Minister, der die Gegenzeichnung zu dem Akt geleistet hat, verant- wortlich gemacht werden kann für den Nachteil, der dem Staat daraus erwächst, ist eine Sache für sich.
§ 30. Der Finanzbefehl.
Die Finanzgewalt ist die öffentliche Gewalt, verwendet zur För- derung der Staatseinnahmen. Dieses Ziel erstrebt die öffentliche Ge- walt in der einfachsten Weise, wenn sie den Unterthanen Zahlungs- pflichten, Steuerpflichten gegen den Staat auferlegt. Sie kann ihm aber auch dienen durch Bestimmung des persönlichen Verhaltens der Unterthanen, indem dieses so eingerichtet wird, wie es für die Staatseinnahmen am besten ist, insbesondere um sie zu sichern und vor Störung und Verminderung zu bewahren.
Der eigentliche Grund der Einnahme liegt dann neben der Mass- regel; die Finanzgewalt schützt mit dieser nur seine Wirksamkeit und befördert so die Staatseinnahmen mittelbar. Er kann liegen in der andern Erscheinungsform der Finanzgewalt, in der Steuerauflage, kann aber auch jede andere Gestalt von Einnahmequellen haben. Diese zweite Form der Finanzgewalt umfasst also ein viel weiteres Gebiet als die bisher betrachtete, aber ohne es so gründlich aus- zufüllen, wie jene das ihre: sie wirkt immer nur nebensächlich1.
Man hat diese zweite Art von Einwirkungen auf die Unterthanen häufig als Finanzpolizei bezeichnet2. Der Name ist deshalb ver- fehlt, weil die Polizei, wenn man sie richtig abgrenzen will, nur durch ihre eigentümliche Grundrichtung gekennzeichnet werden kann, die dann einen Gegensatz zur Finanzgewalt bezeichnet. Denn hier handelt es sich durchweg nicht um die gute Ordnung des Gemeinwesens und seine öffentlichen Nützlichkeiten. Die Polizei ist social, die Finanz- gewalt fiskalisch. Das kann sich nicht mischen.
1 Die Gegenüberstellung dieser beiden Richtungen der Finanzgewalt ist gut zum Ausdruck gebracht von Meisel in Finanzarchiv V, 1 S. 7.
2 So Foerstemann, Polizeirecht S. 272; Bornhak, Gesch. des preuss. V.R. II S. 332; Merkel, Krimin. Abhandlungen I S. 94, 99; Temme, Lehre vom Betruge S. 73; Meisel in Finanzarchiv V, 1 S. 5: "Überwachung des Ver- haltens der Verpflichteten mittels der Finanzpolizei"; O.Tr. 6. April 1875 (J.M.Bl. S. 222): "polizeiliche Kontrollvorschriften".
Die Finanzgewalt.
Minister, der die Gegenzeichnung zu dem Akt geleistet hat, verant- wortlich gemacht werden kann für den Nachteil, der dem Staat daraus erwächst, ist eine Sache für sich.
§ 30. Der Finanzbefehl.
Die Finanzgewalt ist die öffentliche Gewalt, verwendet zur För- derung der Staatseinnahmen. Dieses Ziel erstrebt die öffentliche Ge- walt in der einfachsten Weise, wenn sie den Unterthanen Zahlungs- pflichten, Steuerpflichten gegen den Staat auferlegt. Sie kann ihm aber auch dienen durch Bestimmung des persönlichen Verhaltens der Unterthanen, indem dieses so eingerichtet wird, wie es für die Staatseinnahmen am besten ist, insbesondere um sie zu sichern und vor Störung und Verminderung zu bewahren.
Der eigentliche Grund der Einnahme liegt dann neben der Maſs- regel; die Finanzgewalt schützt mit dieser nur seine Wirksamkeit und befördert so die Staatseinnahmen mittelbar. Er kann liegen in der andern Erscheinungsform der Finanzgewalt, in der Steuerauflage, kann aber auch jede andere Gestalt von Einnahmequellen haben. Diese zweite Form der Finanzgewalt umfaſst also ein viel weiteres Gebiet als die bisher betrachtete, aber ohne es so gründlich aus- zufüllen, wie jene das ihre: sie wirkt immer nur nebensächlich1.
