"Das ist möglich, denn du sagest es; aber kannst du mir es beweisen?"
"Ich sage und bezeuge es!"
"Das darf hier nichts gelten. Ich vertraue dir; aber ein jeder andere, der in einer solchen oder in einer ähn- lichen Angelegenheit zu mir kommt, muß beweisen können, daß er das Recht und den Auftrag hat, mit mir zu ver- handeln; sonst läuft er Gefahr, daß ich ihn so behandle, wie ihr meinen ersten Boten behandelt habt."
"Ein Makredsch kann niemals in eine solche Gefahr kommen!"
"Ich werde dir das Gegenteil beweisen!"
Er klatschte in die Hände, und sogleich trat der Dschesidi ein, welcher den Kaimakam geholt hatte.
"Hast du dem Kaimakam ein sicheres Geleite ver- sprochen?"
"Ja, Herr."
"Wem noch?"
"Keinem."
"Den drei Soldaten nicht, welche draußen stehen?"
"Nein, und dem Makredsch auch nicht."
"Die drei werden abgeführt; sie sind gefangen; und diesen Mann, welcher sich für den Makredsch von Mossul ausgiebt, nimmst du auch mit. Er ist schuld an allem, auch an der Ermordung meines Parlamentärs."
"Ich protestiere!" rief der Kaimakam.
"Ich werde mich zu verteidigen und auch zu rächen wissen," drohte der Makredsch, indem er einen Dolch zog, den er im Gürtel stecken hatte.
In demselben Augenblick aber hatte sich Ali Bey emporgeschnellt und schlug ihm die Faust mit solcher Ge- walt in das Gesicht, daß der Getroffene rückwärts nieder- stürzte.
„Das iſt möglich, denn du ſageſt es; aber kannſt du mir es beweiſen?“
„Ich ſage und bezeuge es!“
„Das darf hier nichts gelten. Ich vertraue dir; aber ein jeder andere, der in einer ſolchen oder in einer ähn- lichen Angelegenheit zu mir kommt, muß beweiſen können, daß er das Recht und den Auftrag hat, mit mir zu ver- handeln; ſonſt läuft er Gefahr, daß ich ihn ſo behandle, wie ihr meinen erſten Boten behandelt habt.“
„Ein Makredſch kann niemals in eine ſolche Gefahr kommen!“
„Ich werde dir das Gegenteil beweiſen!“
Er klatſchte in die Hände, und ſogleich trat der Dſcheſidi ein, welcher den Kaimakam geholt hatte.
„Haſt du dem Kaimakam ein ſicheres Geleite ver- ſprochen?“
„Ja, Herr.“
„Wem noch?“
„Keinem.“
„Den drei Soldaten nicht, welche draußen ſtehen?“
„Nein, und dem Makredſch auch nicht.“
„Die drei werden abgeführt; ſie ſind gefangen; und dieſen Mann, welcher ſich für den Makredſch von Moſſul ausgiebt, nimmſt du auch mit. Er iſt ſchuld an allem, auch an der Ermordung meines Parlamentärs.“
„Ich proteſtiere!“ rief der Kaimakam.
„Ich werde mich zu verteidigen und auch zu rächen wiſſen,“ drohte der Makredſch, indem er einen Dolch zog, den er im Gürtel ſtecken hatte.
