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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Sechstes Buch. Geschichte der Teutschen
Völcker, die ihnen ihre Bekehrung zu dancken haben, zum Teutschen Reich
gehören. Es bleiben aber auch die Teutschen Geschichte noch ferner mit den
Römischen so genau verbunden, daß wir diese zu jener Erläuterung offtmahls
+ A. C. 286.werden berühren müssen. Diocletianus nahm bald anfangs, + weil er die Re-
gierung für eine Person zu weitläufftig hielt, Maximianum 1 zum Reichs-Gehülffen
an, von dessen Tapferkeit er versichert war, und sich bey derselben doch nichts nach-
theiliges befahren dorffte. Maximianus erhielt anfangs nur den Titel Caesar,
und nahm den Beynahmen Herculeus, Herculi zu Ehren, an; wie Diocletia-
nus
sich, nach dem Iupiter, Iovianum nennen ließ. Diocletianus trug ihm
das Commando in Gallien auf, da währender innerlicher Unruhe der Pöbel
zu den Waffen gegriffen hatte, und Maximianus war so glücklich, daß er im
folgenden Jahr die Unruhe völlig dämpffete. 2

Er war kaum damit fertig, als die Burgunder sich wieder, wie zu Probi
Zeiten, mit den Alemannis, die mit ihnen an der Marck gegen Rätien grän-
tzeten, vereinigten und in Gallien einfielen; da zu gleicher Zeit die Heruli
und Chaibones von den Nordlichen Theilen Germaniens, allwo sie an der Ost-
See wohneten, herangerücket waren. Die Burgunder und Alemannen zwar
rieb ihre eigene Menge auf. Sie funden nicht genug Lebens-Mittel, und der
Hunger erregte unter ihnen ansteckende Kranckheiten, die sie ohne der Römer
Schwerdt aufopferten. Wieder die Herulos und Chaibones aber zog Maxi-
mianus
selbst zu Felde, und sein Panegyrist rühmet, er habe sie so geschlagen,
daß nicht einer übrig geblieben, der die Zeitung von ihrer Niederlage hätte
nach Hause bringen können. 3

Die Francken
und Sachsen

II. Fast um eben diese Zeit beunruhigten die Sachsen und andere Teutsche
Völcker, so an der Nord-See wohneten, die Küsten des Belgischen und Armo-

rischen
1 [Beginn Spaltensatz] §. I. 1. M. AVRELIVS VALERIVS
MAXIMIANVS.
2 v. clavd. mamertini panegyricus,
inter XII. panegyricos veteres. I. c.
4.
3 idem. c. 5. Cum neque solum Bur-
gundiones & Alamani, sed etiam Chaibones Eruli-
que, uiribus primi barbarorum, locis ultimi, prae-
cipiti impetu in has prouincias irruissent, quis Deus
tam insperatam salutem nobis attulisset, nisi tu ad-
fuisses? Tu enim diuinae prouidentiae, imperator,
consilio prius, quam vi bellum gerendum ratus, cae-
teros quidem perduelles, quibus ipsa pestifera multi-
tudo, ire passios es in profundam famem, & ex fame
in pestilentiam, mox ad triumphi ornamenta capi-
enda militum manibus usurus; Chaibones tamen
Erulosque non dignatus pari astu perdere: atque, ut
interim divina virtus tua exercitatione solita non
careret, aperto Marte atque uno impetu perculisti,
non uniuerso ad id proelium usus exercitu, sed pau-
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]is cohor tibus. ...... Ita cuncti Chai-
bones, Erulique cuncti tanta internecione caesi in-
[Spaltenumbruch] terfectique sunt, ut exstinctos eos relictis domi con-
iugibus ac matribus non profugus aliquis e proelio, sed
victoriae tuae gloria nuntiaret.
Er heisset sie unten
Cauiones. vid. infra §. V. not. 3. phil. clvve-
rivs
muthmaßet gar wahrscheinlich, daß diese Chai-
bones,
oder Caviones, eben die Nation seyen, die
tacitvs de M. G. c. 40. Aviones nennet: und
als Nachbarn der Anglen und Varinen angiebt. Die
Heruli wohneten an der Ost-See: der Panegyricus
nennet Sinum Codanum, und sidonivs
apollinaris
sagt von ihnen L. VIII. ep. 9.
Hic glaucis Herulus genis uagatur
Imos Oceani colens recessus
Algoso prope concolor profundo.

clvverivs hält davor, es sey das Volck, so
tacitvs Lemovios nennet, und die an der rech-
ten Seiten der Weichsel gewohnet. Jm übrigen
erhellet hieraus, daß, was oben lib. V. §. 43. zu Galli-
eni
Zeiten von der Niederlage der Heruler angeführet
worden, nicht von der gantzen Nation, sondern nur
[Ende Spaltensatz]
einer

