Krieges treiben. Sie kannten den Gebrauch der Waffen nicht, und einige unbewachte Andeutungen unsers Wirtes brachten mich zu der Ueberzeugung, daß von zehn ihrer Luntenflinten kaum fünf losgegangen wären.
"Nun aber werdet ihr ermüdet sein," meinte er, als auch der Kaffee eingenommen war. "Erlaubt, daß ich euch ein Zimmer anweise, welches das eurige sein soll!"
Er erhob sich und öffnete eine Thüre. Scheinbar aus Höflichkeit stellte er sich zur Seite, um uns zuerst ein- treten zu lassen; kaum aber hatten wir die Schwelle über- schritten, so warf er die Thüre zu und schob den Riegel vor.
"Ah! Was ist das?" fragte Lindsay.
"Heimtücke. Was weiter!"
"Habt Euch übertölpeln lassen!"
"Nein. Ich ahnte so etwas."
"Warum tratet Ihr ein, wenn Ihr es ahntet?"
"Weil ich mich ausruhen wollte. Mir thun die Glieder noch weh von dem Sturze."
"Das konnten wir wo anders thun und nicht hier als Gefangene!"
"Wir sind nicht gefangen. Seht Euch diese Thüre an, die ich mir bereits während der Unterhaltung betrachtet habe. Einige Fußtritte oder ein guter Kolbenstoß reichen hin, sie zu zertrümmern."
"Wollen das sofort thun!"
"Wir befinden uns in keiner Gefahr."
"Wollt Ihr warten, bis noch mehr Leute kommen? Jetzt fällt es uns nicht schwer, aufzusitzen und fortzureiten."
"Mich reizt dieses Abenteuer. Wir haben jetzt die beste Gelegenheit, die Verhältnisse dieser christlichen Sek- tierer kennen zu lernen."
"Bin nicht sehr neugierig darauf; die Freiheit ist mir lieber!"
Krieges treiben. Sie kannten den Gebrauch der Waffen nicht, und einige unbewachte Andeutungen unſers Wirtes brachten mich zu der Ueberzeugung, daß von zehn ihrer Luntenflinten kaum fünf losgegangen wären.
„Nun aber werdet ihr ermüdet ſein,“ meinte er, als auch der Kaffee eingenommen war. „Erlaubt, daß ich euch ein Zimmer anweiſe, welches das eurige ſein ſoll!“
Er erhob ſich und öffnete eine Thüre. Scheinbar aus Höflichkeit ſtellte er ſich zur Seite, um uns zuerſt ein- treten zu laſſen; kaum aber hatten wir die Schwelle über- ſchritten, ſo warf er die Thüre zu und ſchob den Riegel vor.
„Ah! Was iſt das?“ fragte Lindſay.
„Heimtücke. Was weiter!“
„Habt Euch übertölpeln laſſen!“
„Nein. Ich ahnte ſo etwas.“
„Warum tratet Ihr ein, wenn Ihr es ahntet?“
„Weil ich mich ausruhen wollte. Mir thun die Glieder noch weh von dem Sturze.“
„Das konnten wir wo anders thun und nicht hier als Gefangene!“
„Wir ſind nicht gefangen. Seht Euch dieſe Thüre an, die ich mir bereits während der Unterhaltung betrachtet habe. Einige Fußtritte oder ein guter Kolbenſtoß reichen hin, ſie zu zertrümmern.“
„Wollen das ſofort thun!“
„Wir befinden uns in keiner Gefahr.“
„Wollt Ihr warten, bis noch mehr Leute kommen? Jetzt fällt es uns nicht ſchwer, aufzuſitzen und fortzureiten.“
„Mich reizt dieſes Abenteuer. Wir haben jetzt die beſte Gelegenheit, die Verhältniſſe dieſer chriſtlichen Sek- tierer kennen zu lernen.“
„Bin nicht ſehr neugierig darauf; die Freiheit iſt mir lieber!“
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Krieges treiben. Sie kannten den Gebrauch der Waffen
nicht, und einige unbewachte Andeutungen unſers Wirtes
brachten mich zu der Ueberzeugung, daß von zehn ihrer
Luntenflinten kaum fünf losgegangen wären.
„Nun aber werdet ihr ermüdet ſein,“ meinte er, als
auch der Kaffee eingenommen war. „Erlaubt, daß ich
euch ein Zimmer anweiſe, welches das eurige ſein ſoll!“
Er erhob ſich und öffnete eine Thüre. Scheinbar aus
Höflichkeit ſtellte er ſich zur Seite, um uns zuerſt ein-
treten zu laſſen; kaum aber hatten wir die Schwelle über-
ſchritten, ſo warf er die Thüre zu und ſchob den Riegel vor.
„Ah! Was iſt das?“ fragte Lindſay.
„Heimtücke. Was weiter!“
„Habt Euch übertölpeln laſſen!“
„Nein. Ich ahnte ſo etwas.“
„Warum tratet Ihr ein, wenn Ihr es ahntet?“
„Weil ich mich ausruhen wollte. Mir thun die Glieder
noch weh von dem Sturze.“
„Das konnten wir wo anders thun und nicht hier
als Gefangene!“
„Wir ſind nicht gefangen. Seht Euch dieſe Thüre an,
die ich mir bereits während der Unterhaltung betrachtet
habe. Einige Fußtritte oder ein guter Kolbenſtoß reichen
hin, ſie zu zertrümmern.“
„Wollen das ſofort thun!“
„Wir befinden uns in keiner Gefahr.“
„Wollt Ihr warten, bis noch mehr Leute kommen?
Jetzt fällt es uns nicht ſchwer, aufzuſitzen und fortzureiten.“
„Mich reizt dieſes Abenteuer. Wir haben jetzt die
beſte Gelegenheit, die Verhältniſſe dieſer chriſtlichen Sek-
tierer kennen zu lernen.“
„Bin nicht ſehr neugierig darauf; die Freiheit iſt
mir lieber!“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/483>, abgerufen am 23.12.2024.
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