In demſelben Augenblick aber hatte ſich Ali Bey emporgeſchnellt und ſchlug ihm die Fauſt mit ſolcher Ge- walt in das Geſicht, daß der Getroffene rückwärts nieder- ſtürzte.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0085"n="71"/><p>„Das iſt möglich, denn du ſageſt es; aber kannſt du<lb/>
mir es beweiſen?“</p><lb/><p>„Ich ſage und bezeuge es!“</p><lb/><p>„Das darf hier nichts gelten. Ich vertraue dir; aber<lb/>
ein jeder andere, der in einer ſolchen oder in einer ähn-<lb/>
lichen Angelegenheit zu mir kommt, muß beweiſen können,<lb/>
daß er das Recht und den Auftrag hat, mit mir zu ver-<lb/>
handeln; ſonſt läuft er Gefahr, daß ich ihn ſo behandle,<lb/>
wie ihr meinen erſten Boten behandelt habt.“</p><lb/><p>„Ein Makredſch kann niemals in eine ſolche Gefahr<lb/>
kommen!“</p><lb/><p>„Ich werde dir das Gegenteil beweiſen!“</p><lb/><p>Er klatſchte in die Hände, und ſogleich trat der<lb/>
Dſcheſidi ein, welcher den Kaimakam geholt hatte.</p><lb/><p>„Haſt du dem Kaimakam ein ſicheres Geleite ver-<lb/>ſprochen?“</p><lb/><p>„Ja, Herr.“</p><lb/><p>„Wem noch?“</p><lb/><p>„Keinem.“</p><lb/><p>„Den drei Soldaten nicht, welche draußen ſtehen?“</p><lb/><p>„Nein, und dem Makredſch auch nicht.“</p><lb/><p>„Die drei werden abgeführt; ſie ſind gefangen; und<lb/>
dieſen Mann, welcher ſich für den Makredſch von Moſſul<lb/>
ausgiebt, nimmſt du auch mit. Er iſt ſchuld an allem,<lb/>
auch an der Ermordung meines Parlamentärs.“</p><lb/><p>„Ich proteſtiere!“ rief der Kaimakam.</p><lb/><p>„Ich werde mich zu verteidigen und auch zu rächen<lb/>
wiſſen,“ drohte der Makredſch, indem er einen Dolch zog,<lb/>
den er im Gürtel ſtecken hatte.</p><lb/><p>In demſelben Augenblick aber hatte ſich Ali Bey<lb/>
emporgeſchnellt und ſchlug ihm die Fauſt mit ſolcher Ge-<lb/>
walt in das Geſicht, daß der Getroffene rückwärts nieder-<lb/>ſtürzte.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[71/0085]
„Das iſt möglich, denn du ſageſt es; aber kannſt du
mir es beweiſen?“
„Ich ſage und bezeuge es!“
„Das darf hier nichts gelten. Ich vertraue dir; aber
ein jeder andere, der in einer ſolchen oder in einer ähn-
lichen Angelegenheit zu mir kommt, muß beweiſen können,
daß er das Recht und den Auftrag hat, mit mir zu ver-
handeln; ſonſt läuft er Gefahr, daß ich ihn ſo behandle,
wie ihr meinen erſten Boten behandelt habt.“
„Ein Makredſch kann niemals in eine ſolche Gefahr
kommen!“
„Ich werde dir das Gegenteil beweiſen!“
Er klatſchte in die Hände, und ſogleich trat der
Dſcheſidi ein, welcher den Kaimakam geholt hatte.
„Haſt du dem Kaimakam ein ſicheres Geleite ver-
ſprochen?“
„Ja, Herr.“
„Wem noch?“
„Keinem.“
„Den drei Soldaten nicht, welche draußen ſtehen?“
„Nein, und dem Makredſch auch nicht.“
„Die drei werden abgeführt; ſie ſind gefangen; und
dieſen Mann, welcher ſich für den Makredſch von Moſſul
ausgiebt, nimmſt du auch mit. Er iſt ſchuld an allem,
auch an der Ermordung meines Parlamentärs.“
„Ich proteſtiere!“ rief der Kaimakam.
„Ich werde mich zu verteidigen und auch zu rächen
wiſſen,“ drohte der Makredſch, indem er einen Dolch zog,
den er im Gürtel ſtecken hatte.
In demſelben Augenblick aber hatte ſich Ali Bey
emporgeſchnellt und ſchlug ihm die Fauſt mit ſolcher Ge-
walt in das Geſicht, daß der Getroffene rückwärts nieder-
ſtürzte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/85>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.