Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

"Schafft ihn fort!" sagte ich.

"Wir haben dir zuvor eine Botschaft von dem Ne-
zanum auszurichten."

"Was läßt er uns sagen?"

"Er sendet dir seinen Dank dafür, daß du ihm den
Sohn geschickt hast, der doch in deinen Händen war."

"Ist dies alles?"

"Sodann fordert er von euch die Pferde, die Waffen
und alles Geld, das ihr bei euch habt. Dann sollt ihr
in Frieden ziehen dürfen. Eure Kleider hat er nicht ver-
langt, weil du barmherzig gegen seinen Sohn gewesen bist."

"Sagt ihm, daß er nichts bekommen wird."

"Du wirst es dir anders überlegen, Chodih! Aber
wir haben dir auch noch eine andere Botschaft zu bringen."

"Von wem?"

"Von dem Sohne dieses Toten."

"Was läßt er mir sagen?"

"Du sollst ihm dein Leben geben."

"Ich will es ihm geben."

"Herr, ist dies wahr?" fragte der Mann erstaunt.

"Ja. Sage ihm, er soll zu mir kommen und es sich
mitnehmen!"

"Herr, du scherzest in einer ernsten Sache. Wir haben
den Auftrag, dein Leben oder den Blutpreis zu fordern."

"Wie viel verlangt er?"

"Vier solche Gewehre, wie du hast, mit denen man
immerfort schießen kann, und fünf solche kleine Pistolen,
aus der du sechs Schüsse thatest. Sodann drei Pferde
und zwei Maultiere."

"Ich habe diese Sachen nicht!"

"So schickst du nach ihnen und bleibst so lange hier,
bis sie kommen."

"Ich gebe nichts!"

„Schafft ihn fort!“ ſagte ich.

„Wir haben dir zuvor eine Botſchaft von dem Ne-
zanum auszurichten.“

„Was läßt er uns ſagen?“

„Er ſendet dir ſeinen Dank dafür, daß du ihm den
Sohn geſchickt haſt, der doch in deinen Händen war.“

„Iſt dies alles?“

„Sodann fordert er von euch die Pferde, die Waffen
und alles Geld, das ihr bei euch habt. Dann ſollt ihr
in Frieden ziehen dürfen. Eure Kleider hat er nicht ver-
langt, weil du barmherzig gegen ſeinen Sohn geweſen biſt.“

„Sagt ihm, daß er nichts bekommen wird.“

„Du wirſt es dir anders überlegen, Chodih! Aber
wir haben dir auch noch eine andere Botſchaft zu bringen.“

„Von wem?“

„Von dem Sohne dieſes Toten.“

„Was läßt er mir ſagen?“

„Du ſollſt ihm dein Leben geben.“

„Ich will es ihm geben.“

„Herr, iſt dies wahr?“ fragte der Mann erſtaunt.

„Ja. Sage ihm, er ſoll zu mir kommen und es ſich
mitnehmen!“

„Herr, du ſcherzeſt in einer ernſten Sache. Wir haben
den Auftrag, dein Leben oder den Blutpreis zu fordern.“

„Wie viel verlangt er?“

„Vier ſolche Gewehre, wie du haſt, mit denen man
immerfort ſchießen kann, und fünf ſolche kleine Piſtolen,
aus der du ſechs Schüſſe thateſt. Sodann drei Pferde
und zwei Maultiere.“

