hin in das Gewaltverhältnis eintreten; diese finden darin ihre aus dem Gewaltverhältnis fliessenden Pflichten im voraus bestimmt.
Das ist aber nicht so zu denken, dass der Neueintretende sich durch seinen Eintritt den Bestimmungen der bestehenden Generalverfügung unterwürfe, etwa in der Weise, wie der Absender sich dem Eisenbahn- betriebsreglement unterwirft, welches im voraus die Einzelheiten des Rechtsverhältnisses regelt. Der Absender tritt in kein Gewaltverhält- nis zu der Eisenbahnverwaltung; er schliesst einen civilrechtlichen Vertrag, dessen Inhalt durch das Eisenbahnreglement stillschweigend gegeben wird, und der in Gemässheit dieses Inhalts ein beiderseits bindendes Rechtsverhältnis schafft, unabänderlich bis zu seiner schliess- lichen Abwicklung.
Der "Extrahent" des Begleitscheins I hingegen, oder der Einleger in die öffentliche Niederlage unterwirft sich nicht dem gegebenen Regulativ, sondern dem der benutzten Einrichtung entsprechenden Gewaltverhältnis, aus welchem dieses Regulativ entsprang und jeden Augenblick ein neues entspringen kann, das bei einfacher Fortdauer des vorher begründeten Verhältnisses ohne weiteres für dieses zur An- wendung kommen wird. Es ist gerade so, wie die Dienstpflichten des Beamten nicht durch die bei seinem Eintritt in das Amt bestehen- den Dienstvorschriften geregelt bleiben, sondern das Dienstgewaltver- hältnis, dem er sich unterworfen hat, auch die künftig geänderten Dienstvorschriften schon in seinem Schosse trägt.
6. Die auf dem Gewaltverhältnis beruhende Macht, Befehle zu erteilen, ist keine unbegrenzte. Dieser Finanzbefehl hat ebenso seine rechtlichen Schranken, wie der Dienstbefehl.
Diese Schranken sind einmal gegeben in seiner Grundlage selbst. Die Behörde kann nur das für die Überwachung Erforderliche ver- langen, wie der Dienstvorgesetzte nur das für den Dienst Erforder- liche. Sitte und Natur der Sache ziehen die Linien für beide Fälle in ziemlich ausreichender Weise. Dazu kommen noch die besonderen Normierungen, welche die Geltendmachung der Überwachungsgewalt erhält durch das Gesetz. Das Gesetz kann genauer bestimmen, was alles auf Grund der Überwachungsgewalt befohlen werden darf. Alles andere ist dann ausgeschlossen. Es kann auch die Formen vor- schreiben, in welchen diese Finanzbefehle zu erlassen sind.
Dieser letztere Punkt ist für uns von besonderer Wichtigkeit Unsere Reichsgesetze über Zölle und Steuern haben die Gewohnheit, auszusprechen, dass der Bundesrat die Verwaltungsvorschriften erlassen soll, um die "Bedingungen" zu ordnen, unter welchen gewisse Er- leichterungen gewährt, die "Kontrollen", welche in gewissen Fällen
Die Finanzgewalt.
hin in das Gewaltverhältnis eintreten; diese finden darin ihre aus dem Gewaltverhältnis flieſsenden Pflichten im voraus bestimmt.
Das ist aber nicht so zu denken, daſs der Neueintretende sich durch seinen Eintritt den Bestimmungen der bestehenden Generalverfügung unterwürfe, etwa in der Weise, wie der Absender sich dem Eisenbahn- betriebsreglement unterwirft, welches im voraus die Einzelheiten des Rechtsverhältnisses regelt. Der Absender tritt in kein Gewaltverhält- nis zu der Eisenbahnverwaltung; er schlieſst einen civilrechtlichen Vertrag, dessen Inhalt durch das Eisenbahnreglement stillschweigend gegeben wird, und der in Gemäſsheit dieses Inhalts ein beiderseits bindendes Rechtsverhältnis schafft, unabänderlich bis zu seiner schlieſs- lichen Abwicklung.
Der „Extrahent“ des Begleitscheins I hingegen, oder der Einleger in die öffentliche Niederlage unterwirft sich nicht dem gegebenen Regulativ, sondern dem der benutzten Einrichtung entsprechenden Gewaltverhältnis, aus welchem dieses Regulativ entsprang und jeden Augenblick ein neues entspringen kann, das bei einfacher Fortdauer des vorher begründeten Verhältnisses ohne weiteres für dieses zur An- wendung kommen wird. Es ist gerade so, wie die Dienstpflichten des Beamten nicht durch die bei seinem Eintritt in das Amt bestehen- den Dienstvorschriften geregelt bleiben, sondern das Dienstgewaltver- hältnis, dem er sich unterworfen hat, auch die künftig geänderten Dienstvorschriften schon in seinem Schoſse trägt.
