Jetzt rief ich Halef und Ifra herab, welche die Tiere satteln mußten. Dies nahm nur kurze Zeit in Anspruch. Dann verließen wir das Haus und stiegen auf.
"Haltet hier; ich komme gleich zurück!"
Nach diesen Worten ritt ich zunächst ein Stück das Thal hinab, um die Wirkung der Geschütze in Augenschein zu nehmen. Sie war eine grauenhafte, doch wurde sie dadurch gemildert, daß die Dschesidi die verwundeten Türken aufgehoben hatten, um ihnen möglichst Hilfe an- gedeihen zu lassen. Wie anders wäre es wohl gewesen, wenn den Osmanly ihr Ueberfall geglückt wäre! Ich wandte mich ab, trotzdem mir die Sieger von ihrer Ver- schanzung her erfreut zuriefen, nahm Halef und Ifra auf und ritt nun am Bache hinan, um auf dem Weg nach Baadri zu gelangen; denn da oben auf dieser Seite mußte ich den Bey vermuten.
Als ich an dem Tempel vorüberkam, stand der Kai- makam mit seinem Stabe vor demselben. Er winkte mir, und ich ritt zu ihm hin.
"Sage dem Scheik noch, daß er eine Summe bezahlen muß als Sühne für den Tod des Miralai!"
"Ich glaube sehr, daß der Makredsch von Mossul sich große Mühe giebt, immer neue Forderungen zu ent- decken, und ich vermute, daß der Bey eine sehr bedeutende Sühne verlangen wird für seinen ermordeten Parlamentär. Doch werde ich ihm deine Worte sagen."
"Du hast einen Baschi-Bozuk bei dir?"
"Wie du siehst!"
"Wer hat ihn dir gegeben?"
"Der Mutessarif."
"Brauchst du ihn noch?"
"Ja."
Ich ſtand auf. Sie thaten dasſelbe und gingen.
Jetzt rief ich Halef und Ifra herab, welche die Tiere ſatteln mußten. Dies nahm nur kurze Zeit in Anſpruch. Dann verließen wir das Haus und ſtiegen auf.
„Haltet hier; ich komme gleich zurück!“
Nach dieſen Worten ritt ich zunächſt ein Stück das Thal hinab, um die Wirkung der Geſchütze in Augenſchein zu nehmen. Sie war eine grauenhafte, doch wurde ſie dadurch gemildert, daß die Dſcheſidi die verwundeten Türken aufgehoben hatten, um ihnen möglichſt Hilfe an- gedeihen zu laſſen. Wie anders wäre es wohl geweſen, wenn den Osmanly ihr Ueberfall geglückt wäre! Ich wandte mich ab, trotzdem mir die Sieger von ihrer Ver- ſchanzung her erfreut zuriefen, nahm Halef und Ifra auf und ritt nun am Bache hinan, um auf dem Weg nach Baadri zu gelangen; denn da oben auf dieſer Seite mußte ich den Bey vermuten.
Als ich an dem Tempel vorüberkam, ſtand der Kai- makam mit ſeinem Stabe vor demſelben. Er winkte mir, und ich ritt zu ihm hin.
„Sage dem Scheik noch, daß er eine Summe bezahlen muß als Sühne für den Tod des Miralai!“
„Ich glaube ſehr, daß der Makredſch von Moſſul ſich große Mühe giebt, immer neue Forderungen zu ent- decken, und ich vermute, daß der Bey eine ſehr bedeutende Sühne verlangen wird für ſeinen ermordeten Parlamentär. Doch werde ich ihm deine Worte ſagen.“
„Du haſt einen Baſchi-Bozuk bei dir?“
„Wie du ſiehſt!“
„Wer hat ihn dir gegeben?“
„Der Muteſſarif.“
„Brauchſt du ihn noch?“
„Ja.“
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Ich ſtand auf. Sie thaten dasſelbe und gingen.
Jetzt rief ich Halef und Ifra herab, welche die Tiere
ſatteln mußten. Dies nahm nur kurze Zeit in Anſpruch.
Dann verließen wir das Haus und ſtiegen auf.
„Haltet hier; ich komme gleich zurück!“
Nach dieſen Worten ritt ich zunächſt ein Stück das
Thal hinab, um die Wirkung der Geſchütze in Augenſchein
zu nehmen. Sie war eine grauenhafte, doch wurde ſie
dadurch gemildert, daß die Dſcheſidi die verwundeten
Türken aufgehoben hatten, um ihnen möglichſt Hilfe an-
gedeihen zu laſſen. Wie anders wäre es wohl geweſen,
wenn den Osmanly ihr Ueberfall geglückt wäre! Ich
wandte mich ab, trotzdem mir die Sieger von ihrer Ver-
ſchanzung her erfreut zuriefen, nahm Halef und Ifra auf
und ritt nun am Bache hinan, um auf dem Weg nach
Baadri zu gelangen; denn da oben auf dieſer Seite mußte
ich den Bey vermuten.
Als ich an dem Tempel vorüberkam, ſtand der Kai-
makam mit ſeinem Stabe vor demſelben. Er winkte mir,
und ich ritt zu ihm hin.
„Sage dem Scheik noch, daß er eine Summe bezahlen
muß als Sühne für den Tod des Miralai!“
„Ich glaube ſehr, daß der Makredſch von Moſſul
ſich große Mühe giebt, immer neue Forderungen zu ent-
decken, und ich vermute, daß der Bey eine ſehr bedeutende
Sühne verlangen wird für ſeinen ermordeten Parlamentär.
Doch werde ich ihm deine Worte ſagen.“
„Du haſt einen Baſchi-Bozuk bei dir?“
„Wie du ſiehſt!“
„Wer hat ihn dir gegeben?“
„Der Muteſſarif.“
„Brauchſt du ihn noch?“
„Ja.“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/77>, abgerufen am 22.12.2024.
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