Krieger, welche die Frauen verehren und Backschisch geben. Du bist die Sultana dieses Hauses. Erlaube uns, es zu besehen, ob wir für einige Tage darinnen wohnen können!"
"Effendi, deine Rede duftet nach Rosen und Nelken; dein Mund ist weiser und klüger als das Maul dieses Selim Agha, der stets vergißt, das Richtige zu sagen, und deine Hand ist wie die Hand Allahs, die Segen spendet. Hast du viele Diener bei dir?"
"Nein, denn unser Arm ist stark genug, uns selbst zu beschützen. Wir haben nur drei Begleiter: einen Diener, einen Khawassen des Mutessarif von Mossul und einen Kurden, welcher noch heute Amadijah wieder ver- lassen wird."
"So seid ihr mir willkommen! Seht euch mein Haus und meinen Garten an, und wenn es euch bei mir ge- fällt, so wird mein Auge über euch wachen und leuchten!"
Sie wischte sich die "Wachenden" und "Leuchtenden" abermals aus und sammelte dann die Zwiebeln vom Boden auf, um uns den Weg zu ebnen. Der tapfere Agha der Arnauten schien mit diesem Ausgange sehr zu- frieden zu sein. Er brachte uns zunächst nach einer Stube, welche ihm als Wohnung diente. Sie war sehr geräumig und hatte als einziges Möbel einen alten Teppich, der als Sofa, Bett, Stuhl und Tisch gebraucht wurde. An den Wänden hingen einige Waffen und Tabakspfeifen, und auf dem Boden stand eine Flasche, in deren Nähe einige hohle Eierschalen zu sehen waren.
"Ich heiße euch willkommen, ihr Herren," meinte er. "Laßt uns den Trunk der Freundschaft thun!"
Er bückte sich, um die Flasche nebst den Schalen auf- zuheben, und gab von den letzteren einem jeden von uns eine in die Hand. Dann schenkte er ein. Es war
Krieger, welche die Frauen verehren und Backſchiſch geben. Du biſt die Sultana dieſes Hauſes. Erlaube uns, es zu beſehen, ob wir für einige Tage darinnen wohnen können!“
„Effendi, deine Rede duftet nach Roſen und Nelken; dein Mund iſt weiſer und klüger als das Maul dieſes Selim Agha, der ſtets vergißt, das Richtige zu ſagen, und deine Hand iſt wie die Hand Allahs, die Segen ſpendet. Haſt du viele Diener bei dir?“
„Nein, denn unſer Arm iſt ſtark genug, uns ſelbſt zu beſchützen. Wir haben nur drei Begleiter: einen Diener, einen Khawaſſen des Muteſſarif von Moſſul und einen Kurden, welcher noch heute Amadijah wieder ver- laſſen wird.“
„So ſeid ihr mir willkommen! Seht euch mein Haus und meinen Garten an, und wenn es euch bei mir ge- fällt, ſo wird mein Auge über euch wachen und leuchten!“
Sie wiſchte ſich die „Wachenden“ und „Leuchtenden“ abermals aus und ſammelte dann die Zwiebeln vom Boden auf, um uns den Weg zu ebnen. Der tapfere Agha der Arnauten ſchien mit dieſem Ausgange ſehr zu- frieden zu ſein. Er brachte uns zunächſt nach einer Stube, welche ihm als Wohnung diente. Sie war ſehr geräumig und hatte als einziges Möbel einen alten Teppich, der als Sofa, Bett, Stuhl und Tiſch gebraucht wurde. An den Wänden hingen einige Waffen und Tabakspfeifen, und auf dem Boden ſtand eine Flaſche, in deren Nähe einige hohle Eierſchalen zu ſehen waren.
