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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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mit IVLIO CAESARE.
Beute ausgeschicket, und hätten derselben Zurückkunfft vorher gerne erwartet: Sie
liessen also aufs neue Caesarem nur so lange um Stillstand ersuchen, bis sie selbst
mit den Ubiern über den gethanenen Vorschlag handeln könnten. Aber Caesar war
ihnen indessen gantz nahe gekommen, und gab ihnen nur einen Tag Bedenck-Zeit.
Es fügte sich eben an dem Tage, daß achthundert Teutsche Pferde, fünfftausend
Römische Reuter, die sich nichts feindliches versahen, anzugreiffen Vortheil sa-
hen, und sie, ohne auf den Stillstand zu sehen, in der Hitze angrieffen, auch glück-
lich in die Flucht schlugen. Den Morgen darauf kamen die Häupter des Volcks
zu Caesare ins Lager, und bathen, die Fehler einiger jungen Leute, die des Tages
vorher aus Unbesonnenheit sich an den Römern vergrieffen, nicht dem gantzen
Volck zuzurechnen, sondern vielmehr den gebethenen Stillstand zu gestatten. Cae-
sar,
der alles, was sie fürbrachten, für List und Betrug hielt, meinte befugt zu
seyn, sie, unerachtet sie Gesandten waren, gefänglich anzuhalten. Er rückte
darauf sofort gegen das Teutsche Lager, das nur 8 Römische Meilen von ihm stund,
und darinnen man sich eines so geschwinden Anfalls nicht versahe, auch über das,
wegen Abwesenheit der vornehmsten Anführer, ohne Rath und Anstalt war. Die
so sich Anfangs zur Wehre setzen wollten, wurden sofort niedergehauen. Die
Weiber und Kinder suchten sich mit der Flucht zu retten, musten aber meistens un-
ter den Schwerdtern der Reuterey, die ihnen Caesar nachschickte, sterben. Die
Römer beobachteten so wenig, als die Teutschen, die Mässigung, Leute, die nicht
Widerstand thun konnten, zu verschonen. Das Geschrey der unglückseligen Wei-
ber und Kinder, und der eindringende Feind jagte der gantzen Menge der Usipeter
und Tenchterer eine solche Furcht ein, daß sie mit hellem Hauffen die Flucht nah-
men. Die Römer verfolgten sie bis an die Maas, 3 da die, so dem Schwerdt
entrunnen, ins Wasser sprungen, und sich theils durch Schwimmen retteten,
grösten theils aber im Wasser umkamen. *

XIV. Der glückliche Ausgang munterte Caesarem zu noch grössern Un-Caesar schlägt
eine Brücke
über den
Rhein, und
verwüstet das
Land der Si-
gambren.

ternehmungen auf. Er wollte den Teutschen Völckern die Lust über den Rhein
zu gehen benehmen, und ihnen zeigen, daß die Römer sie in ihrem eigenen Lande
heimsuchen könnten. Die Ubier, mit denen er Bündnisse gemachet, lagen ihm
fleissig an, er möchte ihnen wider die Sveven zu Hülffe kommen, oder sich doch
wenigstens jenseit des Rheins sehen lassen, immassen sie dafür hielten, es würde ih-
nen schon Schutzes genug seyn, wenn ihre Nachbarn sehen würden, daß sich die
Römer ihrer annähmen, deren Waffen durch Ariovisti Niederlage bis an
Teutschlands äusserste Gräntzen berühmt worden wären. Caesar aber fand noch

einen
[Beginn Spaltensatz] Umstand angemercket, daß Caesar selbst seine Kriege
beschrieben, um desto leichter seinen Waffen einen
Schein Rechtens zu geben. Man siehet aus seiner
Lebens-Beschreibung beym plvtarcho l. c.
p. 718. E.
daß viele in Rom die Sache anders für-
gestellet. Jnsonderheit meldet er von Catone: Ca-
nusius, Catonem, narrat, decernente uictoriae caussa
supplicationem Senatu, pro sententia dixisse, Caesa-
rem barbaris dedendum, ad expiandum a uiolato iure
[Spaltenumbruch] gentium ciuitatem, & ad piaculum in autorem uerten-
dum.
svetonivs in Iulio cap.
21.
3 caesar L. IV. c. 15. Quum ad confluentem
Mosae & Rheni peruenissent.
phil. clvverivs
in Ant. German. L. IV. c.
14 will ad conflu-
entem mosellae & Rheni
gelesen wissen. Es
widerlegt ihn aber io. isaac. pontanvs di-
scept. Choragr. de Rheni diuortiis c. V. p.
27.
* caesar L. IV. c. 7-16.
[Ende Spaltensatz]
§. XIV.

