zu bemerken. Dieser langte hastig zu, um die Summe an sich zu nehmen.
"Halt!" wehrte ihm der Kommandant. "Ich werde dieses Geld einstweilen aufbewahren."
Er schob es zusammen und steckte es ein.
"Jetzt endlich bin ich frei!" sagte der Makredsch.
Der Kommandant schüttelte in höchster Verwun- derung den Kopf.
"Frei! Hast du denn bezahlt?"
"Sind dir deine Sinne abhanden gekommen? Du hast ja das Geld eingesteckt!"
"Das meinige und das dieses Selim Agha. Aber dieser Emir hat noch nichts erhalten!"
"Er hat ja gar nichts zu bekommen!"
"Wer sagt dir das? Er ist ja hier, und muß also auch bezahlt werden!"
"Aber er hat ja über mich nicht das mindeste zu gebieten!"
"Hat er dich nicht gefangen nehmen lassen? Du hast das Fieber, Makredsch, sonst würdest du erkennen, daß er eigentlich noch mehr zu bekommen hat, als wir beiden anderen zusammen."
"Er hat nichts zu erhalten!" rief der Gepeinigte nun förmlich wütend. "Er bekommt nichts, denn ich habe nichts mehr, und ich würde ihm keinen Piaster und keinen Para geben, selbst wenn ich Millionen bei mir trüge!"
"Du hast noch Geld!"
"Vierzig Piaster, wie ich dir schon sagte!"
"Oh Makredsch, wie dauerst du mich! Glaubst du, daß ich den Klang des Goldes von dem des Silbers nicht unterscheiden kann! Dein Beutel ist noch voll goldener Medschidje zu hundert und fünfzig Piaster, und sein Bauch ist so umfangreich, daß du mehr zusammenbringst,
zu bemerken. Dieſer langte haſtig zu, um die Summe an ſich zu nehmen.
„Halt!“ wehrte ihm der Kommandant. „Ich werde dieſes Geld einſtweilen aufbewahren.“
Er ſchob es zuſammen und ſteckte es ein.
„Jetzt endlich bin ich frei!“ ſagte der Makredſch.
Der Kommandant ſchüttelte in höchſter Verwun- derung den Kopf.
„Frei! Haſt du denn bezahlt?“
„Sind dir deine Sinne abhanden gekommen? Du haſt ja das Geld eingeſteckt!“
„Das meinige und das dieſes Selim Agha. Aber dieſer Emir hat noch nichts erhalten!“
„Er hat ja gar nichts zu bekommen!“
„Wer ſagt dir das? Er iſt ja hier, und muß alſo auch bezahlt werden!“
„Aber er hat ja über mich nicht das mindeſte zu gebieten!“
„Hat er dich nicht gefangen nehmen laſſen? Du haſt das Fieber, Makredſch, ſonſt würdeſt du erkennen, daß er eigentlich noch mehr zu bekommen hat, als wir beiden anderen zuſammen.“
„Er hat nichts zu erhalten!“ rief der Gepeinigte nun förmlich wütend. „Er bekommt nichts, denn ich habe nichts mehr, und ich würde ihm keinen Piaſter und keinen Para geben, ſelbſt wenn ich Millionen bei mir trüge!“
„Du haſt noch Geld!“
„Vierzig Piaſter, wie ich dir ſchon ſagte!“
„Oh Makredſch, wie dauerſt du mich! Glaubſt du, daß ich den Klang des Goldes von dem des Silbers nicht unterſcheiden kann! Dein Beutel iſt noch voll goldener Medſchidje zu hundert und fünfzig Piaſter, und ſein Bauch iſt ſo umfangreich, daß du mehr zuſammenbringſt,
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zu bemerken. Dieſer langte haſtig zu, um die Summe an
ſich zu nehmen.
„Halt!“ wehrte ihm der Kommandant. „Ich werde
dieſes Geld einſtweilen aufbewahren.“
Er ſchob es zuſammen und ſteckte es ein.
„Jetzt endlich bin ich frei!“ ſagte der Makredſch.
Der Kommandant ſchüttelte in höchſter Verwun-
derung den Kopf.
„Frei! Haſt du denn bezahlt?“
„Sind dir deine Sinne abhanden gekommen? Du
haſt ja das Geld eingeſteckt!“
„Das meinige und das dieſes Selim Agha. Aber
dieſer Emir hat noch nichts erhalten!“
„Er hat ja gar nichts zu bekommen!“
„Wer ſagt dir das? Er iſt ja hier, und muß alſo
auch bezahlt werden!“
„Aber er hat ja über mich nicht das mindeſte zu
gebieten!“
„Hat er dich nicht gefangen nehmen laſſen? Du haſt
das Fieber, Makredſch, ſonſt würdeſt du erkennen, daß
er eigentlich noch mehr zu bekommen hat, als wir beiden
anderen zuſammen.“
„Er hat nichts zu erhalten!“ rief der Gepeinigte nun
förmlich wütend. „Er bekommt nichts, denn ich habe
nichts mehr, und ich würde ihm keinen Piaſter und keinen
Para geben, ſelbſt wenn ich Millionen bei mir trüge!“
„Du haſt noch Geld!“
„Vierzig Piaſter, wie ich dir ſchon ſagte!“
„Oh Makredſch, wie dauerſt du mich! Glaubſt du, daß
ich den Klang des Goldes von dem des Silbers nicht
unterſcheiden kann! Dein Beutel iſt noch voll goldener
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/332>, abgerufen am 23.12.2024.
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