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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 18. Begriff der Polizei.
(Wegepolizei, Kirchhofspolizei), oder auch die verschiedenen Thätig-
keitsarten gleichberechtigt verbunden erscheinen (Gesundheitswesen,
Gewerbewesen). Die Gesichtspunkte der Verwaltungslehre beherrschen
die Einteilung. --

Daneben ist eine Reihe allgemeiner Einteilungen üblich, welche
beanspruchen, Verschiedenheiten in der rechtlichen Natur der Polizei
hervorzuheben:

1. Gerichtliche und administrative Polizei. Damit
hat es folgende Bewandtnis.

Jede Strafthat des gemeinen Strafrechts ist zugleich eine Störung
der guten Ordnung, welche die Polizei abzuwenden berufen ist. Die
gerichtliche Polizei aber geht über diese Aufgabe hinaus.

Der Ausdruck selbst stammt aus Frankreich. Mit der Durch-
führung der Institution des procureur du roi bei den Gerichten war
das diesem Verwaltungsbeamten unterstehende Personal der Sicher-
heitspolizei in den Dienst der Strafrechtspflege gestellt worden. Der
Name police hatte im älteren französischen Staatswesen dieselbe um-
fassende Bedeutung, wie bei uns der Name Polizei. Was von seiten
der Staatsgewalt für die gute Ordnung der Strafrechtspflege geschah,
abgesehen von der eigentlichen Rechtsfrage in Verhandlung und Urteil,
wurde daher als police judiciaire bezeichnet21.

Der Name ist stehen geblieben und in unserem neueren Rechte
nach französischem Muster übernommen für einen gewissen Kreis von
solcher Hülfsthätigkeit der Strafrechtspflege. Man versteht darunter
alle staatliche Thätigkeit, welche darauf gerichtet ist, strafbare
Handlungen zu entdecken und die Bestrafung des Thä-
ters zu ermöglichen
. Der Auftrag dazu ist zweckmässigerweise
mit den geeigneten Ämtern der Polizei verbunden. Polizei im heutigen
Sinne ist diese Seite des Dienstes der betreffenden Ämter offenbar
nicht. Die gerichtliche Polizei gehört ihrer rechtlichen Natur nach
zur Strafrechtspflege und erhält ihre Regeln durch das Strafprozess-
recht. Polizei ist nur die administrative Polizei22.

2. Präventive (vorbeugende) und repressive (zwingende)
Polizei. Auch diese Ausdrücke sind den französischen Juristen ent-
lehnt. Die Unterscheidung hat vornehmlich den Fall einer Strafthat
im Auge und das verschiedene Verhalten der Polizei dabei: vor der

21 Medicus, Staatswörterb. Art. Gerichtl. Pol. IV S. 208 ff.; Foerste-
mann,
Pr. Polizei-R. S. 124; Theorie des Franz. V.R. S. 161 ff.
22 Für die richtige Beschränkung: Loening, V.R. S. 8; v. Sarwey, A.V.R.
S. 78; Mot. z. G.V.G. S. 170 (Hahn, Mat. I S. 152 ff.).

§ 18. Begriff der Polizei.
(Wegepolizei, Kirchhofspolizei), oder auch die verschiedenen Thätig-
keitsarten gleichberechtigt verbunden erscheinen (Gesundheitswesen,
Gewerbewesen). Die Gesichtspunkte der Verwaltungslehre beherrschen
die Einteilung. —

Daneben ist eine Reihe allgemeiner Einteilungen üblich, welche
beanspruchen, Verschiedenheiten in der rechtlichen Natur der Polizei
hervorzuheben:

1. Gerichtliche und administrative Polizei. Damit
hat es folgende Bewandtnis.

Jede Strafthat des gemeinen Strafrechts ist zugleich eine Störung
der guten Ordnung, welche die Polizei abzuwenden berufen ist. Die
gerichtliche Polizei aber geht über diese Aufgabe hinaus.

Der Ausdruck selbst stammt aus Frankreich. Mit der Durch-
führung der Institution des procureur du roi bei den Gerichten war
das diesem Verwaltungsbeamten unterstehende Personal der Sicher-
heitspolizei in den Dienst der Strafrechtspflege gestellt worden. Der
Name police hatte im älteren französischen Staatswesen dieselbe um-
fassende Bedeutung, wie bei uns der Name Polizei. Was von seiten
der Staatsgewalt für die gute Ordnung der Strafrechtspflege geschah,
abgesehen von der eigentlichen Rechtsfrage in Verhandlung und Urteil,
wurde daher als police judiciaire bezeichnet21.

