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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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allein vorwärts. Wie vorher gelangte ich auch diesmal
ohne Hindernis zu dem Baume, unter dem ich bereits
gelegen hatte. Die Türken lagen in einzelnen Gruppen
beisammen und plauderten. Ich hatte gehofft, daß sie
schliefen. Die militärische Wachsamkeit und die Erwartung
des bevorstehenden Kampfes ließen sie jedoch nicht schlafen.
Ich zählte mit den Unteroffizieren und den beiden Offi-
zieren vierunddreißig Mann und kehrte zu den Meinen
zurück.

"Hadschi Halef und Selek, geht und holt eure Pferde!
Ihr reitet einen Bogen und kommt an der andern Seite
des Wäldchens vorüber. Man wird euch anhalten. Ihr
sagt, daß ihr euch verirrt habt und zu dem Feste nach
Scheik Adi kommen wollt. Ihr werdet so die Aufmerk-
samkeit der Osmanly von uns ab- und auf euch lenken.
Das übrige ist unsere Sache. Geht!"

Die übrigen ließ ich zwei lange, hintereinander-
stehende Reihen bilden, die den Zweck hatten, das Ge-
hölz von drei Seiten zu umfassen. Ich gab ihnen die
nötige Anweisung, worauf wir uns zu Boden legten und
vorwärts krochen.

Natürlich kam ich am schnellsten voran. Ich hatte
meinen Baum wohl bereits seit zwei Minuten erreicht,
als laute Hufschläge erschallten. Das Feuer brannte noch
immer; darum war es mir möglich, die ganze Scene
leidlich zu überblicken. Die beiden Offiziere hatten wahr-
scheinlich während der ganzen Zeit meiner Abwesenheit
geraucht und Kaffee getrunken.

"Scheik Adi ist ein böses Nest!" hörte ich den Haupt-
mann sagen.

"Ganz bös!" antwortete der Lieutenant.

"Die Leute beten dort den Teufel an!"

"Den Teufel; Allah zerhacke und zerquetsche sie!"

allein vorwärts. Wie vorher gelangte ich auch diesmal
ohne Hindernis zu dem Baume, unter dem ich bereits
gelegen hatte. Die Türken lagen in einzelnen Gruppen
beiſammen und plauderten. Ich hatte gehofft, daß ſie
ſchliefen. Die militäriſche Wachſamkeit und die Erwartung
des bevorſtehenden Kampfes ließen ſie jedoch nicht ſchlafen.
Ich zählte mit den Unteroffizieren und den beiden Offi-
zieren vierunddreißig Mann und kehrte zu den Meinen
zurück.

„Hadſchi Halef und Selek, geht und holt eure Pferde!
Ihr reitet einen Bogen und kommt an der andern Seite
des Wäldchens vorüber. Man wird euch anhalten. Ihr
ſagt, daß ihr euch verirrt habt und zu dem Feſte nach
Scheik Adi kommen wollt. Ihr werdet ſo die Aufmerk-
ſamkeit der Osmanly von uns ab- und auf euch lenken.
Das übrige iſt unſere Sache. Geht!“

Die übrigen ließ ich zwei lange, hintereinander-
ſtehende Reihen bilden, die den Zweck hatten, das Ge-
hölz von drei Seiten zu umfaſſen. Ich gab ihnen die
nötige Anweiſung, worauf wir uns zu Boden legten und
vorwärts krochen.

Natürlich kam ich am ſchnellſten voran. Ich hatte
meinen Baum wohl bereits ſeit zwei Minuten erreicht,
als laute Hufſchläge erſchallten. Das Feuer brannte noch
immer; darum war es mir möglich, die ganze Scene
leidlich zu überblicken. Die beiden Offiziere hatten wahr-
ſcheinlich während der ganzen Zeit meiner Abweſenheit
geraucht und Kaffee getrunken.

„Scheik Adi iſt ein böſes Neſt!“ hörte ich den Haupt-
mann ſagen.

„Ganz bös!“ antwortete der Lieutenant.

„Die Leute beten dort den Teufel an!“

„Den Teufel; Allah zerhacke und zerquetſche ſie!“

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[27/0041] allein vorwärts. Wie vorher gelangte ich auch diesmal ohne Hindernis zu dem Baume, unter dem ich bereits gelegen hatte. Die Türken lagen in einzelnen Gruppen beiſammen und plauderten. Ich hatte gehofft, daß ſie ſchliefen. Die militäriſche Wachſamkeit und die Erwartung des bevorſtehenden Kampfes ließen ſie jedoch nicht ſchlafen. Ich zählte mit den Unteroffizieren und den beiden Offi- zieren vierunddreißig Mann und kehrte zu den Meinen zurück. „Hadſchi Halef und Selek, geht und holt eure Pferde! Ihr reitet einen Bogen und kommt an der andern Seite des Wäldchens vorüber. Man wird euch anhalten. Ihr ſagt, daß ihr euch verirrt habt und zu dem Feſte nach Scheik Adi kommen wollt. Ihr werdet ſo die Aufmerk- ſamkeit der Osmanly von uns ab- und auf euch lenken. Das übrige iſt unſere Sache. Geht!“ Die übrigen ließ ich zwei lange, hintereinander- ſtehende Reihen bilden, die den Zweck hatten, das Ge- hölz von drei Seiten zu umfaſſen. Ich gab ihnen die nötige Anweiſung, worauf wir uns zu Boden legten und vorwärts krochen. Natürlich kam ich am ſchnellſten voran. Ich hatte meinen Baum wohl bereits ſeit zwei Minuten erreicht, als laute Hufſchläge erſchallten. Das Feuer brannte noch immer; darum war es mir möglich, die ganze Scene leidlich zu überblicken. Die beiden Offiziere hatten wahr- ſcheinlich während der ganzen Zeit meiner Abweſenheit geraucht und Kaffee getrunken. „Scheik Adi iſt ein böſes Neſt!“ hörte ich den Haupt- mann ſagen. „Ganz bös!“ antwortete der Lieutenant. „Die Leute beten dort den Teufel an!“ „Den Teufel; Allah zerhacke und zerquetſche ſie!“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/41>, abgerufen am 29.04.2024.