"Warum aber schleppt Ihr mich so unnütz in diesem verwünschten Lande herum?"
"Thue ich das wirklich? Oder seid Ihr mir nicht von Mossul aus ganz gegen meinen Willen nachgefolgt?"
"Yes! Habt recht! War zu einsam dort. Wollte ein Abenteuer haben."
"Nun, das habt Ihr ja gehabt, und auch noch einige dazu. Also gebt Euch zufrieden und laßt das Räson- nieren sein, sonst lasse ich Euch hier sitzen, und Ihr geht so zu Grunde, daß man Euch später als Fowling-bull auffinden und nach London senden wird."
"Fie! Noch viel schlechter, dieser Witz! Habe genug! Mag keinen mehr hören!"
Er wandte sich ab und gab so dem Bey von Gumri Gelegenheit, einige Bemerkungen zu machen. Dieser hatte sich sehr finster und schweigsam verhalten; jetzt aber sagte er mir aufrichtig:
"Chodih, die Bedingungen, auf welche du eingegangen bist, gefallen mir nicht."
"Warum nicht?"
"Sie sind zu gefährlich für mich."
"Es war nicht möglich, bessere zu erhalten. Hätten wir dich verlassen wollen, so befänden wir übrigen uns wohler, du aber wärst Gefangener gewesen."
"Das weiß ich, Herr, und darum danke ich dir. Du hast dich als ein treuer Freund erwiesen; aber ich werde doch nichts als ein Gefangener sein."
"Du wirst Lizan nicht verlassen dürfen; das ist alles."
"Aber dies ist schon genug. Wo wird Mohammed Emin sich jetzt befinden?"
„Verrechnet Euch nicht.“
„Inwiefern? Giebt es keine Fowling-bulls dort?“
„Gewiß nicht!“
„Warum aber ſchleppt Ihr mich ſo unnütz in dieſem verwünſchten Lande herum?“
„Thue ich das wirklich? Oder ſeid Ihr mir nicht von Moſſul aus ganz gegen meinen Willen nachgefolgt?“
„Yes! Habt recht! War zu einſam dort. Wollte ein Abenteuer haben.“
„Nun, das habt Ihr ja gehabt, und auch noch einige dazu. Alſo gebt Euch zufrieden und laßt das Räſon- nieren ſein, ſonſt laſſe ich Euch hier ſitzen, und Ihr geht ſo zu Grunde, daß man Euch ſpäter als Fowling-bull auffinden und nach London ſenden wird.“
„Fie! Noch viel ſchlechter, dieſer Witz! Habe genug! Mag keinen mehr hören!“
Er wandte ſich ab und gab ſo dem Bey von Gumri Gelegenheit, einige Bemerkungen zu machen. Dieſer hatte ſich ſehr finſter und ſchweigſam verhalten; jetzt aber ſagte er mir aufrichtig:
„Chodih, die Bedingungen, auf welche du eingegangen biſt, gefallen mir nicht.“
„Warum nicht?“
„Sie ſind zu gefährlich für mich.“
„Es war nicht möglich, beſſere zu erhalten. Hätten wir dich verlaſſen wollen, ſo befänden wir übrigen uns wohler, du aber wärſt Gefangener geweſen.“
„Das weiß ich, Herr, und darum danke ich dir. Du haſt dich als ein treuer Freund erwieſen; aber ich werde doch nichts als ein Gefangener ſein.“
„Du wirſt Lizan nicht verlaſſen dürfen; das iſt alles.“
„Aber dies iſt ſchon genug. Wo wird Mohammed Emin ſich jetzt befinden?“
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[507/0521]
„Verrechnet Euch nicht.“
„Inwiefern? Giebt es keine Fowling-bulls dort?“
„Gewiß nicht!“
„Warum aber ſchleppt Ihr mich ſo unnütz in dieſem
verwünſchten Lande herum?“
„Thue ich das wirklich? Oder ſeid Ihr mir nicht
von Moſſul aus ganz gegen meinen Willen nachgefolgt?“
„Yes! Habt recht! War zu einſam dort. Wollte ein
Abenteuer haben.“
„Nun, das habt Ihr ja gehabt, und auch noch einige
dazu. Alſo gebt Euch zufrieden und laßt das Räſon-
nieren ſein, ſonſt laſſe ich Euch hier ſitzen, und Ihr geht
ſo zu Grunde, daß man Euch ſpäter als Fowling-bull
auffinden und nach London ſenden wird.“
„Fie! Noch viel ſchlechter, dieſer Witz! Habe genug!
Mag keinen mehr hören!“
Er wandte ſich ab und gab ſo dem Bey von Gumri
Gelegenheit, einige Bemerkungen zu machen. Dieſer hatte
ſich ſehr finſter und ſchweigſam verhalten; jetzt aber ſagte
er mir aufrichtig:
„Chodih, die Bedingungen, auf welche du eingegangen
biſt, gefallen mir nicht.“
„Warum nicht?“
„Sie ſind zu gefährlich für mich.“
„Es war nicht möglich, beſſere zu erhalten. Hätten
wir dich verlaſſen wollen, ſo befänden wir übrigen uns
wohler, du aber wärſt Gefangener geweſen.“
„Das weiß ich, Herr, und darum danke ich dir. Du
haſt dich als ein treuer Freund erwieſen; aber ich werde
doch nichts als ein Gefangener ſein.“
„Du wirſt Lizan nicht verlaſſen dürfen; das iſt alles.“
„Aber dies iſt ſchon genug. Wo wird Mohammed
Emin ſich jetzt befinden?“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/521>, abgerufen am 23.12.2024.
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