Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.A. Mayer: mag sich bei der Zustimmung zu den -- wie wir hoffen wollen-- wohlthätigen aber unleugbar illiberalen Maigesetzen, mit Un- behagen an die Phrasen seiner eigenen Partei aus dem Jahre 48 und selbst noch während der Confliktsperiode erinnert haben. Auf keinem Gebiete hat freilich der radicale Liberalismus Aber auch sonst ist die gleichartige Wirkung der gleich- Daß zunächst die Jnstitutionen unserer Hochschulen nicht 1) "Es ist sehr merkwürdig", sagt Helmholz in seiner Berliner Rec-
toratsrede (1877 S. 15), "wie unter den Kriegsstürmen und politischen Umwälzungen, in den mit dem zerfallenden Kaiserthum um die Befestigung A. Mayer: mag ſich bei der Zuſtimmung zu den — wie wir hoffen wollen— wohlthätigen aber unleugbar illiberalen Maigeſetzen, mit Un- behagen an die Phraſen ſeiner eigenen Partei aus dem Jahre 48 und ſelbſt noch während der Confliktsperiode erinnert haben. Auf keinem Gebiete hat freilich der radicale Liberalismus Aber auch ſonſt iſt die gleichartige Wirkung der gleich- Daß zunächſt die Jnſtitutionen unſerer Hochſchulen nicht 1) „Es iſt ſehr merkwürdig‟, ſagt Helmholz in ſeiner Berliner Rec-
toratsrede (1877 S. 15), „wie unter den Kriegsſtürmen und politiſchen Umwälzungen, in den mit dem zerfallenden Kaiſerthum um die Befeſtigung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="166 [6]"/><lb/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">A. Mayer:</hi></fw> mag ſich bei der Zuſtimmung zu den — wie wir hoffen wollen<lb/> — wohlthätigen aber unleugbar illiberalen Maigeſetzen, mit Un-<lb/> behagen an die Phraſen ſeiner eigenen Partei aus dem Jahre<lb/> 48 und ſelbſt noch während der Confliktsperiode erinnert haben.</p><lb/> <p>Auf keinem Gebiete hat freilich der radicale Liberalismus<lb/> ſo gründlich Schiffbruch gelitten als auf dem ökonomiſchen.<lb/> Haben ſich doch unter ſeinem Wahlſpruche des „<hi rendition="#aq">laisser faire</hi>‟<lb/> vielfache wirthſchaftliche Zuſtände herausgebildet, welche über<lb/> das Verhältniß zwiſchen Frohnherr und Leibeigenen zu ſtellen<lb/> phariſäiſche Heuchelei wäre.</p><lb/> <p>Aber auch ſonſt iſt die gleichartige Wirkung der gleich-<lb/> artigen Urſache nicht zu verkennen. Allerdings bis in die Zu-<lb/> ſtände der Gelehrtenwelt hinein pflegt man derartige Einwir-<lb/> kungen nicht zu ſuchen, da jene unabhängig von modiſchen<lb/> Regierungsgrundſätzen ihre Organiſation erlangt und bewahrt<lb/> hat. Und doch läßt ſich nachweiſen, daß gerade die deutſchen<lb/> Univerſitäten dieſe ausſchließlichen Mittelpunkte unſeres Ge-<lb/> lehrtenthums ihren ſtreug liberaliſtiſchen Einrichtungen neben<lb/> den berühmten Vorzügen auch ſchwere Schädigungen verdanken,<lb/> über welche man nur jenen zu Liebe die Augen ſchließt, als<lb/> wenn beide untrennbar mit einander verbunden wären.</p><lb/> <p>Daß zunächſt die Jnſtitutionen unſerer Hochſchulen nicht<lb/> blos liberal, daß ſie wirklich liberaliſtiſch ſind, liegt für den<lb/> unbefangenen Beobachter klar zu Tage. Nicht blos die Selbſt-<lb/> ſtändigkeit unſerer Fakultäten den Miniſterien gegenüber, welche<lb/> ſich hiſtoriſch aus den Corporationsrechten der alten reichlich<lb/> mit Privilegien ausgerüſteten hohen Schulen einer ſchwachen<lb/> Staatsgewalt gegenüber erklären läßt<note xml:id="a01" next="#a02" place="foot" n="1)">„Es iſt ſehr merkwürdig‟, ſagt <hi rendition="#g">Helmholz</hi> in ſeiner Berliner Rec-<lb/> toratsrede (1877 S. 15), „wie unter den Kriegsſtürmen und politiſchen<lb/> Umwälzungen, in den mit dem zerfallenden Kaiſerthum um die Befeſtigung</note>, haben wir hierbei im<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [166 [6]/0008]
A. Mayer:
mag ſich bei der Zuſtimmung zu den — wie wir hoffen wollen
— wohlthätigen aber unleugbar illiberalen Maigeſetzen, mit Un-
behagen an die Phraſen ſeiner eigenen Partei aus dem Jahre
48 und ſelbſt noch während der Confliktsperiode erinnert haben.
Auf keinem Gebiete hat freilich der radicale Liberalismus
ſo gründlich Schiffbruch gelitten als auf dem ökonomiſchen.
Haben ſich doch unter ſeinem Wahlſpruche des „laisser faire‟
vielfache wirthſchaftliche Zuſtände herausgebildet, welche über
das Verhältniß zwiſchen Frohnherr und Leibeigenen zu ſtellen
phariſäiſche Heuchelei wäre.
Aber auch ſonſt iſt die gleichartige Wirkung der gleich-
artigen Urſache nicht zu verkennen. Allerdings bis in die Zu-
ſtände der Gelehrtenwelt hinein pflegt man derartige Einwir-
kungen nicht zu ſuchen, da jene unabhängig von modiſchen
Regierungsgrundſätzen ihre Organiſation erlangt und bewahrt
hat. Und doch läßt ſich nachweiſen, daß gerade die deutſchen
Univerſitäten dieſe ausſchließlichen Mittelpunkte unſeres Ge-
lehrtenthums ihren ſtreug liberaliſtiſchen Einrichtungen neben
den berühmten Vorzügen auch ſchwere Schädigungen verdanken,
über welche man nur jenen zu Liebe die Augen ſchließt, als
wenn beide untrennbar mit einander verbunden wären.
Daß zunächſt die Jnſtitutionen unſerer Hochſchulen nicht
blos liberal, daß ſie wirklich liberaliſtiſch ſind, liegt für den
unbefangenen Beobachter klar zu Tage. Nicht blos die Selbſt-
ſtändigkeit unſerer Fakultäten den Miniſterien gegenüber, welche
ſich hiſtoriſch aus den Corporationsrechten der alten reichlich
mit Privilegien ausgerüſteten hohen Schulen einer ſchwachen
Staatsgewalt gegenüber erklären läßt 1), haben wir hierbei im
1) „Es iſt ſehr merkwürdig‟, ſagt Helmholz in ſeiner Berliner Rec-
toratsrede (1877 S. 15), „wie unter den Kriegsſtürmen und politiſchen
Umwälzungen, in den mit dem zerfallenden Kaiſerthum um die Befeſtigung
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