Maul eines Frosches, deine Augen sind Krötenaugen; deine Nase gleicht einer Gurke, und deine Stimme klingt wie das Schreien einer Wachtel! Ich bin ein Buluk Emini des Großherrn; was aber bist denn du? Ein Khawaß, ein einfacher Khawaß, weiter nichts."
"Mensch, ich drehe dir das Gesicht auf den Rücken, wenn du nicht schweigest! Was geht dich meine Nase an? Du hast gar keine! Du sagst, dein Gebieter sei ein sehr großer Effendi, ein Emir, ein Scheik des Abendlandes? Man darf nur dich betrachten, dann weiß man, wer er ist! Und du kommst, mich hier fortzujagen?"
"Und wer ist denn dein Gebieter? Auch ein großer Effendi aus dem Abendlande, sagst du? Ich aber sage dir, daß es im ganzen Abendlande nur einen einzigen großen Effendi giebt, und das ist mein Herr. Merke dir das!"
"Hört," begann eine dritte Stimme sehr ernst und ruhig; "ihr habt mir zwei Effendi angemeldet. Der eine hat eine Schrift vom Onsul *) der Franken, die vom Mutessarif unterzeichnet worden ist; das gilt. Der andere aber ist im Giölgeda padischahnün; er hat Schriften vom Onsul, vom Großherrn, vom Mutessarif und hat auch das Recht auf den Disch-parassi; das gilt noch mehr. Dieser letztere wird hier bei mir wohnen; für den an- dern aber werde ich eine Schlafstätte in einem andern Hause bereiten lassen. Der eine wird alles umsonst er- halten; der andere aber wird alles bezahlen."
"Das leide ich nicht!" klang die Stimme des Ar- nauten. "Was dem einen geschieht, das wird dem andern auch geschehen!"
"Höre, ich bin hier Nezanum **) und Gebieter; was
*) Konsul.
**) Vorsteher.
Maul eines Froſches, deine Augen ſind Krötenaugen; deine Naſe gleicht einer Gurke, und deine Stimme klingt wie das Schreien einer Wachtel! Ich bin ein Buluk Emini des Großherrn; was aber biſt denn du? Ein Khawaß, ein einfacher Khawaß, weiter nichts.“
„Menſch, ich drehe dir das Geſicht auf den Rücken, wenn du nicht ſchweigeſt! Was geht dich meine Naſe an? Du haſt gar keine! Du ſagſt, dein Gebieter ſei ein ſehr großer Effendi, ein Emir, ein Scheik des Abendlandes? Man darf nur dich betrachten, dann weiß man, wer er iſt! Und du kommſt, mich hier fortzujagen?“
„Und wer iſt denn dein Gebieter? Auch ein großer Effendi aus dem Abendlande, ſagſt du? Ich aber ſage dir, daß es im ganzen Abendlande nur einen einzigen großen Effendi giebt, und das iſt mein Herr. Merke dir das!“
„Hört,“ begann eine dritte Stimme ſehr ernſt und ruhig; „ihr habt mir zwei Effendi angemeldet. Der eine hat eine Schrift vom Onſul *) der Franken, die vom Muteſſarif unterzeichnet worden iſt; das gilt. Der andere aber iſt im Giölgeda padiſchahnün; er hat Schriften vom Onſul, vom Großherrn, vom Muteſſarif und hat auch das Recht auf den Diſch-paraſſi; das gilt noch mehr. Dieſer letztere wird hier bei mir wohnen; für den an- dern aber werde ich eine Schlafſtätte in einem andern Hauſe bereiten laſſen. Der eine wird alles umſonſt er- halten; der andere aber wird alles bezahlen.“
„Das leide ich nicht!“ klang die Stimme des Ar- nauten. „Was dem einen geſchieht, das wird dem andern auch geſchehen!“
„Höre, ich bin hier Nezanum **) und Gebieter; was
*) Konſul.
**) Vorſteher.
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Maul eines Froſches, deine Augen ſind Krötenaugen;
deine Naſe gleicht einer Gurke, und deine Stimme klingt
wie das Schreien einer Wachtel! Ich bin ein Buluk Emini
des Großherrn; was aber biſt denn du? Ein Khawaß,
ein einfacher Khawaß, weiter nichts.“
„Menſch, ich drehe dir das Geſicht auf den Rücken,
wenn du nicht ſchweigeſt! Was geht dich meine Naſe an?
Du haſt gar keine! Du ſagſt, dein Gebieter ſei ein ſehr
großer Effendi, ein Emir, ein Scheik des Abendlandes?
Man darf nur dich betrachten, dann weiß man, wer er
iſt! Und du kommſt, mich hier fortzujagen?“
„Und wer iſt denn dein Gebieter? Auch ein großer
Effendi aus dem Abendlande, ſagſt du? Ich aber ſage
dir, daß es im ganzen Abendlande nur einen einzigen
großen Effendi giebt, und das iſt mein Herr. Merke dir
das!“
„Hört,“ begann eine dritte Stimme ſehr ernſt und
ruhig; „ihr habt mir zwei Effendi angemeldet. Der eine
hat eine Schrift vom Onſul *) der Franken, die vom
Muteſſarif unterzeichnet worden iſt; das gilt. Der andere
aber iſt im Giölgeda padiſchahnün; er hat Schriften vom
Onſul, vom Großherrn, vom Muteſſarif und hat auch
das Recht auf den Diſch-paraſſi; das gilt noch mehr.
Dieſer letztere wird hier bei mir wohnen; für den an-
dern aber werde ich eine Schlafſtätte in einem andern
Hauſe bereiten laſſen. Der eine wird alles umſonſt er-
halten; der andere aber wird alles bezahlen.“
„Das leide ich nicht!“ klang die Stimme des Ar-
nauten. „Was dem einen geſchieht, das wird dem andern
auch geſchehen!“
„Höre, ich bin hier Nezanum **) und Gebieter; was
*) Konſul.
**) Vorſteher.
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/134>, abgerufen am 22.12.2024.
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