mit IVLIO CAESARE.
Beute ausgeſchicket, und haͤtten derſelben Zuruͤckkunfft vorher gerne erwartet: Sie
lieſſen alſo aufs neue Caeſarem nur ſo lange um Stillſtand erſuchen, bis ſie ſelbſt
mit den Ubiern uͤber den gethanenen Vorſchlag handeln koͤnnten. Aber Caeſar war
ihnen indeſſen gantz nahe gekommen, und gab ihnen nur einen Tag Bedenck-Zeit.
Es fuͤgte ſich eben an dem Tage, daß achthundert Teutſche Pferde, fuͤnfftauſend
Roͤmiſche Reuter, die ſich nichts feindliches verſahen, anzugreiffen Vortheil ſa-
hen, und ſie, ohne auf den Stillſtand zu ſehen, in der Hitze angrieffen, auch gluͤck-
lich in die Flucht ſchlugen. Den Morgen darauf kamen die Haͤupter des Volcks
zu Caeſare ins Lager, und bathen, die Fehler einiger jungen Leute, die des Tages
vorher aus Unbeſonnenheit ſich an den Roͤmern vergrieffen, nicht dem gantzen
Volck zuzurechnen, ſondern vielmehr den gebethenen Stillſtand zu geſtatten. Cae-
ſar,
der alles, was ſie fuͤrbrachten, fuͤr Liſt und Betrug hielt, meinte befugt zu
ſeyn, ſie, unerachtet ſie Geſandten waren, gefaͤnglich anzuhalten. Er ruͤckte
darauf ſofort gegen das Teutſche Lager, das nur 8 Roͤmiſche Meilen von ihm ſtund,
und darinnen man ſich eines ſo geſchwinden Anfalls nicht verſahe, auch uͤber das,
wegen Abweſenheit der vornehmſten Anfuͤhrer, ohne Rath und Anſtalt war. Die
ſo ſich Anfangs zur Wehre ſetzen wollten, wurden ſofort niedergehauen. Die
Weiber und Kinder ſuchten ſich mit der Flucht zu retten, muſten aber meiſtens un-
ter den Schwerdtern der Reuterey, die ihnen Caeſar nachſchickte, ſterben. Die
Roͤmer beobachteten ſo wenig, als die Teutſchen, die Maͤſſigung, Leute, die nicht
Widerſtand thun konnten, zu verſchonen. Das Geſchrey der ungluͤckſeligen Wei-
ber und Kinder, und der eindringende Feind jagte der gantzen Menge der Uſipeter
und Tenchterer eine ſolche Furcht ein, daß ſie mit hellem Hauffen die Flucht nah-
men. Die Roͤmer verfolgten ſie bis an die Maas, 3 da die, ſo dem Schwerdt
entrunnen, ins Waſſer ſprungen, und ſich theils durch Schwimmen retteten,
groͤſten theils aber im Waſſer umkamen. *

XIV. Der gluͤckliche Ausgang munterte Caeſarem zu noch groͤſſern Un-Caeſar ſchlaͤgt
eine Bruͤcke
uͤber den
Rhein, und
verwuͤſtet das
Land der Si-
gambren.

ternehmungen auf. Er wollte den Teutſchen Voͤlckern die Luſt uͤber den Rhein
zu gehen benehmen, und ihnen zeigen, daß die Roͤmer ſie in ihrem eigenen Lande
heimſuchen koͤnnten. Die Ubier, mit denen er Buͤndniſſe gemachet, lagen ihm
fleiſſig an, er moͤchte ihnen wider die Sveven zu Huͤlffe kommen, oder ſich doch
wenigſtens jenſeit des Rheins ſehen laſſen, immaſſen ſie dafuͤr hielten, es wuͤrde ih-
nen ſchon Schutzes genug ſeyn, wenn ihre Nachbarn ſehen wuͤrden, daß ſich die
Roͤmer ihrer annaͤhmen, deren Waffen durch Arioviſti Niederlage bis an
Teutſchlands aͤuſſerſte Graͤntzen beruͤhmt worden waͤren. Caeſar aber fand noch

