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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Sechstes Buch. Geschichte der Teutschen
der Kaiser möchte ihnen in den Römischen Provintzen irgend wo einen Ort nach
seinem Belieben vergönnen, da sie bereit wären, sich stille zu halten, und Tribut
zu geben. Constantius ließ sich das Anerbiethen nicht mißfallen, in Hoff-
nung, sie zu Verstärckung der Armee gebrauchen zu können, da in vielen Pro-
vintzen die Lust zum Kriege immer mehr verfiel, und die Werbungen deßwegen
nicht fort wolten 2. Das Kaiserliche Lager stund bey Acimincum ++, dahin
ließ der Kaiser die Sarmaten herüber kommen. Diese aber sahen ihre Gele-
genheit ab, und grieffen gantz unvermuthet den Kaiser selbst an 3. Allein die
Römer stelleten sich augenblicklich in Schlacht-Ordnung, und belohnten ihnen
den Betrug dergestalt, daß sie entweder auf dem Platz blieben, oder zu Sclaven
gemacht wurden. Seit welcher Zeit von den Limigantibus in der Historie
keine fernere Meldung geschieht.

LVIII. Iulianus hatte den Winter zu Paris zugebracht, und war bedacht
Iulianus über-
eilt die Salios.
Woher die
Francken die-
sen Namen?
gewesen, die Alemannen vollends zu bändigen. Die Feldzüge pflegten um diese
Zeit in Gallien vor Anfange des Iulii nicht eröffnet zu werden, weil man die
Zufuhr aus Aquitanien erwarten muste 1. Aber Iulianus dachte, es würde
einerley seyn, ob die Soldaten den Vorrath, so noch auf 20. Tage übrig war,
im Felde oder im Quartier verzehrten, und brach also eher als gewöhnlich auf.
2

Er
2 [Beginn Spaltensatz] ibidem. Qui uana quaedam causantes, &
irrita, pauore adigente mentiri, principem exora-
bant in ueniam, obsecrantes, ut simultate abolita,
transmisso flumine ad eum uenire permitterentur,
docturi, quae sustinerent incommoda: paratique
intra spatia orbis Romani, si id placuerit, terras
suscipere longe discretas, ut diuturno otio inuoluti,
& quietem colentes, tanquam salutarem deam,
tributariorum onera subirent, & nomen. His post
reditum tribunorum compertis, imperator exsul-
tans, ut negotio quod rebatur inexplicabile, sine
ullo puluere consummando, cunctos admisit, auidi-
tate plus habendi incensus: quam adulatorum co-
hors augebat, id sine modo strepentium, quod ex-
ternis sopitis, & ubique pace composita, proletarios
lucrabitur plures, & tirocinia cogere poterit uali-
dissima. Aurum quippe gratanter prouinciales
corporibus dabant, quae spes rem Romanam aliquo-
ties adgrauauit.
++ s. Alcumincum, lazivs L. XII. Rom.
reip. c. 11. p.
937. meynet, es sey Salankemen.
3 ibidem. Quae Limigantes licet properari
sentirent, nihil tamen praeter preces fingentes sta-
bant incurui
; longe alia quam quae gestu praefere-
bant & uerbis, altis mentibus perpensantes. Viso-
que imperatore ex alto suggestu iam sermonem
parante lenissimum, meditanteque alloqui uelut mo-
rigeros iam futuros: quidam ex illis furore percitus
truci, calceo suo in tribunal contorto,
MARHA,
MARHA,
quod est apud eos signum belli-
cum, exclamauit, eumque secuta incondita multitudo,
[Spaltenumbruch] nexillo elato repente barbarico, ululans ferum, in
ipsum principem ferebatur.
1 §. LVIII. 1. amm. marcell. L. XVII. c. 8.
Operiensque Iulium mensem, unde sumunt Galli-
cani procinctus exordia, diutius angebatur. Nec
enim egredi poterat, antequam ex Aquitania,
aestatis remissione solutis frigoribus & pruinis,
ueheretur annona.
