"Das ist zu gefährlich, Emir! Sie werden dich hören."
"Ich glaube dies nicht. Sie haben während der letzten Nacht nicht geschlafen und werden infolgedessen müde sein. Sodann gab ich ihnen ein Bakschisch, das sie sicher nach und nach in Raki anlegen, und dieser wird ihre Schläfrig- keit befördern. Uebrigens habe ich genau aufgepaßt und da bemerkt, daß das Schloß der Hausthüre sich lautlos öffnen läßt. Wenn ich einigermaßen vorsichtig bin, wird es gelingen."
"Aber, wenn man dich erwischt?"
"So habe ich doch keine Sorge. Den Wächtern gegen- über giebt es eine Ausrede, und träfen sie mich mit dem Gefangenen, nun, dann müßte eben gehandelt werden, und zwar schnell."
"Wohin wirst du Amad bringen?"
"Er wird sofort die Stadt verlassen."
"Mit wem?"
"Mit Halef. Ich reite jetzt mit diesem aus, um in der Umgebung der Stadt einen Ort zu suchen, welcher ein Versteck bietet. Halef wird sich den Weg merken und deinen Sohn hinführen."
"Aber die Wachen am Thore?"
"Sie werden die beiden nicht zu sehen bekommen. Ich kenne eine Stelle, an welcher man über die Mauer kommen kann."
"Wir sollten gleich selbst mitgehen!"
"Wir bleiben noch wenigstens einen Tag, damit kein Verdacht auf uns fällt."
"Aber Amad wird sich unterdessen in großer Gefahr befinden, denn man wird ihn in der ganzen Umgegend suchen."
"Auch dafür ist gesorgt. Unsern des einen Thores bildet der Felsen von Amadijah einen Abgrund, in den
„Das iſt zu gefährlich, Emir! Sie werden dich hören.“
„Ich glaube dies nicht. Sie haben während der letzten Nacht nicht geſchlafen und werden infolgedeſſen müde ſein. Sodann gab ich ihnen ein Bakſchiſch, das ſie ſicher nach und nach in Raki anlegen, und dieſer wird ihre Schläfrig- keit befördern. Uebrigens habe ich genau aufgepaßt und da bemerkt, daß das Schloß der Hausthüre ſich lautlos öffnen läßt. Wenn ich einigermaßen vorſichtig bin, wird es gelingen.“
„Aber, wenn man dich erwiſcht?“
„So habe ich doch keine Sorge. Den Wächtern gegen- über giebt es eine Ausrede, und träfen ſie mich mit dem Gefangenen, nun, dann müßte eben gehandelt werden, und zwar ſchnell.“
„Wohin wirſt du Amad bringen?“
„Er wird ſofort die Stadt verlaſſen.“
„Mit wem?“
„Mit Halef. Ich reite jetzt mit dieſem aus, um in der Umgebung der Stadt einen Ort zu ſuchen, welcher ein Verſteck bietet. Halef wird ſich den Weg merken und deinen Sohn hinführen.“
„Aber die Wachen am Thore?“
„Sie werden die beiden nicht zu ſehen bekommen. Ich kenne eine Stelle, an welcher man über die Mauer kommen kann.“
„Wir ſollten gleich ſelbſt mitgehen!“
„Wir bleiben noch wenigſtens einen Tag, damit kein Verdacht auf uns fällt.“
„Aber Amad wird ſich unterdeſſen in großer Gefahr befinden, denn man wird ihn in der ganzen Umgegend ſuchen.“
„Auch dafür iſt geſorgt. Unſern des einen Thores bildet der Felſen von Amadijah einen Abgrund, in den
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0277"n="263"/><p>„Das iſt zu gefährlich, Emir! Sie werden dich hören.“</p><lb/><p>„Ich glaube dies nicht. Sie haben während der letzten<lb/>
Nacht nicht geſchlafen und werden infolgedeſſen müde ſein.<lb/>
