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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Zehndtes Buch. Geschichte der Teutschen,
Francken an der Waal, und in Belgica secunda gesetzet. Die Truppen
und Landschafften aber, so bis dahin der Römer Herrschafft und Namen
noch erhalten, wissen wegen Ungewißheit derer Reichs-Geschäffte nicht, was
sie für eine Partie ergreiffen sollen, bis Chlodouei Tapfferkeit ihnen diesen
Zweifel benimmt.

XLI. Die Geschichte dieser neuen Reiche können uns einigen Begriff von
Gedancken
über die Stiff-
tung der Teut-
schen Reiche in
den Römischen
Provintzen.
denen noch älteren Migrationen der Völcker, die in der Historie angemercket
sind, beybringen. Wir wollen dabey zuletzt noch einige Betrachtungen über
die Umstände, so die Errichtung derselben befördert, und über die Würckun-
gen solcher Veränderung, beyfügen. Bey den erstern hat das gantze Christ-
liche Alterthum den Finger Gottes verehret; einige neuere aber sind zu verwe-
gen gewesen, und haben von iedem Verhängniß, die absonderlichen Ursachen
anzeigen wollen, wobey sie vielmal in ungereimten Wiederspruch verwickelt
worden. Die Umstände aber, deren Zusammenfügung dem Himmel hierbey
dienen müssen, ereignen sich theils an Seiten der Teutschen, theils an Sei-
ten des Römischen Reichs. Die bisherige Folge, der Geschichte zeiget zur
Gnüge, wie unerschöpfft die Teutschen, sowohl an Mannschafft, als Begier-
de zum Kriege und Tapfferkeit im Felde gewesen. Jhre Leibes-Stärcke,
ihre Erziehung, und gantze Lebens-Art lenckete sie dahin. Hierzu kam, daß
sie vielmal die Noth auszuziehen zwang, vielmals aber die Begierde nach
Ruhm, wie gar offt die Freyheit großmüthige Anschläge einflösset und unter-
hält, sie darzu anreitzete. Was konnten denn also solche Völcker, die so viel
Soldaten zehleten, als Manns-Personen unter ihnen waren, bey der Ver-
messenheit, damit sie dem Tode trotzeten, nicht ausrichten1? Weil sie nun
mit Weib und Kindern auszuziehen pflegten, konnte ein Heer, wo es sich setz-
te, so fort ein neues Volck, und der Fürst, der es angeführet, ein eigen Kö-
nigreich formiren. Durch die vielen Kriege hatten sie zugleich die Künste und
Vortheile des Krieges begriffen, und nicht allein überwinden, sondern auch,
was sie erobert behalten, gelernet2. Die Römer hingegen, so die Liebe ihrer
3
4

Provintzen,
1 [Beginn Spaltensatz] §. XLI. 1. S. oben L. II. §. XXXVII.
2 Cons. L. IX. §. XLIX.
3 salvianvs handelt gar offt hiervon:
Unter andern p. 88. Porro autem quantum ad
conuersationem Gothorum aut Wandaloruns per-
tinet, quid est in quo eis aut praeponere nos aut
etiam comparare possimus? Ac primum ut de af-
fectu & caritate dicam,
(quam praecipuam domi-
nus docet esse uirtutem, & quam non solum per
omnes scripturas sacras, sed etiam, per se ipse
commendat, dicens: In hoc scietur quod discipuli
mei estis, si uos inuicem diligatis,
) omnes se fere
[Spaltenumbruch] barbari, qui modo sunt unius gentis & regis, mu-
tuo amant, omnes pene Romani se mutuo perse-
quuntur. Quis enim ciuis non inuidet ciui? quis
plenam uicino exhibet caritatem? omnes quippe a
se, etsi loco non absunt, affectu absunt; etsi ha-
bitatione iunguntur, mente disiuncti sunt
.
4 idem p. 90. Inter haec uastantur paupe-
res, uiduae gemunt, orphani proculcantur, in
tantum, ut multi eorum & non obscuris natalibus
editi, & liberaliter instituti, ad hostes fugiant,
ne persecutionis publicae afflictione moriantur;
quaerentes scilicet apud barbaros Romanam huma-
nitatem, quia apud Romanos barbaram inhuma-

[Ende Spaltensatz]
nitatem

Zehndtes Buch. Geſchichte der Teutſchen,
Francken an der Waal, und in Belgica ſecunda geſetzet. Die Truppen
und Landſchafften aber, ſo bis dahin der Roͤmer Herrſchafft und Namen
noch erhalten, wiſſen wegen Ungewißheit derer Reichs-Geſchaͤffte nicht, was
ſie fuͤr eine Partie ergreiffen ſollen, bis Chlodouei Tapfferkeit ihnen dieſen
Zweifel benimmt.

