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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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und ihm sagen, daß die Berwari-Kurden sich erheben
werden. Dabei mußt du vorübergehend erwähnen, daß
du durch das Gebiet der Dschesidi reiten und mit Ali
Bey, ihrem Feldherrn, reden wirst."

"Herr, das ist zuviel gesagt und auch zuviel gewagt!"

"Thue es dennoch; ich rate es dir und habe meinen
Grund dazu. Er hält die Gefangenen wohl meist des-
halb so fest, weil er euch Geld abpressen will, welches er
sehr nötig brauchte; jetzt aber fällt dieser Grund fort,
weil wir ihm ein bedeutendes Geschenk an Piastern ge-
macht haben."

"So werde ich zu ihm gehen!"

"Und zwar jetzt gleich. Dann aber kommst du wieder
zu mir, damit ich dir meine Botschaft an den Bey sagen
kann!"

"Ich schrieb auf ein Blatt meines Notizbuches fol-
gende Worte in türkischer Sprache: "Erlaube mir, dir
das Anliegen dieses Kurden an das Herz zu legen, und
vermeide es, den Mutessarif zu erzürnen!" Nachdem ich
meinen Namen hinzugefügt hatte, übergab ich Dohub diese
Zeilen, mit denen er sich eilig entfernte.

Ich hatte die Kühnheit, mich als einflußreiche Per-
sönlichkeit zu fühlen; ich handelte abenteuerlich, das ist
wahr; aber der Zufall hatte mich nun einmal, sozusagen,
an eine Kletterstange gestellt und mich bis über die Hälfte
derselben emporgeschoben; sollte ich wieder herabrutschen
und den Preis aufgeben, da es doch nur einer Motion
bedurfte, um vollends empor zu kommen?

Da kam Halef zurück und brachte eine solche Ladung
kalter Speisen und Früchte, als habe er uns für eine
Woche zu verproviantieren.

"Sehr reichlich, Hadschi Halef Omar!" sagte ich.

"Allah akbar; Allah ist groß, Sihdi, aber mein

und ihm ſagen, daß die Berwari-Kurden ſich erheben
werden. Dabei mußt du vorübergehend erwähnen, daß
du durch das Gebiet der Dſcheſidi reiten und mit Ali
Bey, ihrem Feldherrn, reden wirſt.“

„Herr, das iſt zuviel geſagt und auch zuviel gewagt!“

„Thue es dennoch; ich rate es dir und habe meinen
Grund dazu. Er hält die Gefangenen wohl meiſt des-
halb ſo feſt, weil er euch Geld abpreſſen will, welches er
ſehr nötig brauchte; jetzt aber fällt dieſer Grund fort,
weil wir ihm ein bedeutendes Geſchenk an Piaſtern ge-
macht haben.“

„So werde ich zu ihm gehen!“

„Und zwar jetzt gleich. Dann aber kommſt du wieder
zu mir, damit ich dir meine Botſchaft an den Bey ſagen
kann!“

„Ich ſchrieb auf ein Blatt meines Notizbuches fol-
gende Worte in türkiſcher Sprache: „Erlaube mir, dir
das Anliegen dieſes Kurden an das Herz zu legen, und
vermeide es, den Muteſſarif zu erzürnen!“ Nachdem ich
meinen Namen hinzugefügt hatte, übergab ich Dohub dieſe
Zeilen, mit denen er ſich eilig entfernte.

Ich hatte die Kühnheit, mich als einflußreiche Per-
ſönlichkeit zu fühlen; ich handelte abenteuerlich, das iſt
wahr; aber der Zufall hatte mich nun einmal, ſozuſagen,
an eine Kletterſtange geſtellt und mich bis über die Hälfte
derſelben emporgeſchoben; ſollte ich wieder herabrutſchen
und den Preis aufgeben, da es doch nur einer Motion
bedurfte, um vollends empor zu kommen?

Da kam Halef zurück und brachte eine ſolche Ladung
kalter Speiſen und Früchte, als habe er uns für eine
Woche zu verproviantieren.

„Sehr reichlich, Hadſchi Halef Omar!“ ſagte ich.

„Allah akbar; Allah iſt groß, Sihdi, aber mein

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[203/0217] und ihm ſagen, daß die Berwari-Kurden ſich erheben werden. Dabei mußt du vorübergehend erwähnen, daß du durch das Gebiet der Dſcheſidi reiten und mit Ali Bey, ihrem Feldherrn, reden wirſt.“ „Herr, das iſt zuviel geſagt und auch zuviel gewagt!“ „Thue es dennoch; ich rate es dir und habe meinen Grund dazu. Er hält die Gefangenen wohl meiſt des- halb ſo feſt, weil er euch Geld abpreſſen will, welches er ſehr nötig brauchte; jetzt aber fällt dieſer Grund fort, weil wir ihm ein bedeutendes Geſchenk an Piaſtern ge- macht haben.“ „So werde ich zu ihm gehen!“ „Und zwar jetzt gleich. Dann aber kommſt du wieder zu mir, damit ich dir meine Botſchaft an den Bey ſagen kann!“ „Ich ſchrieb auf ein Blatt meines Notizbuches fol- gende Worte in türkiſcher Sprache: „Erlaube mir, dir das Anliegen dieſes Kurden an das Herz zu legen, und vermeide es, den Muteſſarif zu erzürnen!“ Nachdem ich meinen Namen hinzugefügt hatte, übergab ich Dohub dieſe Zeilen, mit denen er ſich eilig entfernte. Ich hatte die Kühnheit, mich als einflußreiche Per- ſönlichkeit zu fühlen; ich handelte abenteuerlich, das iſt wahr; aber der Zufall hatte mich nun einmal, ſozuſagen, an eine Kletterſtange geſtellt und mich bis über die Hälfte derſelben emporgeſchoben; ſollte ich wieder herabrutſchen und den Preis aufgeben, da es doch nur einer Motion bedurfte, um vollends empor zu kommen? Da kam Halef zurück und brachte eine ſolche Ladung kalter Speiſen und Früchte, als habe er uns für eine Woche zu verproviantieren. „Sehr reichlich, Hadſchi Halef Omar!“ ſagte ich. „Allah akbar; Allah iſt groß, Sihdi, aber mein

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/217>, abgerufen am 22.12.2024.