Sodann gab ich ihnen ein Bakſchiſch, das ſie ſicher nach<lb/>
und nach in Raki anlegen, und dieſer wird ihre Schläfrig-<lb/>
keit befördern. Uebrigens habe ich genau aufgepaßt und<lb/>
da bemerkt, daß das Schloß der Hausthüre ſich lautlos<lb/>
öffnen läßt. Wenn ich einigermaßen vorſichtig bin, wird<lb/>
es gelingen.“</p><lb/><p>„Aber, wenn man dich erwiſcht?“</p><lb/><p>„So habe ich doch keine Sorge. Den Wächtern gegen-<lb/>
über giebt es eine Ausrede, und träfen ſie mich mit dem<lb/>
Gefangenen, nun, dann müßte eben gehandelt werden,<lb/>
und zwar ſchnell.“</p><lb/><p>„Wohin wirſt du Amad bringen?“</p><lb/><p>„Er wird ſofort die Stadt verlaſſen.“</p><lb/><p>„Mit wem?“</p><lb/><p>„Mit Halef. Ich reite jetzt mit dieſem aus, um in<lb/>
der Umgebung der Stadt einen Ort zu ſuchen, welcher<lb/>
ein Verſteck bietet. Halef wird ſich den Weg merken und<lb/>
deinen Sohn hinführen.“</p><lb/><p>„Aber die Wachen am Thore?“</p><lb/><p>„Sie werden die beiden nicht zu ſehen bekommen.<lb/>
Ich kenne eine Stelle, an welcher man über die Mauer<lb/>
kommen kann.“</p><lb/><p>„Wir ſollten gleich ſelbſt mitgehen!“</p><lb/><p>„Wir bleiben noch wenigſtens einen Tag, damit kein<lb/>
Verdacht auf uns fällt.“</p><lb/><p>„Aber Amad wird ſich unterdeſſen in großer Gefahr<lb/>
befinden, denn man wird ihn in der ganzen Umgegend<lb/>ſuchen.“</p><lb/><p>„Auch dafür iſt geſorgt. Unſern des einen Thores<lb/>
bildet der Felſen von Amadijah einen Abgrund, in den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[263/0277]
„Das iſt zu gefährlich, Emir! Sie werden dich hören.“
„Ich glaube dies nicht. Sie haben während der letzten
Nacht nicht geſchlafen und werden infolgedeſſen müde ſein.
Sodann gab ich ihnen ein Bakſchiſch, das ſie ſicher nach
und nach in Raki anlegen, und dieſer wird ihre Schläfrig-
keit befördern. Uebrigens habe ich genau aufgepaßt und
da bemerkt, daß das Schloß der Hausthüre ſich lautlos
öffnen läßt. Wenn ich einigermaßen vorſichtig bin, wird
es gelingen.“
„Aber, wenn man dich erwiſcht?“
„So habe ich doch keine Sorge. Den Wächtern gegen-
über giebt es eine Ausrede, und träfen ſie mich mit dem
Gefangenen, nun, dann müßte eben gehandelt werden,
und zwar ſchnell.“
„Wohin wirſt du Amad bringen?“
„Er wird ſofort die Stadt verlaſſen.“
„Mit wem?“
„Mit Halef. Ich reite jetzt mit dieſem aus, um in
der Umgebung der Stadt einen Ort zu ſuchen, welcher
ein Verſteck bietet. Halef wird ſich den Weg merken und
deinen Sohn hinführen.“
„Aber die Wachen am Thore?“
„Sie werden die beiden nicht zu ſehen bekommen.
Ich kenne eine Stelle, an welcher man über die Mauer
kommen kann.“
„Wir ſollten gleich ſelbſt mitgehen!“
„Wir bleiben noch wenigſtens einen Tag, damit kein
Verdacht auf uns fällt.“
„Aber Amad wird ſich unterdeſſen in großer Gefahr
befinden, denn man wird ihn in der ganzen Umgegend
ſuchen.“
„Auch dafür iſt geſorgt. Unſern des einen Thores
bildet der Felſen von Amadijah einen Abgrund, in den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/277>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.