XLI. Die Geſchichte dieſer neuen Reiche koͤnnen uns einigen Begriff von
Gedancken
uͤber die Stiff-
tung der Teut-
ſchen Reiche in
den Roͤmiſchẽ
Provintzen.
denen noch aͤlteren Migrationen der Voͤlcker, die in der Hiſtorie angemercket
ſind, beybringen. Wir wollen dabey zuletzt noch einige Betrachtungen uͤber
die Umſtaͤnde, ſo die Errichtung derſelben befoͤrdert, und uͤber die Wuͤrckun-
gen ſolcher Veraͤnderung, beyfuͤgen. Bey den erſtern hat das gantze Chriſt-
liche Alterthum den Finger Gottes verehret; einige neuere aber ſind zu verwe-
gen geweſen, und haben von iedem Verhaͤngniß, die abſonderlichen Urſachen
anzeigen wollen, wobey ſie vielmal in ungereimten Wiederſpruch verwickelt
worden. Die Umſtaͤnde aber, deren Zuſammenfuͤgung dem Himmel hierbey
dienen muͤſſen, ereignen ſich theils an Seiten der Teutſchen, theils an Sei-
ten des Roͤmiſchen Reichs. Die bisherige Folge, der Geſchichte zeiget zur
Gnuͤge, wie unerſchoͤpfft die Teutſchen, ſowohl an Mannſchafft, als Begier-
de zum Kriege und Tapfferkeit im Felde geweſen. Jhre Leibes-Staͤrcke,
ihre Erziehung, und gantze Lebens-Art lenckete ſie dahin. Hierzu kam, daß
ſie vielmal die Noth auszuziehen zwang, vielmals aber die Begierde nach
Ruhm, wie gar offt die Freyheit großmuͤthige Anſchlaͤge einfloͤſſet und unter-
haͤlt, ſie darzu anreitzete. Was konnten denn alſo ſolche Voͤlcker, die ſo viel
Soldaten zehleten, als Manns-Perſonen unter ihnen waren, bey der Ver-
meſſenheit, damit ſie dem Tode trotzeten, nicht ausrichten1? Weil ſie nun
mit Weib und Kindern auszuziehen pflegten, konnte ein Heer, wo es ſich ſetz-
te, ſo fort ein neues Volck, und der Fuͤrſt, der es angefuͤhret, ein eigen Koͤ-
nigreich formiren. Durch die vielen Kriege hatten ſie zugleich die Kuͤnſte und
Vortheile des Krieges begriffen, und nicht allein uͤberwinden, ſondern auch,
was ſie erobert behalten, gelernet2. Die Roͤmer hingegen, ſo die Liebe ihrer
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Provintzen,
1 [Beginn Spaltensatz] §. XLI. 1. S. oben L. II. §. XXXVII.
2 Conſ. L. IX. §. XLIX.
3 salvianvs handelt gar offt hiervon:
Unter andern p. 88. Porro autem quantum ad
conuerſationem Gothorum aut Wandaloruns per-
tinet, quid eſt in quo eis aut praeponere nos aut
etiam comparare poſſimus? Ac primum ut de af-
fectu & caritate dicam,
(quam praecipuam domi-
nus docet eſſe uirtutem, & quam non ſolum per
omnes ſcripturas ſacras, ſed etiam, per ſe ipſe
commendat, dicens: In hoc ſcietur quod diſcipuli
mei eſtis, ſi uos inuicem diligatis,
) omnes ſe fere
[Spaltenumbruch] barbari, qui modo ſunt unius gentis & regis, mu-
tuo amant, omnes pene Romani ſe mutuo perſe-
quuntur. Quis enim ciuis non inuidet ciui? quis
plenam uicino exhibet caritatem? omnes quippe a
ſe, etſi loco non abſunt, affectu abſunt; etſi ha-
bitatione iunguntur, mente disiuncti ſunt
.
4 idem p. 90. Inter haec uaſtantur paupe-
res, uiduae gemunt, orphani proculcantur, in
tantum, ut multi eorum & non obſcuris natalibus
editi, & liberaliter inſtituti, ad hoſtes fugiant,