Der Name ist stehen geblieben und in unserem neueren Rechte
nach französischem Muster übernommen für einen gewissen Kreis von
solcher Hülfsthätigkeit der Strafrechtspflege. Man versteht darunter
alle staatliche Thätigkeit, welche darauf gerichtet ist, strafbare
Handlungen zu entdecken und die Bestrafung des Thä-
ters zu ermöglichen
. Der Auftrag dazu ist zweckmäſsigerweise
mit den geeigneten Ämtern der Polizei verbunden. Polizei im heutigen
Sinne ist diese Seite des Dienstes der betreffenden Ämter offenbar
nicht. Die gerichtliche Polizei gehört ihrer rechtlichen Natur nach
zur Strafrechtspflege und erhält ihre Regeln durch das Strafprozeſs-
recht. Polizei ist nur die administrative Polizei22.

2. Präventive (vorbeugende) und repressive (zwingende)
Polizei. Auch diese Ausdrücke sind den französischen Juristen ent-
lehnt. Die Unterscheidung hat vornehmlich den Fall einer Strafthat
im Auge und das verschiedene Verhalten der Polizei dabei: vor der

21 Medicus, Staatswörterb. Art. Gerichtl. Pol. IV S. 208 ff.; Foerste-
mann,
Pr. Polizei-R. S. 124; Theorie des Franz. V.R. S. 161 ff.
22 Für die richtige Beschränkung: Loening, V.R. S. 8; v. Sarwey, A.V.R.
S. 78; Mot. z. G.V.G. S. 170 (Hahn, Mat. I S. 152 ff.).
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[255/0275] § 18. Begriff der Polizei. (Wegepolizei, Kirchhofspolizei), oder auch die verschiedenen Thätig- keitsarten gleichberechtigt verbunden erscheinen (Gesundheitswesen, Gewerbewesen). Die Gesichtspunkte der Verwaltungslehre beherrschen die Einteilung. — Daneben ist eine Reihe allgemeiner Einteilungen üblich, welche beanspruchen, Verschiedenheiten in der rechtlichen Natur der Polizei hervorzuheben: 1. Gerichtliche und administrative Polizei. Damit hat es folgende Bewandtnis. Jede Strafthat des gemeinen Strafrechts ist zugleich eine Störung der guten Ordnung, welche die Polizei abzuwenden berufen ist. Die gerichtliche Polizei aber geht über diese Aufgabe hinaus. Der Ausdruck selbst stammt aus Frankreich. Mit der Durch- führung der Institution des procureur du roi bei den Gerichten war das diesem Verwaltungsbeamten unterstehende Personal der Sicher- heitspolizei in den Dienst der Strafrechtspflege gestellt worden. Der Name police hatte im älteren französischen Staatswesen dieselbe um- fassende Bedeutung, wie bei uns der Name Polizei. Was von seiten der Staatsgewalt für die gute Ordnung der Strafrechtspflege geschah, abgesehen von der eigentlichen Rechtsfrage in Verhandlung und Urteil, wurde daher als police judiciaire bezeichnet 21. Der Name ist stehen geblieben und in unserem neueren Rechte nach französischem Muster übernommen für einen gewissen Kreis von solcher Hülfsthätigkeit der Strafrechtspflege. Man versteht darunter alle staatliche Thätigkeit, welche darauf gerichtet ist, strafbare Handlungen zu entdecken und die Bestrafung des Thä- ters zu ermöglichen. Der Auftrag dazu ist zweckmäſsigerweise mit den geeigneten Ämtern der Polizei verbunden. Polizei im heutigen Sinne ist diese Seite des Dienstes der betreffenden Ämter offenbar nicht. Die gerichtliche Polizei gehört ihrer rechtlichen Natur nach zur Strafrechtspflege und erhält ihre Regeln durch das Strafprozeſs- recht. Polizei ist nur die administrative Polizei 22. 2. Präventive (vorbeugende) und repressive (zwingende) Polizei. Auch diese Ausdrücke sind den französischen Juristen ent- lehnt. Die Unterscheidung hat vornehmlich den Fall einer Strafthat im Auge und das verschiedene Verhalten der Polizei dabei: vor der 21 Medicus, Staatswörterb. Art. Gerichtl. Pol. IV S. 208 ff.; Foerste- mann, Pr. Polizei-R. S. 124; Theorie des Franz. V.R. S. 161 ff. 22 Für die richtige Beschränkung: Loening, V.R. S. 8; v. Sarwey, A.V.R. S. 78; Mot. z. G.V.G. S. 170 (Hahn, Mat. I S. 152 ff.).

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/275>, abgerufen am 23.12.2024.