2 Einige Gelehrte haben den Namen Salii, von
dem teutschen Worte Saal, das so viel als curiam
oder palatium bedeutet hätte, ableiten wollen; und
meynen, die gesammten Francken wären auch Salii
genennet worden. Es erhellet aber aus dem Zusam-
menhang der Geschichte, daß es ein Name gewesen,
der weder den Francken insgesammt, noch einem
gewissen Stande unter ihnen gegeben worden, sondern
der einer Fränckischen Nation eigen gewesen. Ob er
nun von der Sala, oder heutigen Yssel entsprungen,
oder von den wässerichten Gegenden, als welche in
der alten Nieder-Teutschen Sprache Saal heissen,
und daher Salland an der Yssel, welches einen
Haupttheil von der ietzigen Provintz Oueryfsel aus-
macht, den Namen bekommen, ist ungewiß. Der
letzteren Ableitung gedencket menso altingi-
vs
l. c. p. 115. Depressius solum, cui superstare solet
quaelibet aqua reses, siue tacitis laticibus eo colli-
quata, siue data opera pecori aquando corriuata,
siue eluuionibus effusa, SALAM uocant, qui
Rheni diuortia accolunt &c.
Zum wenigsten ist ge-
wiß, daß ein Theil der Francken in den Gegenden
[Ende Spaltensatz]
und

Sechſtes Buch. Geſchichte der Teutſchen
der Kaiſer moͤchte ihnen in den Roͤmiſchen Provintzen irgend wo einen Ort nach
ſeinem Belieben vergoͤnnen, da ſie bereit waͤren, ſich ſtille zu halten, und Tribut
zu geben. Conſtantius ließ ſich das Anerbiethen nicht mißfallen, in Hoff-
nung, ſie zu Verſtaͤrckung der Armee gebrauchen zu koͤnnen, da in vielen Pro-
vintzen die Luſt zum Kriege immer mehr verfiel, und die Werbungen deßwegen
nicht fort wolten 2. Das Kaiſerliche Lager ſtund bey Acimincum ††, dahin
ließ der Kaiſer die Sarmaten heruͤber kommen. Dieſe aber ſahen ihre Gele-
genheit ab, und grieffen gantz unvermuthet den Kaiſer ſelbſt an 3. Allein die
Roͤmer ſtelleten ſich augenblicklich in Schlacht-Ordnung, und belohnten ihnen
den Betrug dergeſtalt, daß ſie entweder auf dem Platz blieben, oder zu Sclaven
gemacht wurden. Seit welcher Zeit von den Limigantibus in der Hiſtorie
keine fernere Meldung geſchieht.

LVIII. Iulianus hatte den Winter zu Paris zugebracht, und war bedacht
Iulianus uͤber-
eilt die Salios.
Woher die
Francken die-
ſen Namen?
geweſen, die Alemannen vollends zu baͤndigen. Die Feldzuͤge pflegten um dieſe
Zeit in Gallien vor Anfange des Iulii nicht eroͤffnet zu werden, weil man die
Zufuhr aus Aquitanien erwarten muſte 1. Aber Iulianus dachte, es wuͤrde
einerley ſeyn, ob die Soldaten den Vorrath, ſo noch auf 20. Tage uͤbrig war,
im Felde oder im Quartier verzehrten, und brach alſo eher als gewoͤhnlich auf.
2

Er
2 [Beginn Spaltensatz] ibidem. Qui uana quaedam cauſantes, &
irrita, pauore adigente mentiri, principem exora-
bant in ueniam, obſecrantes, ut ſimultate abolita,
transmiſſo flumine ad eum uenire permitterentur,
docturi, quae ſuſtinerent incommoda: paratique
intra ſpatia orbis Romani, ſi id placuerit, terras
ſuſcipere longe diſcretas, ut diuturno otio inuoluti,
& quietem colentes, tanquam ſalutarem deam,
tributariorum onera ſubirent, & nomen. His poſt
reditum tribunorum compertis, imperator exſul-
tans, ut negotio quod rebatur inexplicabile, ſine
ullo puluere conſummando, cunctos admiſit, auidi-
tate plus habendi incenſus: quam adulatorum co-
hors augebat, id ſine modo ſtrepentium, quod ex-
ternis ſopitis, & ubique pace compoſita, proletarios
lucrabitur plures, & tirocinia cogere poterit uali-
diſſima. Aurum quippe gratanter prouinciales
corporibus dabant, quae ſpes rem Romanam aliquo-
ties adgrauauit.