Man hat diese zweite Art von Einwirkungen auf die Unterthanen häufig als Finanzpolizei bezeichnet2. Der Name ist deshalb ver- fehlt, weil die Polizei, wenn man sie richtig abgrenzen will, nur durch ihre eigentümliche Grundrichtung gekennzeichnet werden kann, die dann einen Gegensatz zur Finanzgewalt bezeichnet. Denn hier handelt es sich durchweg nicht um die gute Ordnung des Gemeinwesens und seine öffentlichen Nützlichkeiten. Die Polizei ist social, die Finanz- gewalt fiskalisch. Das kann sich nicht mischen.
1 Die Gegenüberstellung dieser beiden Richtungen der Finanzgewalt ist gut zum Ausdruck gebracht von Meisel in Finanzarchiv V, 1 S. 7.
2 So Foerstemann, Polizeirecht S. 272; Bornhak, Gesch. des preuſs. V.R. II S. 332; Merkel, Krimin. Abhandlungen I S. 94, 99; Temme, Lehre vom Betruge S. 73; Meisel in Finanzarchiv V, 1 S. 5: „Überwachung des Ver- haltens der Verpflichteten mittels der Finanzpolizei“; O.Tr. 6. April 1875 (J.M.Bl. S. 222): „polizeiliche Kontrollvorschriften“.
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Minister, der die Gegenzeichnung zu dem Akt geleistet hat, verant-
wortlich gemacht werden kann für den Nachteil, der dem Staat daraus
erwächst, ist eine Sache für sich.
§ 30.
Der Finanzbefehl.
Die Finanzgewalt ist die öffentliche Gewalt, verwendet zur För-
derung der Staatseinnahmen. Dieses Ziel erstrebt die öffentliche Ge-
walt in der einfachsten Weise, wenn sie den Unterthanen Zahlungs-
pflichten, Steuerpflichten gegen den Staat auferlegt. Sie kann ihm
aber auch dienen durch Bestimmung des persönlichen Verhaltens
der Unterthanen, indem dieses so eingerichtet wird, wie es für die
Staatseinnahmen am besten ist, insbesondere um sie zu sichern und
vor Störung und Verminderung zu bewahren.
Der eigentliche Grund der Einnahme liegt dann neben der Maſs-
regel; die Finanzgewalt schützt mit dieser nur seine Wirksamkeit und
befördert so die Staatseinnahmen mittelbar. Er kann liegen in
der andern Erscheinungsform der Finanzgewalt, in der Steuerauflage,
kann aber auch jede andere Gestalt von Einnahmequellen haben.
Diese zweite Form der Finanzgewalt umfaſst also ein viel weiteres
Gebiet als die bisher betrachtete, aber ohne es so gründlich aus-
zufüllen, wie jene das ihre: sie wirkt immer nur nebensächlich 1.
Man hat diese zweite Art von Einwirkungen auf die Unterthanen
häufig als Finanzpolizei bezeichnet 2. Der Name ist deshalb ver-
fehlt, weil die Polizei, wenn man sie richtig abgrenzen will, nur durch
ihre eigentümliche Grundrichtung gekennzeichnet werden kann, die
dann einen Gegensatz zur Finanzgewalt bezeichnet. Denn hier handelt
es sich durchweg nicht um die gute Ordnung des Gemeinwesens und
seine öffentlichen Nützlichkeiten. Die Polizei ist social, die Finanz-
gewalt fiskalisch. Das kann sich nicht mischen.
1 Die Gegenüberstellung dieser beiden Richtungen der Finanzgewalt ist gut
zum Ausdruck gebracht von Meisel in Finanzarchiv V, 1 S. 7.
2 So Foerstemann, Polizeirecht S. 272; Bornhak, Gesch. des preuſs.
V.R. II S. 332; Merkel, Krimin. Abhandlungen I S. 94, 99; Temme, Lehre
vom Betruge S. 73; Meisel in Finanzarchiv V, 1 S. 5: „Überwachung des Ver-
haltens der Verpflichteten mittels der Finanzpolizei“; O.Tr. 6. April 1875 (J.M.Bl.
S. 222): „polizeiliche Kontrollvorschriften“.
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/452>, abgerufen am 28.07.2024.
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