6. Die auf dem Gewaltverhältnis beruhende Macht, Befehle zu erteilen, ist keine unbegrenzte. Dieser Finanzbefehl hat ebenso seine rechtlichen Schranken, wie der Dienstbefehl.
Diese Schranken sind einmal gegeben in seiner Grundlage selbst. Die Behörde kann nur das für die Überwachung Erforderliche ver- langen, wie der Dienstvorgesetzte nur das für den Dienst Erforder- liche. Sitte und Natur der Sache ziehen die Linien für beide Fälle in ziemlich ausreichender Weise. Dazu kommen noch die besonderen Normierungen, welche die Geltendmachung der Überwachungsgewalt erhält durch das Gesetz. Das Gesetz kann genauer bestimmen, was alles auf Grund der Überwachungsgewalt befohlen werden darf. Alles andere ist dann ausgeschlossen. Es kann auch die Formen vor- schreiben, in welchen diese Finanzbefehle zu erlassen sind.
Dieser letztere Punkt ist für uns von besonderer Wichtigkeit Unsere Reichsgesetze über Zölle und Steuern haben die Gewohnheit, auszusprechen, daſs der Bundesrat die Verwaltungsvorschriften erlassen soll, um die „Bedingungen“ zu ordnen, unter welchen gewisse Er- leichterungen gewährt, die „Kontrollen“, welche in gewissen Fällen
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[444/0464]
Die Finanzgewalt.
hin in das Gewaltverhältnis eintreten; diese finden darin ihre aus
dem Gewaltverhältnis flieſsenden Pflichten im voraus bestimmt.
Das ist aber nicht so zu denken, daſs der Neueintretende sich durch
seinen Eintritt den Bestimmungen der bestehenden Generalverfügung
unterwürfe, etwa in der Weise, wie der Absender sich dem Eisenbahn-
betriebsreglement unterwirft, welches im voraus die Einzelheiten des
Rechtsverhältnisses regelt. Der Absender tritt in kein Gewaltverhält-
nis zu der Eisenbahnverwaltung; er schlieſst einen civilrechtlichen
Vertrag, dessen Inhalt durch das Eisenbahnreglement stillschweigend
gegeben wird, und der in Gemäſsheit dieses Inhalts ein beiderseits
bindendes Rechtsverhältnis schafft, unabänderlich bis zu seiner schlieſs-
lichen Abwicklung.
Der „Extrahent“ des Begleitscheins I hingegen, oder der Einleger
in die öffentliche Niederlage unterwirft sich nicht dem gegebenen
Regulativ, sondern dem der benutzten Einrichtung entsprechenden
Gewaltverhältnis, aus welchem dieses Regulativ entsprang und jeden
Augenblick ein neues entspringen kann, das bei einfacher Fortdauer
des vorher begründeten Verhältnisses ohne weiteres für dieses zur An-
wendung kommen wird. Es ist gerade so, wie die Dienstpflichten
des Beamten nicht durch die bei seinem Eintritt in das Amt bestehen-
den Dienstvorschriften geregelt bleiben, sondern das Dienstgewaltver-
hältnis, dem er sich unterworfen hat, auch die künftig geänderten
Dienstvorschriften schon in seinem Schoſse trägt.
6. Die auf dem Gewaltverhältnis beruhende Macht, Befehle zu
erteilen, ist keine unbegrenzte. Dieser Finanzbefehl hat ebenso seine
rechtlichen Schranken, wie der Dienstbefehl.
Diese Schranken sind einmal gegeben in seiner Grundlage selbst.
Die Behörde kann nur das für die Überwachung Erforderliche ver-
langen, wie der Dienstvorgesetzte nur das für den Dienst Erforder-
liche. Sitte und Natur der Sache ziehen die Linien für beide Fälle
in ziemlich ausreichender Weise. Dazu kommen noch die besonderen
Normierungen, welche die Geltendmachung der Überwachungsgewalt
erhält durch das Gesetz. Das Gesetz kann genauer bestimmen, was
alles auf Grund der Überwachungsgewalt befohlen werden darf. Alles
andere ist dann ausgeschlossen. Es kann auch die Formen vor-
schreiben, in welchen diese Finanzbefehle zu erlassen sind.
Dieser letztere Punkt ist für uns von besonderer Wichtigkeit
Unsere Reichsgesetze über Zölle und Steuern haben die Gewohnheit,
auszusprechen, daſs der Bundesrat die Verwaltungsvorschriften erlassen
soll, um die „Bedingungen“ zu ordnen, unter welchen gewisse Er-
leichterungen gewährt, die „Kontrollen“, welche in gewissen Fällen
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/464>, abgerufen am 31.10.2024.
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