„Ich heiße euch willkommen, ihr Herren,“ meinte er. „Laßt uns den Trunk der Freundſchaft thun!“
Er bückte ſich, um die Flaſche nebſt den Schalen auf- zuheben, und gab von den letzteren einem jeden von uns eine in die Hand. Dann ſchenkte er ein. Es war
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0178"n="164"/>
Krieger, welche die Frauen verehren und Backſchiſch<lb/>
geben. Du biſt die Sultana dieſes Hauſes. Erlaube uns,<lb/>
es zu beſehen, ob wir für einige Tage darinnen wohnen<lb/>
können!“</p><lb/><p>„Effendi, deine Rede duftet nach Roſen und Nelken;<lb/>
dein Mund iſt weiſer und klüger als das Maul dieſes<lb/>
Selim Agha, der ſtets vergißt, das Richtige zu ſagen,<lb/>
und deine Hand iſt wie die Hand Allahs, die Segen<lb/>ſpendet. Haſt du viele Diener bei dir?“</p><lb/><p>„Nein, denn unſer Arm iſt ſtark genug, uns ſelbſt<lb/>
zu beſchützen. Wir haben nur drei Begleiter: einen<lb/>
Diener, einen Khawaſſen des Muteſſarif von Moſſul und<lb/>
einen Kurden, welcher noch heute Amadijah wieder ver-<lb/>
laſſen wird.“</p><lb/><p>„So ſeid ihr mir willkommen! Seht euch mein Haus<lb/>
und meinen Garten an, und wenn es euch bei mir ge-<lb/>
fällt, ſo wird mein Auge über euch wachen und leuchten!“</p><lb/><p>Sie wiſchte ſich die „Wachenden“ und „Leuchtenden“<lb/>
abermals aus und ſammelte dann die Zwiebeln vom<lb/>
Boden auf, um uns den Weg zu ebnen. Der tapfere<lb/>
Agha der Arnauten ſchien mit dieſem Ausgange ſehr zu-<lb/>
frieden zu ſein. Er brachte uns zunächſt nach einer Stube,<lb/>
welche ihm als Wohnung diente. Sie war ſehr geräumig<lb/>
und hatte als einziges Möbel einen alten Teppich, der<lb/>
als Sofa, Bett, Stuhl und Tiſch gebraucht wurde. An<lb/>
den Wänden hingen einige Waffen und Tabakspfeifen,<lb/>
und auf dem Boden ſtand eine Flaſche, in deren Nähe<lb/>
einige hohle Eierſchalen zu ſehen waren.</p><lb/><p>„Ich heiße euch willkommen, ihr Herren,“ meinte er.<lb/>„Laßt uns den Trunk der Freundſchaft thun!“</p><lb/><p>Er bückte ſich, um die Flaſche nebſt den Schalen auf-<lb/>
zuheben, und gab von den letzteren einem jeden von<lb/>
uns eine in die Hand. Dann ſchenkte er ein. Es war<lb/></p></div></body></text></TEI>
[164/0178]
Krieger, welche die Frauen verehren und Backſchiſch
geben. Du biſt die Sultana dieſes Hauſes. Erlaube uns,
es zu beſehen, ob wir für einige Tage darinnen wohnen
können!“
„Effendi, deine Rede duftet nach Roſen und Nelken;
dein Mund iſt weiſer und klüger als das Maul dieſes
Selim Agha, der ſtets vergißt, das Richtige zu ſagen,
und deine Hand iſt wie die Hand Allahs, die Segen
ſpendet. Haſt du viele Diener bei dir?“
„Nein, denn unſer Arm iſt ſtark genug, uns ſelbſt
zu beſchützen. Wir haben nur drei Begleiter: einen
Diener, einen Khawaſſen des Muteſſarif von Moſſul und
einen Kurden, welcher noch heute Amadijah wieder ver-
laſſen wird.“
„So ſeid ihr mir willkommen! Seht euch mein Haus
und meinen Garten an, und wenn es euch bei mir ge-
fällt, ſo wird mein Auge über euch wachen und leuchten!“
Sie wiſchte ſich die „Wachenden“ und „Leuchtenden“
abermals aus und ſammelte dann die Zwiebeln vom
Boden auf, um uns den Weg zu ebnen. Der tapfere
Agha der Arnauten ſchien mit dieſem Ausgange ſehr zu-
frieden zu ſein. Er brachte uns zunächſt nach einer Stube,
welche ihm als Wohnung diente. Sie war ſehr geräumig
und hatte als einziges Möbel einen alten Teppich, der
als Sofa, Bett, Stuhl und Tiſch gebraucht wurde. An
den Wänden hingen einige Waffen und Tabakspfeifen,
und auf dem Boden ſtand eine Flaſche, in deren Nähe
einige hohle Eierſchalen zu ſehen waren.
„Ich heiße euch willkommen, ihr Herren,“ meinte er.
„Laßt uns den Trunk der Freundſchaft thun!“
Er bückte ſich, um die Flaſche nebſt den Schalen auf-
zuheben, und gab von den letzteren einem jeden von
uns eine in die Hand. Dann ſchenkte er ein. Es war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/178>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.