einen
[Beginn Spaltensatz] Umſtand angemercket, daß Caeſar ſelbſt ſeine Kriege
beſchrieben, um deſto leichter ſeinen Waffen einen
Schein Rechtens zu geben. Man ſiehet aus ſeiner
Lebens-Beſchreibung beym plvtarcho l. c.
p. 718. E.
daß viele in Rom die Sache anders fuͤr-
geſtellet. Jnſonderheit meldet er von Catone: Ca-
nuſius, Catonem, narrat, decernente uictoriae cauſſa
ſupplicationem Senatu, pro ſententia dixiſſe, Caeſa-
rem barbaris dedendum, ad expiandum a uiolato iure
[Spaltenumbruch] gentium ciuitatem, & ad piaculum in autorem uerten-
dum.
svetonivs in Iulio cap.
21.
3 caesar L. IV. c. 15. Quum ad confluentem
Moſae & Rheni perueniſſent.
phil. clvverivs
in Ant. German. L. IV. c.
14 will ad conflu-
entem mosellae & Rheni
geleſen wiſſen. Es
widerlegt ihn aber io. isaac. pontanvs di-
ſcept. Choragr. de Rheni diuortiis c. V. p.
27.
* caesar L. IV. c. 7-16.
[Ende Spaltensatz]
§. XIV.
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[31/0065] mit IVLIO CAESARE. Beute ausgeſchicket, und haͤtten derſelben Zuruͤckkunfft vorher gerne erwartet: Sie lieſſen alſo aufs neue Caeſarem nur ſo lange um Stillſtand erſuchen, bis ſie ſelbſt mit den Ubiern uͤber den gethanenen Vorſchlag handeln koͤnnten. Aber Caeſar war ihnen indeſſen gantz nahe gekommen, und gab ihnen nur einen Tag Bedenck-Zeit. Es fuͤgte ſich eben an dem Tage, daß achthundert Teutſche Pferde, fuͤnfftauſend Roͤmiſche Reuter, die ſich nichts feindliches verſahen, anzugreiffen Vortheil ſa- hen, und ſie, ohne auf den Stillſtand zu ſehen, in der Hitze angrieffen, auch gluͤck- lich in die Flucht ſchlugen. 1 Den Morgen darauf kamen die Haͤupter des Volcks zu Caeſare ins Lager, und bathen, die Fehler einiger jungen Leute, die des Tages vorher aus Unbeſonnenheit ſich an den Roͤmern vergrieffen, nicht dem gantzen Volck zuzurechnen, ſondern vielmehr den gebethenen Stillſtand zu geſtatten. Cae- ſar, der alles, was ſie fuͤrbrachten, fuͤr Liſt und Betrug hielt, meinte befugt zu ſeyn, ſie, unerachtet ſie Geſandten waren, gefaͤnglich anzuhalten. 2 Er ruͤckte darauf ſofort gegen das Teutſche Lager, das nur 8 Roͤmiſche Meilen von ihm ſtund, und darinnen man ſich eines ſo geſchwinden Anfalls nicht verſahe, auch uͤber das, wegen Abweſenheit der vornehmſten Anfuͤhrer, ohne Rath und Anſtalt war. Die ſo ſich Anfangs zur Wehre ſetzen wollten, wurden ſofort niedergehauen. Die Weiber und Kinder ſuchten ſich mit der Flucht zu retten, muſten aber meiſtens un- ter den Schwerdtern der Reuterey, die ihnen Caeſar nachſchickte, ſterben. Die Roͤmer beobachteten ſo wenig, als die Teutſchen, die Maͤſſigung, Leute, die nicht Widerſtand thun konnten, zu verſchonen. Das Geſchrey der ungluͤckſeligen Wei- ber und Kinder, und der eindringende Feind jagte der gantzen Menge der Uſipeter und Tenchterer eine ſolche Furcht ein, daß ſie mit hellem Hauffen die Flucht nah- men. Die Roͤmer verfolgten ſie bis an die Maas, 3 da die, ſo dem Schwerdt entrunnen, ins Waſſer ſprungen, und ſich theils durch Schwimmen retteten, groͤſten theils aber im Waſſer umkamen. * XIV. Der gluͤckliche Ausgang munterte Caeſarem zu noch groͤſſern Un- ternehmungen auf. Er wollte den Teutſchen Voͤlckern die Luſt uͤber den Rhein zu gehen benehmen, und ihnen zeigen, daß die Roͤmer ſie in ihrem eigenen Lande heimſuchen koͤnnten. Die Ubier, mit denen er Buͤndniſſe gemachet, lagen ihm fleiſſig an, er moͤchte ihnen wider die Sveven zu Huͤlffe kommen, oder ſich doch wenigſtens jenſeit des Rheins ſehen laſſen, immaſſen ſie dafuͤr hielten, es wuͤrde ih- nen ſchon Schutzes genug ſeyn, wenn ihre Nachbarn ſehen wuͤrden, daß ſich die Roͤmer ihrer annaͤhmen, deren Waffen durch Arioviſti Niederlage bis an Teutſchlands aͤuſſerſte Graͤntzen beruͤhmt worden waͤren. Caeſar aber fand noch einen Caeſar ſchlaͤgt eine Bruͤcke uͤber den Rhein, und verwuͤſtet das Land der Si- gambren. 1 2 Umſtand angemercket, daß Caeſar ſelbſt ſeine Kriege beſchrieben, um deſto leichter ſeinen Waffen einen Schein Rechtens zu geben. Man ſiehet aus ſeiner Lebens-Beſchreibung beym plvtarcho l. c. p. 718. E. daß viele in Rom die Sache anders fuͤr- geſtellet. Jnſonderheit meldet er von Catone: Ca- nuſius, Catonem, narrat, decernente uictoriae cauſſa ſupplicationem Senatu, pro ſententia dixiſſe, Caeſa- rem barbaris dedendum, ad expiandum a uiolato iure gentium ciuitatem, & ad piaculum in autorem uerten- dum. svetonivs in Iulio cap. 21. 3 caesar L. IV. c. 15. Quum ad confluentem Moſae & Rheni perueniſſent. phil. clvverivs in Ant. German. L. IV. c. 14 will ad conflu- entem mosellae & Rheni geleſen wiſſen. Es widerlegt ihn aber io. isaac. pontanvs di- ſcept. Choragr. de Rheni diuortiis c. V. p. 27. * caesar L. IV. c. 7-16. §. XIV.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/65>, abgerufen am 21.11.2024.