Sechſtes Buch. Geſchichte der Teutſchen
Voͤlcker, die ihnen ihre Bekehrung zu dancken haben, zum Teutſchen Reich
gehoͤren. Es bleiben aber auch die Teutſchen Geſchichte noch ferner mit den
Roͤmiſchen ſo genau verbunden, daß wir dieſe zu jener Erlaͤuterung offtmahls
A. C. 286.werden beruͤhren muͤſſen. Diocletianus nahm bald anfangs, † weil er die Re-
gierung fuͤr eine Perſon zu weitlaͤufftig hielt, Maximianum 1 zum Reichs-Gehuͤlffen
an, von deſſen Tapferkeit er verſichert war, und ſich bey derſelben doch nichts nach-
theiliges befahren dorffte. Maximianus erhielt anfangs nur den Titel Caeſar,
und nahm den Beynahmen Herculeus, Herculi zu Ehren, an; wie Diocletia-
nus
ſich, nach dem Iupiter, Iovianum nennen ließ. Diocletianus trug ihm
das Commando in Gallien auf, da waͤhrender innerlicher Unruhe der Poͤbel
zu den Waffen gegriffen hatte, und Maximianus war ſo gluͤcklich, daß er im
folgenden Jahr die Unruhe voͤllig daͤmpffete. 2

Er war kaum damit fertig, als die Burgunder ſich wieder, wie zu Probi
Zeiten, mit den Alemannis, die mit ihnen an der Marck gegen Raͤtien graͤn-
tzeten, vereinigten und in Gallien einfielen; da zu gleicher Zeit die Heruli
und Chaibones von den Nordlichen Theilen Germaniens, allwo ſie an der Oſt-
See wohneten, herangeruͤcket waren. Die Burgunder und Alemannen zwar
rieb ihre eigene Menge auf. Sie funden nicht genug Lebens-Mittel, und der
Hunger erregte unter ihnen anſteckende Kranckheiten, die ſie ohne der Roͤmer
Schwerdt aufopferten. Wieder die Herulos und Chaibones aber zog Maxi-
mianus
ſelbſt zu Felde, und ſein Panegyriſt ruͤhmet, er habe ſie ſo geſchlagen,
daß nicht einer uͤbrig geblieben, der die Zeitung von ihrer Niederlage haͤtte
nach Hauſe bringen koͤnnen. 3

Die Francken
und Sachſen

II. Faſt um eben dieſe Zeit beunruhigten die Sachſen und andere Teutſche
Voͤlcker, ſo an der Nord-See wohneten, die Kuͤſten des Belgiſchen und Armo-

riſchen
1 [Beginn Spaltensatz] §. I. 1. M. AVRELIVS VALERIVS
MAXIMIANVS.
2 v. clavd. mamertini panegyricus,
inter XII. panegyricos veteres. I. c.
4.
3 idem. c. 5. Cum neque ſolum Bur-
gundiones & Alamani, ſed etiam Chaibones Eruli-
que, uiribus primi barbarorum, locis ultimi, prae-
cipiti impetu in has prouincias irruiſſent, quis Deus
tam inſperatam ſalutem nobis attuliſſet, niſi tu ad-
fuiſſes? Tu enim diuinae prouidentiae, imperator,
conſilio prius, quam vi bellum gerendum ratus, cae-
teros quidem perduelles, quibus ipſa peſtifera multi-
tudo, ire paſſios es in profundam famem, & ex fame
in peſtilentiam, mox ad triumphi ornamenta capi-
enda militum manibus uſurus; Chaibones tamen
Erulosque non dignatus pari aſtu perdere: atque, ut
interim divina virtus tua exercitatione ſolita non
careret, aperto Marte atque uno impetu perculiſti,
non uniuerſo ad id proelium uſus exercitu, ſed pau-
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bones, Erulique cuncti tanta internecione caeſi in-
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iugibus ac matribus non profugus aliquis e proelio, ſed
victoriae tuae gloria nuntiaret.
Er heiſſet ſie unten
Cauiones. vid. infra §. V. not. 3. phil. clvve-
rivs
muthmaßet gar wahrſcheinlich, daß dieſe Chai-
bones,
oder Caviones, eben die Nation ſeyen, die
tacitvs de M. G. c. 40. Aviones nennet: und
als Nachbarn der Anglen und Varinen angiebt. Die
Heruli wohneten an der Oſt-See: der Panegyricus
nennet Sinum Codanum, und sidonivs
apollinaris
ſagt von ihnen L. VIII. ep. 9.
Hic glaucis Herulus genis uagatur
Imos Oceani colens receſſus
Algoſo prope concolor profundo.