†† ſ. Alcumincum, lazivs L. XII. Rom.
reip. c. 11. p.
937. meynet, es ſey Salankemen.
3 ibidem. Quae Limigantes licet properari
ſentirent, nihil tamen praeter preces fingentes ſta-
bant incurui
; longe alia quam quae geſtu praefere-
bant & uerbis, altis mentibus perpenſantes. Viſo-
que imperatore ex alto ſuggeſtu iam ſermonem
parante leniſſimum, meditanteque alloqui uelut mo-
rigeros iam futuros: quidam ex illis furore percitus
truci, calceo ſuo in tribunal contorto,
MARHA,
MARHA,
quod eſt apud eos ſignum belli-
cum, exclamauit, eumque ſecuta incondita multitudo,
[Spaltenumbruch] nexillo elato repente barbarico, ululans ferum, in
ipſum principem ferebatur.
1 §. LVIII. 1. amm. marcell. L. XVII. c. 8.
Operiensque Iulium menſem, unde ſumunt Galli-
cani procinctus exordia, diutius angebatur. Nec
enim egredi poterat, antequam ex Aquitania,
aeſtatis remiſſione ſolutis frigoribus & pruinis,
ueheretur annona.
2 Einige Gelehrte haben den Namen Salii, von
dem teutſchen Worte Saal, das ſo viel als curiam
oder palatium bedeutet haͤtte, ableiten wollen; und
meynen, die geſammten Francken waͤren auch Salii
genennet worden. Es erhellet aber aus dem Zuſam-
menhang der Geſchichte, daß es ein Name geweſen,
der weder den Francken insgeſammt, noch einem
gewiſſen Stande unter ihnen gegeben worden, ſondern
der einer Fraͤnckiſchen Nation eigen geweſen. Ob er
nun von der Sala, oder heutigen Yſſel entſprungen,
oder von den waͤſſerichten Gegenden, als welche in
der alten Nieder-Teutſchen Sprache Saal heiſſen,
und daher Salland an der Yſſel, welches einen
Haupttheil von der ietzigen Provintz Oueryfſel aus-
macht, den Namen bekommen, iſt ungewiß. Der
letzteren Ableitung gedencket menso altingi-
vs
l. c. p. 115. Depreſſius ſolum, cui ſuperſtare ſolet
quaelibet aqua reſes, ſiue tacitis laticibus eo colli-
quata, ſiue data opera pecori aquando corriuata,
ſiue eluuionibus effuſa, SALAM uocant, qui
Rheni diuortia accolunt &c.
Zum wenigſten iſt ge-
wiß, daß ein Theil der Francken in den Gegenden
[Ende Spaltensatz]
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[256/0290] Sechſtes Buch. Geſchichte der Teutſchen der Kaiſer moͤchte ihnen in den Roͤmiſchen Provintzen irgend wo einen Ort nach ſeinem Belieben vergoͤnnen, da ſie bereit waͤren, ſich ſtille zu halten, und Tribut zu geben. Conſtantius ließ ſich das Anerbiethen nicht mißfallen, in Hoff- nung, ſie zu Verſtaͤrckung der Armee gebrauchen zu koͤnnen, da in vielen Pro- vintzen die Luſt zum Kriege immer mehr verfiel, und die Werbungen deßwegen nicht fort wolten 2. Das Kaiſerliche Lager ſtund bey Acimincum ††, dahin ließ der Kaiſer die Sarmaten heruͤber kommen. Dieſe aber ſahen ihre Gele- genheit ab, und grieffen gantz unvermuthet den Kaiſer ſelbſt an 3. Allein die Roͤmer ſtelleten ſich augenblicklich in Schlacht-Ordnung, und belohnten ihnen den Betrug dergeſtalt, daß ſie entweder auf dem Platz blieben, oder zu Sclaven gemacht wurden. Seit welcher Zeit von den Limigantibus in der Hiſtorie keine fernere Meldung geſchieht. LVIII. Iulianus hatte den Winter zu Paris zugebracht, und war bedacht geweſen, die Alemannen vollends zu baͤndigen. Die Feldzuͤge pflegten um dieſe Zeit in Gallien vor Anfange des Iulii nicht eroͤffnet zu werden, weil man die Zufuhr aus Aquitanien erwarten muſte 1. Aber Iulianus dachte, es wuͤrde einerley ſeyn, ob die Soldaten den Vorrath, ſo noch auf 20. Tage uͤbrig war, im Felde oder im Quartier verzehrten, und brach alſo eher als gewoͤhnlich auf. Er 2 Iulianus uͤber- eilt die Salios. Woher die Francken die- ſen Namen? 