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[506/0540] Zehndtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, Francken an der Waal, und in Belgica ſecunda geſetzet. Die Truppen und Landſchafften aber, ſo bis dahin der Roͤmer Herrſchafft und Namen noch erhalten, wiſſen wegen Ungewißheit derer Reichs-Geſchaͤffte nicht, was ſie fuͤr eine Partie ergreiffen ſollen, bis Chlodouei Tapfferkeit ihnen dieſen Zweifel benimmt. XLI. Die Geſchichte dieſer neuen Reiche koͤnnen uns einigen Begriff von denen noch aͤlteren Migrationen der Voͤlcker, die in der Hiſtorie angemercket ſind, beybringen. Wir wollen dabey zuletzt noch einige Betrachtungen uͤber die Umſtaͤnde, ſo die Errichtung derſelben befoͤrdert, und uͤber die Wuͤrckun- gen ſolcher Veraͤnderung, beyfuͤgen. Bey den erſtern hat das gantze Chriſt- liche Alterthum den Finger Gottes verehret; einige neuere aber ſind zu verwe- gen geweſen, und haben von iedem Verhaͤngniß, die abſonderlichen Urſachen anzeigen wollen, wobey ſie vielmal in ungereimten Wiederſpruch verwickelt worden. Die Umſtaͤnde aber, deren Zuſammenfuͤgung dem Himmel hierbey dienen muͤſſen, ereignen ſich theils an Seiten der Teutſchen, theils an Sei- ten des Roͤmiſchen Reichs. Die bisherige Folge, der Geſchichte zeiget zur Gnuͤge, wie unerſchoͤpfft die Teutſchen, ſowohl an Mannſchafft, als Begier- de zum Kriege und Tapfferkeit im Felde geweſen. Jhre Leibes-Staͤrcke, ihre Erziehung, und gantze Lebens-Art lenckete ſie dahin. Hierzu kam, daß ſie vielmal die Noth auszuziehen zwang, vielmals aber die Begierde nach Ruhm, wie gar offt die Freyheit großmuͤthige Anſchlaͤge einfloͤſſet und unter- haͤlt, ſie darzu anreitzete. Was konnten denn alſo ſolche Voͤlcker, die ſo viel Soldaten zehleten, als Manns-Perſonen unter ihnen waren, bey der Ver- meſſenheit, damit ſie dem Tode trotzeten, nicht ausrichten 1? Weil ſie nun mit Weib und Kindern auszuziehen pflegten, konnte ein Heer, wo es ſich ſetz- te, ſo fort ein neues Volck, und der Fuͤrſt, der es angefuͤhret, ein eigen Koͤ- nigreich formiren. Durch die vielen Kriege hatten ſie zugleich die Kuͤnſte und Vortheile des Krieges begriffen, und nicht allein uͤberwinden, ſondern auch, was ſie erobert behalten, gelernet 2. Die Roͤmer hingegen, ſo die Liebe ihrer Provintzen, 3 4 Gedancken uͤber die Stiff- tung der Teut- ſchen Reiche in den Roͤmiſchẽ Provintzen. 1 §. XLI. 1. S. oben L. II. §. XXXVII. 2 Conſ. L. IX. §. XLIX. 3 salvianvs handelt gar offt hiervon: Unter andern p. 88. Porro autem quantum ad conuerſationem Gothorum aut Wandaloruns per- tinet, quid eſt in quo eis aut praeponere nos aut etiam comparare poſſimus? Ac primum ut de af- fectu & caritate dicam, (quam praecipuam domi- nus docet eſſe uirtutem, & quam non ſolum per omnes ſcripturas ſacras, ſed etiam, per ſe ipſe commendat, dicens: In hoc ſcietur quod diſcipuli mei eſtis, ſi uos inuicem diligatis,) omnes ſe fere barbari, qui modo ſunt unius gentis & regis, mu- tuo amant, omnes pene Romani ſe mutuo perſe- quuntur. Quis enim ciuis non inuidet ciui? quis plenam uicino exhibet caritatem? omnes quippe a ſe, etſi loco non abſunt, affectu abſunt; etſi ha- bitatione iunguntur, mente disiuncti ſunt. 4 idem p. 90. Inter haec uaſtantur paupe- res, uiduae gemunt, orphani proculcantur, in tantum, ut multi eorum & non obſcuris natalibus editi, & liberaliter inſtituti, ad hoſtes fugiant, ne perſecutionis publicae afflictione moriantur; quaerentes ſcilicet apud barbaros Romanam huma- nitatem, quia apud Romanos barbaram inhuma- nitatem

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/540>, abgerufen am 17.06.2024.