das als solches, in Waarenform, vermittelst des kommerciellen Kredits, unter den reproduktiven Agenten selbst ver- liehen wird.
Aber dennoch ist die Masse dieses leihbaren Geldkapitals ver- schieden und unabhängig von der Masse des cirkulirenden Geldes.
Wenn 20 £ z. B. fünfmal per Tag verliehen würden, so würde ein Geldkapital von 100 £ verliehen, und dies würde zugleich ein- schliessen, dass diese 20 £ ausserdem wenigstens viermal als Kauf- oder Zahlungsmittel fungirt hätten; denn wäre es ohne Ver- mittlung von Kauf und Zahlung, sodass es nicht wenigstens viermal
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liche Depositor bildet sich ein, nur bei seinem Bankier zu depo-
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dies an diesem bekannte Privatpersonen geschieht. Er hat nicht
die entfernteste Ahnung, dass dieser Bankier sein Depositum zur
Verfügung eines Londoner billbrokers stellt, über dessen Operationen
sie beide nicht die geringste Kontrolle haben.
Wie grosse öffentliche Unternehmungen, z. B. Eisenbahnbau,
momentan das Leihkapital vermehren können, indem die eingezahlten
Beträge bis zu ihrer wirklichen Verwendung immer während einer
gewissen Zeit in den Händen der Banken disponibel bleiben, haben
wir bereits gesehn.
Die Masse des Leihkapitals ist übrigens durchaus verschieden
von der Quantität der Cirkulation. Unter Quantität der Cirkulation
verstehn wir hier die Summe aller in einem Lande befindlichen,
cirkulirenden Banknoten und alles Hartgeldes, incl. der Barren
von Edelmetall. Ein Theil dieser Quantität bildet die ihrer Grösse
nach stets wechselnde Reserve der Banken.
„Am 12. Nov. 1857“ [dem Datum der Suspension des Bankakts
von 1844] „betrug die Gesammtreserve der Bank von England,
alle Zweigbanken einbegriffen, nur 580751 £; die Summe der Depo-
siten betrug gleichzeitig 22½ Millionen £, wovon nahe an 6½
Millionen den Londoner Bankiers gehörten.“ (B. A. 1858. p. LVII.)
Die Variationen des Zinsfusses (abgesehn von den in längern
Perioden erfolgenden, oder von dem Unterschied des Zinsfusses in
verschiednen Ländern; die erstern sind bedingt durch Variationen
in der allgemeinen Profitrate, die zweiten durch Differenzen in den
Profitraten und in der Entwicklung des Kredits) hängen ab vom
Angebot des Leihkapitals (alle andern Umstände, Stand des Ver-
trauens etc., gleichgesetzt), d. h. des Kapitals, das in Form von
Geld, Hartgeld und Noten, verliehen wird; im Unterschied zum in-
dustriellen Kapital, das als solches, in Waarenform, vermittelst des
kommerciellen Kredits, unter den reproduktiven Agenten selbst ver-
liehen wird.
Aber dennoch ist die Masse dieses leihbaren Geldkapitals ver-
schieden und unabhängig von der Masse des cirkulirenden Geldes.
Wenn 20 £ z. B. fünfmal per Tag verliehen würden, so würde
ein Geldkapital von 100 £ verliehen, und dies würde zugleich ein-
schliessen, dass diese 20 £ ausserdem wenigstens viermal als
Kauf- oder Zahlungsmittel fungirt hätten; denn wäre es ohne Ver-
mittlung von Kauf und Zahlung, sodass es nicht wenigstens viermal
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/46>, abgerufen am 23.11.2024.
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