2 ibidem. Qui uana quaedam cauſantes, & irrita, pauore adigente mentiri, principem exora- bant in ueniam, obſecrantes, ut ſimultate abolita, transmiſſo flumine ad eum uenire permitterentur, docturi, quae ſuſtinerent incommoda: paratique intra ſpatia orbis Romani, ſi id placuerit, terras ſuſcipere longe diſcretas, ut diuturno otio inuoluti, & quietem colentes, tanquam ſalutarem deam, tributariorum onera ſubirent, & nomen. His poſt reditum tribunorum compertis, imperator exſul- tans, ut negotio quod rebatur inexplicabile, ſine ullo puluere conſummando, cunctos admiſit, auidi- tate plus habendi incenſus: quam adulatorum co- hors augebat, id ſine modo ſtrepentium, quod ex- ternis ſopitis, & ubique pace compoſita, proletarios lucrabitur plures, & tirocinia cogere poterit uali- diſſima. Aurum quippe gratanter prouinciales corporibus dabant, quae ſpes rem Romanam aliquo- ties adgrauauit. †† ſ. Alcumincum, lazivs L. XII. Rom. reip. c. 11. p. 937. meynet, es ſey Salankemen. 3 ibidem. Quae Limigantes licet properari ſentirent, nihil tamen praeter preces fingentes ſta- bant incurui; longe alia quam quae geſtu praefere- bant & uerbis, altis mentibus perpenſantes. Viſo- que imperatore ex alto ſuggeſtu iam ſermonem parante leniſſimum, meditanteque alloqui uelut mo- rigeros iam futuros: quidam ex illis furore percitus truci, calceo ſuo in tribunal contorto, MARHA, MARHA, quod eſt apud eos ſignum belli- cum, exclamauit, eumque ſecuta incondita multitudo, nexillo elato repente barbarico, ululans ferum, in ipſum principem ferebatur. 1 §. LVIII. 1. amm. marcell. L. XVII. c. 8. Operiensque Iulium menſem, unde ſumunt Galli- cani procinctus exordia, diutius angebatur. Nec enim egredi poterat, antequam ex Aquitania, aeſtatis remiſſione ſolutis frigoribus & pruinis, ueheretur annona. 2 Einige Gelehrte haben den Namen Salii, von dem teutſchen Worte Saal, das ſo viel als curiam oder palatium bedeutet haͤtte, ableiten wollen; und meynen, die geſammten Francken waͤren auch Salii genennet worden. Es erhellet aber aus dem Zuſam- menhang der Geſchichte, daß es ein Name geweſen, der weder den Francken insgeſammt, noch einem gewiſſen Stande unter ihnen gegeben worden, ſondern der einer Fraͤnckiſchen Nation eigen geweſen. Ob er nun von der Sala, oder heutigen Yſſel entſprungen, oder von den waͤſſerichten Gegenden, als welche in der alten Nieder-Teutſchen Sprache Saal heiſſen, und daher Salland an der Yſſel, welches einen Haupttheil von der ietzigen Provintz Oueryfſel aus- macht, den Namen bekommen, iſt ungewiß. Der letzteren Ableitung gedencket menso altingi- vs l. c. p. 115. Depreſſius ſolum, cui ſuperſtare ſolet quaelibet aqua reſes, ſiue tacitis laticibus eo colli- quata, ſiue data opera pecori aquando corriuata, ſiue eluuionibus effuſa, SALAM uocant, qui Rheni diuortia accolunt &c. Zum wenigſten iſt ge- wiß, daß ein Theil der Francken in den Gegenden und

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/290>, abgerufen am 23.11.2024.