clvverivs haͤlt davor, es ſey das Volck, ſo
tacitvs Lemovios nennet, und die an der rech-
ten Seiten der Weichſel gewohnet. Jm uͤbrigen
erhellet hieraus, daß, was oben lib. V. §. 43. zu Galli-
eni
Zeiten von der Niederlage der Heruler angefuͤhret
worden, nicht von der gantzen Nation, ſondern nur
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[202/0236] Sechſtes Buch. Geſchichte der Teutſchen Voͤlcker, die ihnen ihre Bekehrung zu dancken haben, zum Teutſchen Reich gehoͤren. Es bleiben aber auch die Teutſchen Geſchichte noch ferner mit den Roͤmiſchen ſo genau verbunden, daß wir dieſe zu jener Erlaͤuterung offtmahls werden beruͤhren muͤſſen. Diocletianus nahm bald anfangs, † weil er die Re- gierung fuͤr eine Perſon zu weitlaͤufftig hielt, Maximianum 1 zum Reichs-Gehuͤlffen an, von deſſen Tapferkeit er verſichert war, und ſich bey derſelben doch nichts nach- theiliges befahren dorffte. Maximianus erhielt anfangs nur den Titel Caeſar, und nahm den Beynahmen Herculeus, Herculi zu Ehren, an; wie Diocletia- nus ſich, nach dem Iupiter, Iovianum nennen ließ. Diocletianus trug ihm das Commando in Gallien auf, da waͤhrender innerlicher Unruhe der Poͤbel zu den Waffen gegriffen hatte, und Maximianus war ſo gluͤcklich, daß er im folgenden Jahr die Unruhe voͤllig daͤmpffete. 2 † A. C. 286. Er war kaum damit fertig, als die Burgunder ſich wieder, wie zu Probi Zeiten, mit den Alemannis, die mit ihnen an der Marck gegen Raͤtien graͤn- tzeten, vereinigten und in Gallien einfielen; da zu gleicher Zeit die Heruli und Chaibones von den Nordlichen Theilen Germaniens, allwo ſie an der Oſt- See wohneten, herangeruͤcket waren. Die Burgunder und Alemannen zwar rieb ihre eigene Menge auf. Sie funden nicht genug Lebens-Mittel, und der Hunger erregte unter ihnen anſteckende Kranckheiten, die ſie ohne der Roͤmer Schwerdt aufopferten. Wieder die Herulos und Chaibones aber zog Maxi- mianus ſelbſt zu Felde, und ſein Panegyriſt ruͤhmet, er habe ſie ſo geſchlagen, daß nicht einer uͤbrig geblieben, der die Zeitung von ihrer Niederlage haͤtte nach Hauſe bringen koͤnnen. 3 II. Faſt um eben dieſe Zeit beunruhigten die Sachſen und andere Teutſche Voͤlcker, ſo an der Nord-See wohneten, die Kuͤſten des Belgiſchen und Armo- riſchen 1 §. I. 1. M. AVRELIVS VALERIVS MAXIMIANVS. 2 v. clavd. mamertini panegyricus, inter XII. panegyricos veteres. I. c. 4. 3 idem. c. 5. Cum neque ſolum Bur- gundiones & Alamani, ſed etiam Chaibones Eruli- que, uiribus primi barbarorum, locis ultimi, prae- cipiti impetu in has prouincias irruiſſent, quis Deus tam inſperatam ſalutem nobis attuliſſet, niſi tu ad- fuiſſes? Tu enim diuinae prouidentiae, imperator, conſilio prius, quam vi bellum gerendum ratus, cae- teros quidem perduelles, quibus ipſa peſtifera multi- tudo, ire paſſios es in profundam famem, & ex fame in peſtilentiam, mox ad triumphi ornamenta capi- enda militum manibus uſurus; Chaibones tamen Erulosque non dignatus pari aſtu perdere: atque, ut interim divina virtus tua exercitatione ſolita non careret, aperto Marte atque uno impetu perculiſti, non uniuerſo ad id proelium uſus exercitu, ſed pau- _is cohor tibus. ...... Ita cuncti Chai- bones, Erulique cuncti tanta internecione caeſi in- terfectique ſunt, ut exſtinctos eos relictis domi con- iugibus ac matribus non profugus aliquis e proelio, ſed victoriae tuae gloria nuntiaret. Er heiſſet ſie unten Cauiones. vid. infra §. V. not. 3. phil. clvve- rivs muthmaßet gar wahrſcheinlich, daß dieſe Chai- bones, oder Caviones, eben die Nation ſeyen, die tacitvs de M. G. c. 40. Aviones nennet: und als Nachbarn der Anglen und Varinen angiebt. Die Heruli wohneten an der Oſt-See: der Panegyricus nennet Sinum Codanum, und sidonivs apollinaris ſagt von ihnen L. VIII. ep. 9. Hic glaucis Herulus genis uagatur Imos Oceani colens receſſus Algoſo prope concolor profundo. clvverivs haͤlt davor, es ſey das Volck, ſo tacitvs Lemovios nennet, und die an der rech- ten Seiten der Weichſel gewohnet. Jm uͤbrigen erhellet hieraus, daß, was oben lib. V. §. 43. zu Galli- eni Zeiten von der Niederlage der Heruler angefuͤhret worden, nicht von der gantzen Nation, ſondern nur einer

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/236>, abgerufen am 24.11.2024.