„Ich habe dieſe Sachen nicht!“

„So ſchickſt du nach ihnen und bleibſt ſo lange hier,
bis ſie kommen.“

„Ich gebe nichts!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0420" n="406"/>
        <p>&#x201E;Schafft ihn fort!&#x201C; &#x017F;agte ich.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir haben dir zuvor eine Bot&#x017F;chaft von dem Ne-<lb/>
zanum auszurichten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was läßt er uns &#x017F;agen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er &#x017F;endet dir &#x017F;einen Dank dafür, daß du ihm den<lb/>
Sohn ge&#x017F;chickt ha&#x017F;t, der doch in deinen Händen war.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;I&#x017F;t dies alles?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sodann fordert er von euch die Pferde, die Waffen<lb/>
und alles Geld, das ihr bei euch habt. Dann &#x017F;ollt ihr<lb/>
in Frieden ziehen dürfen. Eure Kleider hat er nicht ver-<lb/>
langt, weil du barmherzig gegen &#x017F;einen Sohn gewe&#x017F;en bi&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sagt ihm, daß er nichts bekommen wird.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du wir&#x017F;t es dir anders überlegen, Chodih! Aber<lb/>
wir haben dir auch noch eine andere Bot&#x017F;chaft zu bringen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Von wem?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Von dem Sohne die&#x017F;es Toten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was läßt er mir &#x017F;agen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du &#x017F;oll&#x017F;t ihm dein Leben geben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich will es ihm geben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr, i&#x017F;t dies wahr?&#x201C; fragte der Mann er&#x017F;taunt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja. Sage ihm, er &#x017F;oll zu mir kommen und es &#x017F;ich<lb/>
mitnehmen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr, du &#x017F;cherze&#x017F;t in einer ern&#x017F;ten Sache. Wir haben<lb/>
den Auftrag, dein Leben oder den Blutpreis zu fordern.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie viel verlangt er?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Vier &#x017F;olche Gewehre, wie du ha&#x017F;t, mit denen man<lb/>
immerfort &#x017F;chießen kann, und fünf &#x017F;olche kleine Pi&#x017F;tolen,<lb/>
aus der du &#x017F;echs Schü&#x017F;&#x017F;e thate&#x017F;t. Sodann drei Pferde<lb/>
und zwei Maultiere.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich habe die&#x017F;e Sachen nicht!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So &#x017F;chick&#x017F;t du nach ihnen und bleib&#x017F;t &#x017F;o lange hier,<lb/>
bis &#x017F;ie kommen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich gebe nichts!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0420] „Schafft ihn fort!“ ſagte ich. „Wir haben dir zuvor eine Botſchaft von dem Ne- zanum auszurichten.“ „Was läßt er uns ſagen?“ „Er ſendet dir ſeinen Dank dafür, daß du ihm den Sohn geſchickt haſt, der doch in deinen Händen war.“ „Iſt dies alles?“ „Sodann fordert er von euch die Pferde, die Waffen und alles Geld, das ihr bei euch habt. Dann ſollt ihr in Frieden ziehen dürfen. Eure Kleider hat er nicht ver- langt, weil du barmherzig gegen ſeinen Sohn geweſen biſt.“ „Sagt ihm, daß er nichts bekommen wird.“ „Du wirſt es dir anders überlegen, Chodih! Aber wir haben dir auch noch eine andere Botſchaft zu bringen.“ „Von wem?“ „Von dem Sohne dieſes Toten.“ „Was läßt er mir ſagen?“ „Du ſollſt ihm dein Leben geben.“ „Ich will es ihm geben.“ „Herr, iſt dies wahr?“ fragte der Mann erſtaunt. „Ja. Sage ihm, er ſoll zu mir kommen und es ſich mitnehmen!“ „Herr, du ſcherzeſt in einer ernſten Sache. Wir haben den Auftrag, dein Leben oder den Blutpreis zu fordern.“ „Wie viel verlangt er?“ „Vier ſolche Gewehre, wie du haſt, mit denen man immerfort ſchießen kann, und fünf ſolche kleine Piſtolen, aus der du ſechs Schüſſe thateſt. Sodann drei Pferde und zwei Maultiere.“ „Ich habe dieſe Sachen nicht!“ „So ſchickſt du nach ihnen und bleibſt ſo lange hier, bis ſie kommen.“ „Ich gebe nichts!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/420
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/420>, abgerufen am 23.12.2024.